Dass die Rolle der Ehefrau immer unnötiger, und dank des amerikanischen Rollenverständnisses zwischen Mann und Frau für europäische Augen auch immer unangenehmer wird, liegt leider in der Natur der Sache. Weiß man aber, dass die vierte Staffel u.a. dafür da ist, um derartige Unannehmlichkeiten zu entschlacken, damit die Serie sich in Zukunft mit weniger Ballast weiter entwickeln kann, geht man bei einer erneuten Sichtung besser mit diesen unangenehmen Phasen innerhalb einer Geschichte um, die insgesamt routiniert genug erzählt ist, um auf schlichterem Wege als bisher dennoch zu gefallen. Zwar erleben wir in Staffel 4 erstmals und letztmals Folgen, die völlig missglückt sind, aber zuvor und danach ist die Geschichte und das Schicksal der meisten Figuren interessant und spannend genug gehalten, um den Zuschauer neugierig dran bleiben zu lassen. Leider sind die beiden Tiefpunkte mit Folge 9 und 10 auch noch hintereinander zu besichtigen, so dass man die missglückte Phase auf Spielfilmlänge durchstehen muss, was hart ist, so extrem wie diese nervt und zum Fremdschämen einlädt. Neue Erkenntnisse werden dort mit dem Holzhammer voran getrieben und bieten nicht jenen bedeutenden Überraschungsmoment, den sich das Autoren-Team wohl gewünscht hat. Wenn Debra gegen Ende der Staffel das Geheimnis um Dexters familiären Ursprung erfährt, bekommt die Staffel ein letztes Mal einen deutlichen Schwachpunkt beschert, zeigt man hier doch erneut den Mangel an psychologischem Verständnis. Spielten Staffel 1 und 2 mit der konsequenten Überlegung, dass ein Aufdecken dieses Geheimnisses alle weiteren aufdecken würde, wird in Staffel 4 das Ausmaß von diesem nicht mehr erkannt oder schlichtweg ignoriert und lediglich für magere Dramatik genutzt.
Aber Staffel 4 bietet nicht nur Tiefpunkte und funktionierenden Durchschnitt. Auch die schlechteste aller 8 Jahre "Dexter", die laut Internet zu meiner Überraschung von vielen Zuschauern als eine der besten gefeiert wird, weiß auch Stärken zu besitzen. Das beginnt mit der großartigen, facettenreichen Darbietung John Lithgows als Trinity, setzt sich fort innerhalb der vielen tragischen Ideen rund um Lundy und zeigt sich auch in den wenigen, sinnvollen, psychologischen Konsequenzen der Weiterentwicklung der Serien-Gesamtgeschichte, allen voran in der finalen Wendung. Auch wird die Randfigur des Quinn nun interessanter gestaltet und erstmals mit tragischen Aspekten versehen, so rund wie ab Staffel 5 funktioniert die Figur jedoch noch nicht. Masuka hingegen wird eher verheizt, anstatt würdig genug weiter entwickelt, so schlimm wie Laguerta und Batista wird allerdings mit keiner weiteren Figur umgegangen. Zumindest findet sich aber selbst in dieser übelsten aller Entscheidungen ein Lichtblick, sind die Begegnungen mit Matthews doch wie eine Entschuldigung für das billige, unglaubwürdige Laientheater derer Liebesbekundungen, so dass er es wird, der den sinnvollen Blickwinkel auf die Sache mit passend kritischen Worten wirft, was vom Autoren-Team so leider jedoch gar nicht gewollt ist.
Man kann von Glück reden, dass Staffel 4 ohnehin noch so gut zu funktionieren weiß, um am Ende deutlich mehr zu unterhalten, anstatt sich geärgert zu haben. Aber mit der Stärke der ersten beiden Staffeln hat das vierte Jahr nichts mehr gemein. Aus einem großen Serienerlebnis ist eine schlicht zusammen geschusterte TV-Serie geworden. Aus psychologischer Raffinesse wird Hausfrauenpsychologie, was ganz gut zum Eindruck passt, dass das weibliche Publikum ohnehin nun mehr ins Visier der Serienverantwortlichen genommen wird. Das zeigt sich meiner Meinung nach im weit kritikloseren Blick auf Dexters mörderische Taten, die ihn eher wie eine Art heimlichen, anzuhimmelnden Superhelden darstellen, anstatt ihn als den gestörten Psychopathen zu outen, der er ist. Um diesen Effekt zu erzielen blendet man all zu gerne aus, wie Dexter mit seinen Opfern nach der Tötung umgeht, so als wäre nach dem Messerstich Schluss. Lediglich die über Bord geworfenen Tüten verweisen auf das was dem stets folgt. "Dexter" ist seichter geworden, die Erlebnisse sind längst nicht mehr so packender und verstörender Natur wie einst, was sich auch oft darin zeigt, dass das so genial komponierte Abschlusslied manches Mal lediglich nichts weiter als ein Abschlusslied ist, das einen völlig kalt lässt. In den guten Phasen verursachte es damals Gänsehaut und ließ dramatische Gefühlswelten im Zuschauer nachhallen und aufwühlen. Dieser mangelnde Effekt ist keiner Gewöhnung geschult, wie man nach vier Jahren vermuten könnte. Denn dass diesbezüglich keine Abnutzungserscheinung im Spiel ist, zeigen die Staffeln 5, 7 und 8 überdeutlich, die zumindest wieder auf das Niveau von Staffel 3 zurück fanden, Staffel 7 sogar fast auf jenes der ersten beiden Jahre. Es hilft dabei Staffel 4 etwas wohlwollender zu schauen, als sie es eigentlich verdient hätte, wenn man weiß, dass mit ihr kein Abwärtstrend startet, sondern wieder gute Phasen Einzug in die Serie halten werden. OFDb
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