Nachdem Mario Bava nach seinem geglückten Einstieg ins Horror Genre mit „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ sich erst einmal in anderen Genres ausgetobt hatte, kehrte er 1963 mit „Der Dämon und die Jungfrau“ zu diesem zurück, erneut einen Paukenschlag gothischen Flairs abliefernd, aber dennoch etwas völlig anderes präsentierend als das was es im legendären Schwarz/Weiß gehaltenen Hexenfilm zu erleben gab.
„Der Mörder von Schloss Menliff“ (Alternativtitel) ist ein waschechter Grusel-Krimi, nicht etwa in solch verwaschener Form ausgefallen wie die deutschen Wallace-Filme gleicher Entstehungszeit, die eigentlich reine Kriminalfilme blieben, sondern unheimlich umgesetzt, wie seinerzeit „Orlacs Hände“. Tatsächlich darf man rätseln, ob der Spuk einen weltlichen Hintergrund hat, oder ob er tatsächlich übernatürlicher Herkunft ist, und obwohl uns Bava am Ende eine Antwort auf die Frage nach dem Täter liefert, bleibt die Frage nach Spuk oder Nichtspuk dennoch nicht völlig aufgeklärt.
Damit darf „The Body and the Whip“ (Alternativtitel) nach dem Schauen noch ein wenig nachwirken, aber eigentlich tut er dies vielmehr über das Seherlebnis an sich, anstatt über seine Geschichte. Will man Mario Bava als den Künstler erleben, von dessen Ruf man immer wieder hört, sitzt man mit „Der Dämon und die Jungfrau“ vor dem richtigen Film um sein Können in allen Zügen genießen und bewundern zu können. Nicht nur dass sich der gute Mann im Spiel mit Farben und Schatten geradezu austobt, so wie er es später noch des öfteren tun sollte, auch viele Perspektiven an sich und diverse Kamerafahrten sind eine Wucht für sich. Zwar war laut den offiziellen Daten wer anders für die Kameraarbeit zuständig, aber Bavas Stil ist unverkennbar wiederzuerkennen. Der Regisseur hat sich in die Arbeit besagten Kameramannes stark eingemischt.
„Night is the Phantom“ (Alternativtitel) ist somit ein optischer Leckerbissen, ein Seherlebnis der besonderen Art und damit ein Highlight des italienischen Horrorfilms, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Ein mit Würde agierender Christopher Lee verfeinert den Eindruck und bietet einen weiteren Grund einzuschalten, zumal er mit der ungewöhnlichen Frisur, die er in diesem Film tragen muss, fast schon eher wie Leonard Nimoy anstatt wie Christopher Lee aussieht. Lee selbst soll einmal geäußert haben, dass „Der Dämon und die Jungfrau“ seine liebste italienische Arbeit gewesen sei, und dass er den Regisseur zu schätzen wusste, erkennt man daran, dass er nur zwei Jahre nach „Vampire gegen Herakles“ erneut mit besagtem Regisseur zusammen gearbeitet hat.
Der analytische Teil der vordergründig als Grusel-Krimi anvisierten Geschichte, ist nicht nur eine hoch gewagte Aussage seiner Zeit gewesen, „Son of Satan“ (Alternativtitel) erzählt von unterdrückten Bedürfnissen, die auch heutzutage für viele noch ein Tabu sind, oder zumindest auf Unverständnis stoßen. Nevenka sehnt sich nach der Lust der Gewalt. Sie ist nicht schlicht einem Sadisten verfallen, wie manch einer glauben mag, sie sehnt sich in ihren ehrlichen Augenblicken nach Gewalt. Mehr noch, obwohl Christian im Schloss seines Vaters nicht willkommen ist, ist er Nevenka gegenüber keineswegs der Tyrann, den er den anderen Bewohnern des Schlosses gegenüber nur allzugerne mimt. Auch seine Lust, sein Spiel mit der Frau seines Bruders, ist ehrlich gemeint und lehnt sich gegen die Konventionen der Gesellschaft auf, welche Nevenka dazu zwangen den Zweitgeborenen zu heiraten, bzw. diesen zwangen Nevenka anstatt seine wahre Liebe zu heiraten.
Der Sadomasochismus wird nicht kritisiert, nicht als Entrückung der Norm dargestellt, sondern lediglich als eine Form der Sexualität unter vielen präsentiert, was gerade im hochgradig katholischen Italien seinerzeit nicht gerade auf Begeisterung gestoßen sein wird. „Der Dämon und die Jungfrau“ erzählt von der Unterdrückung solcher sexuellen Sehnsüchte, vom biederen Umfeld, welches derartige Wünsche dämonisiert und zeigt das Ergebnis, welches aus Zwang diese Lust zu unterdrücken erwächst. Der Horrorfilm ist das perfekte Genre zum thematisieren solcher Auswüchse, das ideale Plädoyer für mehr Akzeptanz der ignoranten Masse, in Deutschland mehr denn je, wo selbst besagtes Genre lange Zeit um seine Anerkennung und Entkriminalisierung im harten Bereich kämpfen musste, dies teilweise bis heute sogar noch muss, z.B. bei dem eigentlich recht intellektuell ausgefallenen „Nackt und zerfleischt“.
Da Bava uns keine minutenlangen Szenen des Auspeitschens zeigt, wie der reißerische und dümmliche „Mark of the Whip“ viele Jahrzehnte später, wird „Der Dämon und die Jungfrau“ in seinem Anliegen mit besagtem Thema biedere Gemüter aufzuwecken nie zu einer reißerischen oder stillosen Angelegenheit. Aufgrund seines frühen Erscheinungsjahres weiß der Ansatz zu beeindrucken, so dass der ohnehin durch seine Optik, seine stimmige Atmosphäre und der Anwesenheit Christopher Lees sehenswerte Film um einen weiteren Sehwert bereichert wird, was „What“ (Alternativtitel) endgültig zu einer Pflicht interessierter Cineasten werden lässt. Damit stellt er wesentlich mehr dar, als lediglich einen Leckerbissen für Stammzuschauer seines Genres. OFDb
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