Gar kein Problem...
In den 90er Jahren lief „Parker Lewis“ im Privatfernsehen fast pausenlos, so beliebt war die amerikanische Sitcom, die nicht nur dreist bei „Ferris macht blau“ und der darauf aufbauenden TV-Serie klaut (die im selben Jahr wie „Parker Lewis“ gestartet ist), sondern auch durch allerhand Insider-Jokes gar kein Geheimnis daraus macht. Irgendwann herrschte Stille auf den deutschen Kanälen, und die Teen-Serie wurde ohne weitere Wiederholungen stillgelegt. So wundert es nicht, dass eine derart beliebte Comedy-Sendung schnell zu jenen Serien wurde, die laut Internetumfragen am sehnlichsten wieder aufgeführt gewünscht wurden. Dazu kam es zwar nie, aber immerhin sind die drei Staffeln mittlerweile auf DVD veröffentlicht worden.
Da wird mit den Sehgewohnheiten des Publikums gespielt, optisch getrickst, Geschehnisse mit lustigen Geräuschen untermalt, munter aus der Popkultur zitiert und jeder Typ Mensch aufs Korn genommen, der für das Umfeld eines Highschool-Schülers relevant wäre. Der Humor war für seine Zeit modern, ein wenig provokativ, aber auch albern und skurril zugleich. Man achtete auf übertriebenes Spiel mit der Mimik, wohl am deutlichsten zu bemerken in den still kommentierenden Gesichtsausdrücken des Sonderbeauftragten der Direktorin, wenn diese mit den Kindern schimpft.
Das modernste und lustigste Konzept der Welt würde jedoch nicht ohne eine Reihe lustiger Figuren funktionieren. Und da kommen Parker Lewis und sein Busenkumpel Mikey Randall noch am lahmsten weg. Auch sie haben ihre Momente, aber doch bemerkt man als aufmerksamer Zuschauer, wie Lewis nach und nach fast zur Nebenfigur seiner eigenen Serie verkommt, während alle um ihn herum die Lacher ernten. Das ist etwas streng formuliert, im Ansatz aber durchaus erkennbar.
Mit Jerry Steiner fängt die Auflistung der lustigen Figuren bereits an. Zwar ist sein Charakter eher nicht die Krone humoristischer Schöpfung, aber die Idee dass er seit eh und je einen Hightech-Mantel trägt, der allerhand pfiffige Gimmicks auf Lager hat, beschert der Figur des nie wirklich dazugehörenden Strebers einen besonderen Touch. Mehr noch, Jerrys Mantel wurde zu DEM Kultobjekt der Serie in ihren ersten zwei Staffeln.
Immer mehr Aufmerksamkeit wird dem sehr dummen und sehr dicken Kubikak zuteil, der in der noch etwas anders orientierten Pilotfolge als unsympathischer Schulschläger eingeführt wurde, später aber zu einem liebenswerten Dummkopf mutiert, der fast eine Art Freund der Parker-Clique wird.
Die Direktorin Miss Musso wird in ihrer Bösartigkeit so übertrieben wie es nur möglich ist dargestellt, während auf der anderen Seite ihr Dauerzustand als Single mit Wunsch einen reichen Mann zu ehelichen herausgearbeitet wird. Dieser Mix sorgt für den richtigen Zündstoff, so dass die Rolle sich eigentlich nie zu sehr abnutzt. Im Laufe der Serie gewinnt dieser Drache gar auf ungewohnten Wege eine gewisse Sympathie beim Zuschauer und den Hauptfiguren.
Mit die beste Figur ist Frank Lammer, Genie in Geschichte, Verehrer von Nixon und Oberschleimer bei der Direktorin. Immer in schwarz gekleidet ist er auch optisch das Gegenstück zum immer in bunten Mustern gekleideten Parker. Frank ist streng, hinterhältig und besitzt interessante übernatürliche Fähigkeiten, wie das Beamen von Ort zu Ort. Auf verschiedensten Ebenen wird mit den Möglichkeiten dieser Figur und ihrer Charaktereigenschaften gespielt, so dass das Fehlen dieser Figur in der dritten Staffel zu einer großen Lücke im Lewis-Universum führte.
In nur wenigen Folgen dabei, aber doch eine der kultigsten Figuren in „Parker Lewis“ ist Dr. Norman Pankow, der Erzrivale der Musso, der es schafft noch gnadenloser und egoistischer als die Direktorin zu wirken. Zu den beliebtesten Randfiguren darf sich in Fankreisen auch der Rocker dazu zählen, der nur für kurze, gelegentliche Momente auftaucht, und seine lustigste Szene wohl in jener Situation hat, in welcher er sich in der Videothek von Parkers Eltern neben allerhand Horrorfilme auch „Bambi“ ausleiht. Der Grund: „Geile Waldbrand-Szene, ey!“
Figuren mit unauffälligerer Komik, wie beispielsweise Parkers Vater, brauchen ein wenig, bis man sie entdeckt und witzig findet. Aber eben auch solche Charaktere finden Platz im Lewis-Universum, das eher von Personen wie der kleinen Schwester Shelly und der Musso dominiert wird.
