"Muttertag" aus der Troma-Schmiede war Anfang der 80er Jahre ein kleiner Erfolg im Slasher- und Backwoodbereich und für viele Horror-Fans allein schon aufgrund seines Verbotes ein Stück Kult, so dass es nicht verwundern braucht, dass irgendwann wer den nicht geschützten Titel für einen Etikettenschwindel nutzte, um ein Thema mit kleinen Parallelen zum Originalstoff als angebliche Fortsetzung zu vermarkten. Ob Olli Soinio sich absichtlich vom angeblichen Teil 1 inspirieren ließ, ist nicht klar zu erkennen, es ist aber möglich. Allerdings schielt er ebenso auf "Blutgericht in Texas" und in einer Szene auch deutlich auf "Die Nacht der lebenden Toten", wenn es darum geht die Hütte vor dem kommenden Überfall mit Brettern abzusichern. Ebenso wie "Muttertag" ist auch "Muttertag 2 - Die Söhne sind zurück" (Alternativtitel) nicht vollkommen ernst gemeint. Der Humor kommt hier jedoch eher subtil daher, so dass man nicht immer weiß was humoristisch gemeint ist, oder vom Regisseur doch nicht so gedacht ist. Erst in der Fortsetzung "Army of Zombies" haut Soinio diesbezüglich in die Vollen und serviert dem Zuschauer ein albernes Stück Pseudo-Horror, im hier besprochenen Teil 1 werden wir davon glücklicher Weise noch verschont.
Dennoch schaut sich auch "Muttertag 2", die erste von lediglich drei Regiearbeiten Soinios, eher wie ein Pseudo-Horror, will wahre Stimmung dieses Genres, ob nun dargeboten über Terror, Grusel oder Nervenkitzel, doch nie wirklich aufkommen. Die Heldin bekommt es mit einem notgeilen Stalker zu tun, der sie, und später auch ihren jüngeren Bruder, immer wieder attackiert. Dies zunächst harmlos, dann überdreht mittels eines Traktors, dann, trotz der Möglichkeit nun endlich etwas gegen das Opfer ausrichten zu können, es bei Drohungen belassend, schließlich aggressiv die Hütte der Angebeteten niederreißend. Letztendlich bleibt er blass für einen im Zentrum stehenden Aggressor, bei dem man bis kurz vor Schluss ohnehin nicht weiß, ob alles nur ein krankes Spiel sein soll, dem nie wahre Taten folgen, so infantil wie er, im Hinterland abgeschottet aufgewachsen, ist und so wenig wahre Bedrohung, wie er auszustrahlen vermag. Der Heldin und ihrem Bruder reicht dieses Affentheater jedoch bereits so sehr, so dass sie stets völlig verängstigt vor ihm weglaufen. Irgendwann ist es für den Zuschauer einfach nicht mehr aufregend, wenn sie vor ihm und seinem Traktor flüchten (was es aber ohnehin nie war). "The Moonlight Sonata" (Alternativtitel) dreht sich zu oft im Kreis, wiederholt zu viel, streckt das lediglich für einen Kurzfilm geeignete Szenario strapaziös in die Länge, und das nervt so sehr, dass selbst der Pluspunkt der verschneiten finnischen Wälder irgendwann seine unbehagliche Wirkung verliert.
Der einzige Mord im zentralen Kampf zwischen Heldin und Aggressor findet schließlich am Bösewicht selber statt, wenn das Modell mithilfe ihres Bruders sich dem Stalker entledigt, was aufgrund dessen unbeholfener Art sicherlich leichter und friedlicher zu lösen gewesen wäre. Aber wir sprechen immerhin von Protagonisten, die sich vor lauter Angst vor dem Infantilen sogar mit Möbeln und Brettern in der Hütte verbarrikadieren, da verwundert solch radikale Gegenwehr, die zum Tod des Schurken führt, auch nicht mehr wirklich. Der einzig typische Slasher-Kill findet vom Bruder des Stalkers ausgeführt statt. Hierfür wird kurzfristig ein Beamter eingeführt, der das Pech hatte ausgerechnet dann an der Haustür der Einheimischen zu klingeln, wenn der minderbemittelte Möchtegern-Leatherface sich aus seiner Hütte befreien konnte, in die er ansonsten tagsüber eingesperrt wird. Der Heldin des Stoffes darf er nur einmal begegnen und attackiert sie auf unschuldig, kindliche Art, was dann auch eine der wenig interessant ausgefallenen Szenen des Streifens ist. Zwar ist auch dieser Moment nicht spannend ausgefallen, aber der Geisteskranke wirkt zumindest aufgrund seiner Unberechenbarkeit bedrohlich. Allerdings verhält er sich aufgrund der Gegenwehr die ihm entgegen gebracht wird derart tölpelhaft, dass man sich fragen darf, ob diese Szene doch eher als Parodie auf klassische Slasherstoffe gedacht ist, immerhin erinnert sein Verhalten mehr an das dämliche Treiben der Zombies aus "Return of the Living Dead 2" und "C.H.U.D. 2", als dass es als ernsthaftes Spiel durchgehen kann.
Aber wie gesagt weiß man bei "Muutamosonaatti" (Originaltel) ohnehin nie was belustigend gemeint ist und was nicht. Sicher bin ich mir eigentlich nur bei jener herrlichen Idee, dass der entlaufene Hund der Heldin fortan immer nachts mit dem Geisteskranken unterwegs ist, der wie ein Wolf den Mond anheult, und sein Frauchen so gar nicht vermisst. Mit Ausnahme dieser Szenen und jener, in welcher er das Modell attackiert, ist der minderbemittelte Bruder des Hauptschurken für den Restfilm nicht weiter wichtig. Und die alte Dame, welche die Mutter beider Hinterwäldler ist, ist auch nicht wirklich wichtig für den Stoff, so dass der Etikettenschwindel "Muttertag 2" durch deren Position noch einmal besonders deutlich wird. In diesem Film geht es eigentlich tatsächlich nur um einen sexuell frustrierten Mann, der in der Anwesenheit eines hübschen Modells in seiner tristen und kargen Wohngegend die einmalige Chance sieht, eine solche Frau abzubekommen und nicht weiß, wie er es bewerkstelligen soll Sex von ihr zu bekommen. Das Modell begegnet ihm einerseits arrogant, andererseits, da angewidert und sich bedroht fühlend, natürlich abweisend. Die Ausgangslage ist eine an sich gute Idee, die auch das für einen Horrorfilm zurückgeschraubte Geschehen entschuldigt, da es den Plot glaubwürdiger macht. Aber da das Konstrukt nur Theorie ist und Soinio nicht in der Lage ist das Geschehen psychologisch sinnvoll und stimmig einzufangen, sowie Schrittchenweise hochkochen zu lassen, verkommt die an sich brauchbare Grundlage zu einem uninteressanten Werk, dem es an Sehwerten außerhalb seiner Location mangelt, an interessant ausgearbeiteten Charakteren und an einer empathischen Identifikation mit diesen. Im Gegensatz zur Fortsetzung "Army of Zombies" habe ich bei "Muttertag 2" aber zumindest noch tief in meinem Inneren einen Restrespekt vor mancher Entscheidung Soinios, die Fortsetzung hat er hingegen auf sehr erbärmliche Art komplett gegen die Wand gefahren. OFDb
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