10.12.2020

FERRIS MACHT BLAU (1986)

"Ferris macht blau" gehört zusammen mit "Das darf man nur als Erwachsener" und "Der Frühstücksclub" zu den drei wichtigsten John Hughes-Teenie-Komödien, die man gesehen haben sollte (als Produktion sei noch "Ist sie nicht wunderbar?" zu dieser Auflistung zu ergänzen). Das erstaunliche an seinem Talent die Jugend so treffsicher und einfühlsam zu verstehen, ist die Unterschiedlichkeit mit welcher jeder der drei Filme erzählt ist. Nach einer romantischen Komödie rund um einen großen Familienwirrwarr inmitten vieler kleiner Geschichten mit allerhand Randfiguren und nach dem dramatischer orientierten Nachsitzfilm kommt Ferris als zuletzt gedrehter der drei als eine Art Party-Streifen daher, der uns nahe bringen will die Zeit, die man besitzt, positiv zu nutzen, anstatt zu engstirnig lediglich der Pflicht nachzugehen, zeitlich passend thematisiert, bei der in der Realität gerade aufgekommenen Leistungsgesellschaft. Fern der bisherigen Teen-Besetzungen eines Hughes-Films weht hier in angenehmer Besetzung genau jener frischer Wind, den man von einem Werk dieses Mannes auch erwartet, und es tut gut festzustellen, dass er nach dem schlichteren, wenn auch dennoch amüsanten, "L.I.S.A. - Der helle Wahnsinn" mit seiner letzten klassischen Teenie-Komödie wieder auf jenem Hoch ist, für welches man bereits seine anderen beiden Vorzeige-Filme so liebte. 

Man muss es gesehen haben, wie Ferris mit allerhand Tricks und Tücken allen weiß macht krank zu sein und, wichtiger noch,  zu Hause zu sein, während es ihn in Wirklichkeit in die Großstadt zieht. Erstaunlicher Weise ist der mit Matthew Broderick so passend besetzte Ferris nur oberflächlich gesehen der Star des Streifens. Die wahre Magie machen andere Figuren aus. So lebt "Ferris Bueller's Day Off" (Originaltitel) eigentlich wesentlich mehr von dem tiefer gehenden Charakter des kränklichen und sorgenvollen Cameron, den Alan Ruck sehr gekonnt zu verkörpern weiß. Und Jeffrey Jones als eine Art Road Runner-Koyote zieht alle Lacher auf sich, so gekonnt wie er als real lebende Comicfigur seine Grimassen schneidet und so ideal wie das Drehbuch ihn von einem Schlamassel ins nächste schliddern lässt. Passend zur typischen Hughes-Komik, die auch absichtlich gerne mal optisch und im Dialog künstlich konstruiert in Szene gesetzt wird, bevölkern zudem allerhand aufheiternde Rand- und Kleinstfiguren das Geschehen. Der dröge Lehrer im Klassenzimmer, der faule Sportlehrer, die dämliche Sekretärin des Rektors, die neidische Schwester, der bescheuerte Restaurantmanager, Charlie Sheen als heruntergekommener Jugendlicher auf der Polizeiwache, selbst die erfolgreichen Eltern Ferris' sind mit wunderbaren Eigenarten gesegnet, so dass wirklich fast jede Figur zum Spaß, welchen der Film noch heute so frisch entfacht wie vor 34 Jahren, etwas beiträgt. Einzig Mia Fara als Ferris Freundin darf lediglich hübsch aussehen, was ihr aber immerhin gelingt (zumal sie eine glaubwürdige Freundin eines Typs wie Ferris ist). 

Neben der Wirkung der Figuren und den vom Drehbuch lustig vorgegebenen Situationen ist der Inszenierungsstil von Hughes zudem so unglaublich humorfördernd. Die gekonnte Aneinanderreihung der Szenarien, die Nutzung der Musik als Komik-förderndes Stilmittel, die eben erwähnte absichtliche künstliche Entfremdung von Dialogen oder Personenanordnungen im Bild zur Erzeugung der ganz eigenen Hughes-Komik (die er in "Allein mit Onkel Buck" auf die Spitze trieb), das alles lässt einen völlig vergessen wie oberflächlich Ferris eigentlich ist, wie asozial er seine Beliebtheit auf dem Mitgefühl seiner Mitschüler ausnutzt und wie wenig tatsächliche Geschichte der Film eigentlich bietet. Aber er lebt ein Lebensgefühl dem Zeitgeist seiner Entstehung geschult, und er nimmt sich inmitten seines Zelebrierens von Freiheit und Schadenfreude Zeit für die besonderen Momente, die kurz die Ernsthaftigkeit des Teenagerempfindens thematisieren. Mein liebster Moment in diesem Streifen ist dann auch keine lach-fördernde Szene, sondern jene großartige Bildabfolge, in welcher Cameron im Museum zu wunderschöner Musikuntermalung ein Kunstwerk betrachtet. Mein persönlicher humoristischer Höhepunkt inmitten eines Werkes, das einen ohnehin immer wieder zum lachen bringt, ist die Oma im Finale, die so wunderbar schrullig von der Maske zurecht gemacht im Auto vor Buellers Vater fährt und tüddelig lahm herumeiert. 

Aber da wären letztendlich so viele Momente zu nennen. Fast jeder Kommentar der Sekretärin ist ein Lacher für sich, Camerons Mimik, seine Wortspiele beim Football-Spiel, der Schlüssel in der Autotür des gerade abgeschleppten Wagens, das Pfützengeräusch beim Wegwerfen der Brieftasche des Direktors, die Anwesenheitskontrolle in der Schule, der Begrüßungskuss von Sloanes angeblichem Vater, die Liste an Sternstunden der Komödienkunst des hier besprochenen Streifens könnte man endlos fortsetzen. Selbst der Abspann gehört zu den Höhepunkten des Films und ist ein gutes Beispiel dafür, dass man den Film im Heimvideo gucken sollte, anstatt im Fernsehen, wo die demütigende Szene des Rektors im Schulbus leider meist weggeschnitten wird. Kurzum: "Ferris macht blau" ist eine Teenie-Komödie die man gesehen haben muss. Sie ist frisch, zeitlos, hoch amüsant und einfach charmanter Natur, egal welch fragwürdiges Weltbild in kurzen Momenten auch aufblitzen mag.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Den habe ich nach sehr langer Zeit dann im Zuge der Zitierung im Deadpool-Streifen mal wieder geschaut und finde den auch heute noch wunderbar leichtfüßig, charmant liebenswert gelungen.

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