05.07.2020

CUJO (1983)

Die Idee eines Hunde-Horrors war zur Entstehungszeit von "Cujo" nicht neu zu nennen. Ob "Zoltan - Draculas Bluthund", "Killerhunde", "In der Falle - Angriff der Killerhunde" oder der gerade ein Jahr vor dem hier besprochenem Film erschienene "Bloodline - Zum Killen dressiert", allein durch die 70er Jahre Tier-Horror-Welle eroberten so einige aggressive Kläffer die Leinwand. Nur selten wurde der Auslöser ihrer Aggression so simpel und natürlich angegangen, wie in dem auf einem Roman von Stephen King basierenden Genre-Beitrag. Cujo hat schlichtweg Tollwut. Deswegen bangt man nicht nur vor dem Bernhardiner, er tut einem zudem leid und ist somit ein tragisches Monster, wie es im klassischen Horrorfilm-Bereich geradezu üblich war. Ansonsten guckt sich Cujo für seine Entstehungszeit modern, kommt angenehm unaufgeregt daher, kümmert sich um das Wesentliche und bietet eine Konsequenz im Minimalismus, wie man sie wohl seit "Duell" nicht mehr gesehen hatte: Mutter und Kind stecken ab der zweiten Filmhälfte im Auto fest. Wer glaubt das sei langweilig, der irrt, denn Regisseur Lewis Teague, der bereits mit "Der Horror-Alligator" 1980 einen Kinoerfolg im Tier-Horror-Bereich verbuchen konnte und mit "Katzenauge" später auch einen weiteren Film nach Stephen King inszenierte, beherrscht den Spannungsbogen gekonnt und lässt die Bedrohung durch den kranken, stets in der Nähe lauernden Hund, stets über allen Dingen schweben. Ein spannungsgeladenes Unbehagen ist fortwährend spürbar, gepaart mit der Dramatik einer verzweifelten Mutter, deren Kind gesundheitlich allmählich abdriftet.

Gerade sie ist ein Aspekt des damals modernen Zeitgeistes dieser Kino-Dekade. So hilflos Donna zunächst auch der Gefahr ausgeliefert ist, sie gehört nicht zu den Frauen, die, wie sonst typisch für das Genre, gerettet werden müssten. Auch wenn das Drehbuch einen Rettungsakt von außen einfädelt, so dient dieser Aspekt doch lediglich der Täuschung, denn die von Dee Wallace so gekonnt verkörperte Frau muss sich selber helfen, um ihr Kind zu retten. Hier wird gesunde Emanzipation gezeigt: Mutter und Überlebenskämpferin in einem und zudem bereits in der Ehe kein braves Hausmütterchen. Zwar frustriert gezeichnet, aber dennoch taff ist sie es, im Gegensatz zum Klischee, die fremd geht. Und sie ist es zudem, die diese Beziehung beendet, egal wie sehr sie auch bedrängt wird es nicht zu tun. Der Ehemann steht dem passend klassisch entgegen. Er ist der Verletzte, gleichzeitig der Ernährer der Familie, mit beruflichen Problemen, aber ein sensibler Mann und ein liebevoller Vater. Vielleicht ist er in seiner Ehe einfach zu brav, dass sich Donna in ihr Abenteuer mit wem stößt, der das Gegenteil verkörpert, nämlich den egoistischen Sturkopf, dessen Männlichkeit es nicht verknusen kann von einer Frau sitzen gelassen zu werden. Das sind Nebensächlichkeiten, die mit dem Horroraspekt des Streifens wenig zu tun haben, aber sie sind wichtig für die Charakterzeichnung und in einer Selbstverständlichkeit eingebracht, die beweist wie weit die Emanzipation seinerzeit auf unverkrampfte Art in die Gesellschaft eingezogen war.

Was den eigentlichen Horrorbereich betrifft, so hat nicht nur Teague mit seiner spannenden Inszenierung gute Arbeit geleistet. Die Tierdressur ist erste Sahne, nur selten sieht man Cujo mit dem Schwanz wedeln. Der schleichende Krankheitsverlauf wurde beachtet, und je dreckiger und kränker der Bernhardiner wird, desto furchterregender sieht er aus. Die Attacken kommen mit schnellen Schnitten daher, welche aber genügend erkennen lassen, im Gegensatz zu heutigen, oft angewandten, hektischen Kamerawackel-Momenten. Sie dienen der Glaubwürdigkeit der Hundeangriffe, denen man nicht ansieht, dass zwischendurch ein Mensch in ein Hundekostüm gesteckt wurde. Die Illusion bleibt stets erhalten, das stärkt das enorme Spannungspotential des Streifens und lässt ihn somit auch in solch wichtigen Phasen weiterhin bestens funktionieren. Selbst der plötzliche Schluss wird nicht zum Negativpunkt dieses geglückten Werkes, ist bis zu diesem Augenblick doch alles erzählt, und der Zuschauer darf für sich selbst überlegen, wie es mit dem unglücklichen, sich aber liebenden Paar weiter geht. Was an "Cujo" ebenfalls positiv auffällt, ist die Kinderbesetzung. Danny Pintauro, dem kein weiterer Erfolg als Schauspieler beschert wurde, wirkt als Donnas Sohn authentisch, selbst bei seinen Krampfanfällen, die - gute Maskerade hin oder her - für ein solch junges Kind schwierig zu spielen sind. Zudem nervt der Junge nur dann, wenn er es von der Geschichte her auch soll. So wird er diesbezüglich z.B. eingebaut, um die Situation der sich an ihren Grenzen befindenden Mutter noch hoffnungsloser zu gestalten, muss sie ihrem Sohn gegenüber doch Liebe und Stärke zeigen. Der Aspekt, dass hier ein junger Mensch beschützt werden muss, wird somit nicht durch eine schlechte Besetzung, oder durch eine fatale Kinder-Charakterzeichnung vergeigt, sondern ganz im Gegenteil gestärkt.  OFDb

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