Der lustigen Figuren gibt es viele, und während die meisten davon sich auch innerhalb der Serie weiterentwickelten, arbeitete die Produktion derweilen auf typischem Serien-Niveau, sprich Figuren die für eine Folge relevant sind, kommen danach nie wieder vor. Das sorgt immer wieder mal für Widersprüche, manchmal sogar für Wiederholungen, ist aber für den Unterhaltungswert einer Serie, die keine Kunst sein will, auch nicht so wichtig.
Zu den besten Folgen der ersten Staffel dürfen sich all jene mit Pankow zählen („Keine Gnade für die Musso“, „Operation kalte Dusche“, ...), jene in welcher Kubiak zum Millionär wird („Armer Schlucker“) und „Es lebe der König“, die wegen ungewohnt emotionaler Momente zu punkten weiß, ein Element das in anderen Comedy-Serien oft zu den schlechtesten Folgen führt.
Staffel 1 von „Parker Lewis - Der Coole von der Schule“ ist kurzweilig, humoristisch oft pfiffig und damals wegweisend. Zwar sind Parkers Methoden auch häufig fragwürdiger Natur (die Schule als Video-Big Brother-Überwachungsstaat), aber da die Schülerstreiche im Vordergrund stehen und allerlei Albernheiten, braucht man sich an solchen Kritikpunkten auch nicht all zu sehr aufhängen. Die Abenteuer um den rebellisch-braven Schülerliebling ist nun mal Befürworter der Spaß-Gesellschaft. Aber der Jugend kann man diese Gedankenlosigkeit ruhig durchgehen lassen. Dafür ist die Kindheit doch mitunter da.
Auf dem ersten Blick hat sich in der zweiten Staffel nicht viel verändert. Alle Figuren, einschließlich Pankow, sind wieder mit dabei. Es gibt die gewohnte Optik, das selbe Humorrezept. Es scheint alles bei Alten zu sein. Zwar bekommt Parker zur zweiten Hälfte der Staffel eine feste Freundin an die Seite geschrieben, und Mikey wird mit der Zeit ein arbeitender Rebell, aber das sind typische Weiterentwicklungen von Figuren und ihrem Umfeld. Irgendetwas Entscheidendes muss ja auch mal mit Serienfiguren geschehen.
Nachdem in Staffel 1 die meisten Szenen in und um der Schule stattfanden, in Parkers Elternhaus und in der Videothek, bekommen die Teenager in der zweiten Runde nun einen Ort zugeschrieben, an dem sie es sich gemütlich machen können: das Diner. Es wird zur wichtigsten Location um sich auszutauschen, die Seele baumeln zu lassen oder über Probleme zu reden. Hierfür wird die neue Figur des Nick wichtig, der das Diner leitet und auf mystische Art über alles was geschieht Bescheid weiß, wie auch immer er das macht.
Mit Annie Sloan wird die wichtigste neue Figur eingeführt, Parkers feste Freundin. Diese wirkt auf dem ersten und zweiten Blick mit ihrem Körper und den blonden Haaren nach etwas zu viel des Guten (man beachte neben ihr den ollen Parker, der immer mehr zum Streber wird und rein körperlich wohl kaum das Gegenstück Annies darstellt). Aber ein interessanter und lustiger Charakter sei Dank, wird aus der oberflächlich wirkenden Dame doch noch eine Figur, die Sympathie und Witz zur Serie beisteuern darf.
Diese inhaltlichen Veränderungen sind jedoch kaum der Rede wert. Im Groben bleibt wie erwähnt alles beim Alten, allerdings auch nur auf dem ersten Blick. Die Beliebtheit der Serie schien in Amerika das Interesse gewisser Leute geweckt zu haben, denn zwischen den Zeilen blitzt immer öfter und immer dominanter ein moralischer Touch auf, der erzieherisch wirken soll. Staffel 1 würde ich nicht gerade als anarchisch bezeichnen, aber durchaus als frech. Mit Staffel 2 wird die Serie nun eine Spur zu brav. Nicht dass auch sie sich nicht nett gucken lässt, aber ein bitterer Beigeschmack tut sich dennoch auf. Nötig war das nicht!
Zu den besten Folgen der zweiten Staffel dürfen sich zählen: „Kleider machen Leute“, in welchem Jerry mal einige Tage ohne seinen Mantel verbringen muss, „Der Dicke und der Kleine“ in welchem Jerry zum Football-Spieler neben Kubiak wird, „Die Eine“, jene Folge in welcher Parker Annie kennen lernt und die das an romantischen Momenten wieder wett macht, was an Komik vernachlässigt wird, „Üble Geschichte“ über einen bösartigen Geschichtslehrer, der selbst Lammer zu schaffen macht, „Die Hölle der Begabten“, die auf Horror-Art das Leben der Schulidiot aufzeigt, „Die Nacht der Nächte“, in welcher Parker und Annie das erste Mal miteinander schlafen wollen und „Die Nacht des Grauens“, die aus so vielen bekloppten Zutaten besteht, dass man sie selbst gesehen haben muss.
