„Francesca“ guckt sich wie eine sich vor den Klassikern verbeugende moderne Version des Giallos. Das ist definitiv reizvoll, eben weil er nicht nur vergangene Großtaten dieser eigentlich fast ausgestorbenen Filmgattung nachahmt, sondern auch eigene Akzente setzt, gern provozierender Art, aber doch immer den Stil und das Niveau beibehaltend, welches die guten Werke dieser Gattung Thriller ausmachte. Die klassischen Schwächen einer dünnen Story, die eher mit gekonnter Bildkomposition und Brutalitäten trumpft anstatt mit inhaltlicher Raffinesse, ist ebenso vorhanden wie einst, gehört meiner Meinung nach aber auch einfach zu einem typischen Giallo dazu.
Luciano Onettis Werk, an dem seine halbe Familie beteiligt zu sein scheint bei dem inflationärem Aufblitzen seines Nachnamens im Vor- und Abspann, wird recht wortkarg erzählt. Onetti lässt sich viel Zeit für künstlerisch wertvoll eingefangene Bilder, die manches Mal ruhig ein wenig subtiler hätten ausfallen können. Aber letztendlich weiß dieser geduldige Stil zu gefallen. Minutenlanges Schweigen wird untermalt mit wundervollen Melodien, von denen so einige aus der Feder von Argentos bevorzugter Band Goblin hätten stammen können. Auch hier herrscht Verbeugung vor den wichtigen Werken des Giallos.
Interessant ist die Herangehensweise entgegen dem was man vom Genre gewohnt ist viele Momente in strahlender Helligkeit stattfinden zu lassen und nur sehr wenige Szenen in Dunkelheit. Leider übertreibt es Ornetti diesbezüglich jedoch, so dass so manches Bild eher fehlerhaft hell wirkt, was durch das digitale Drehverfahren verstärkt wird, so dass die zu hell geratenen Aufnahmen nicht künstlerisch wertvoll wirken wie der Rest, sondern billig digital abgefilmt, ein Zustand der sich so gar nicht vereinen will mit der an sich liebevollen und Detail-verliebten optischen Umsetzung.
„Francesca“ ist eher ein Film der Sinne, der durchaus reizvoll ausgefallen ist, mich aus irgend einem Grund jedoch nie enorm genug packen konnte, als dass ich voll in ihm hätte aufgehen können. Das Werk blieb mir stets zu theoretisch, und ich weiß nicht ob es etwas mit der Tagesform zu tun hatte, oder ob sich mir der Film allgemein verschließt, vielleicht auch aufgrund der ärgerlich weiß ausgefallenen Ausnahmebilder, bei denen ich mich immer aus dem Film rausgeworfen fühlte. Die Antwort auf diese Frage kann erst eine Zweitsichtung ergeben, die aber auf sich warten lassen wird, da „Francesca“ trotz aller Sympathie keines jener Werke ist, die ich im Freundeskreis herumzeigen werde, so wie ich es beispielsweise bei Argentos legendärem „Profondo Rosso“ getan habe, der all meine Erwartungen übertraf.
„Francesca“ ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung den alten verloren gegangenen italienischen Stil wieder einzufangen, ohne einzig ein reines Retro-Produkt zu inszenieren. Und spätestens das sollte man bei aller Kritik zu würdigen wissen, haben die Onettis damit doch vielen Filmfreunden einen Gefallen getan, so dass der Film definitiv sein Publikum finden wird. Es ist schön dass er dies ohne jegliche Form der Anbiederung schafft. „Francesca“ wirkt ehrlich umgesetzt, ist ein ehrgeiziges Projekt, vielleicht in seiner künstlerischen Form ein wenig zu gewollt auf außergewöhnlich getrimmt, aber wer würde das Onetti je vorwerfen bei solch intensiv wirkenden Bildern? OFDb
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