Rein von den Ideen und den Geschichten ist die zweite Staffel eine Spur besser als die erste. Dafür wirkte die erste Staffel witziger, frischer und vor allen Dingen frecher. Neben guter Folgen verfolgt Staffel 2 auch reizvolle Ideen, wie der sanften Herrschaft Kubaks über die Schule, oder das Spiel mit Jerrys Gefühlen zu Shelly. Auffällig ist, dass die Folgen mit Dr. Norman Pankow nicht mehr ganz die Bissigkeit jener der ersten Staffel besitzen. Während die Figur selbst ein Highlight bleibt, gehören die Episoden, in denen er auftritt, zur typisch angenehmen Routine.
„Parker Lewis“ sollte man nicht mit Staffel 2 kennen lernen. Dann würde man aufgrund des braven Untertons den vergangenen Hype um diese Serie nicht verstehen. Aber wer Staffel 1 ins Herz geschlossen hat, darf sich über allerhand netter Geschichten freuen, welche die lieb gewonnenen Charaktere erleben dürfen.
Das beginnt mit Parker, den nun in normal Anziehsachen herumläuft, ein Schüler unter vielen ist und eine üblichere Frisur tragen darf. Das geht weiter mit Jerry Steiner, der nun keinen Mantel mehr besitzt und damit viel von seinem Humor verliert, und es endet in der unglaublich schlechten Entscheidung die Rolle des Frank Lammer zu streichen, jener Figur, die so viele Auftritte mit der Rektorin Miss Musso absolvierte.
Damit es um diese Figur nicht zu langweilig wird, wurde ihr zur Seite der Fettsack Hank Kohler geschrieben, der unsterblich in die Musso verknallt ist, auf sie jedoch nur widerlich wirkt. Das tut der nur selten witzige Mann jedoch auch auf den Zuschauer, da seine Leibesfülle nicht wie bei Kubiak oder Kevin James und John Candy zur Belustigung beiträgt, sondern den Mann in seinem Spiel einschränkt. Dass er auch noch eine extrem nervige Synchronstimme beschert bekommen hat, gibt der kompletten Figur den Rest. Eine Figur, die nebenbei zum guten Freund Kubiaks wird und der leider viel zu viel Beachtung geschenkt wird.
Der liefen irgendwann die Zuschauer weg. Bei „Parker Lewis“ geschah dies scheinbar nicht, denn auch Staffel 3 brachte es auf 22 Folgen. Und so viel braver und realistischer die Serie auch wurde, und so sehr Coach Kohler auch zu nerven weiß, lässt man sich einmal auf das neue Konzept ein, kann auch die dritte Runde um Parker Lewis Spaß machen. Allerdings ist man mittlerweile, wohl zeitlich bedingt, in der Gesellschaft der Political Correctness angelangt, und das macht das moralische, da erzieherisch wirken wollende, Rezept der Staffel 2 nun zu einer arg gezwungenen Bravheit in Staffel 3.
Vielleicht liegt es daran, dass man die Figuren so lieb gewonnen hat, dass man über so vieles hinwegsehen kann und auch Season 3 noch so viel Freude bereiten kann. Erstaunlich ist es sowieso, war doch selbst die kultige erste Staffel nur angenehme Unterhaltung - nicht mehr und nicht weniger. Man sollte meinen bei so vielen Abzügen in der Qualität müsste man mindestens beim unteren Mittelmaß angelangt sein. Aber dafür sind die Geschichten noch immer zu interessant und die Figuren zu lieb gewonnen.
Als kleines Trostpflaster dient die Folge „Schreib oder stirb“, die für einen kleinen Augenblick noch einmal mit den typischen Elementen (wie z.B. dem Uhrenvergleich) der ersten beiden Staffeln spielt, um hinterher von Annie kritisiert zu werden. Zu den weiteren Highlights der dritten Staffel zählen meiner Meinung nach die Folgen „Reife(n)prüfung“, in welcher Parker sein erstes Auto kauft und „Unter Männern“, jene Folge in welcher Jerry endlich zum Mann werden soll.
Enttäuschend ist ein Blick auf die Finalfolge, die einen nicht nur mit Szenen aus alten Folgen hin hält, sondern auch so gut wie nichts zu erzählen weiß. Es geht um das Ende des Diners, und da Kohler im Laufe der Staffel zum Besitzer dieses Ladens wurde, ist auch er wieder dominant mit dabei und hat seinen schlimmsten Auftritt, wenn er mit unlustiger Mimik Playback zu einem Lied aus der Musicbox singt.
Man braucht gar nicht drum herum zu reden. Staffel 3 ist deutlich die schwächste Runde der Serie, so dass trotz stolzer 22 Folgen dann doch Schluss mit dem Coolen aus der Schule war. Verehrer der ersten beiden Staffeln werden wahrscheinlich mit Verachtung auf das Konzept der dritten schielen. Kann man sich aber an die Idee der Veränderungen gewöhnen und sich mit weniger auch zufrieden geben, so ist die Abschluss-Season der Serie zumindest solide Unterhaltung. Die Finalfolge ist immerhin die einzig komplett schlechte Episode, jede andere weiß mal mehr, mal weniger zu unterhalten ohne zum Tiefpunkt zu werden. OFDb
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