08.01.2017

ASSAULT - ANSCHLAG BEI NACHT (1976)

John Carpenter feierte als Filmstudent einen kleinen Erfolg mit seiner Abschlussarbeit, einer „2001“-Parodie, „Dark Star - Finsterer Stern“. Seine erste Arbeit für ein richtiges Filmstudio sollte dementsprechend erst „Assault - Anschlag bei Nacht“ sein, und in diesem zieht der Regisseur bereits alle Register, wofür man später seine Werke „Halloween - Die Nacht des Grauens“, „Die Klapperschlange“ und Co derart schätzt, schafft es der spätere Horror-Regisseur doch aus einem Minimum an Geld und Plot ein Maximum an atmosphärischer Stärke und Spannungsbogen herauszuholen.

Ohne tatsächlich dem später von Carpenter bevorzugten Genre des Horrorfilms anzugehören, spürt man schnell die Nähe zu Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“, spätestens wenn die Eindringlinge nach und nach zum Selbstschutz erschossen werden. Zwar blitzen, wie bei fast jedem Carpenter-Film, auch immer wieder Momente des Western-Genres auf, aber durch das hauptsächliche Geschehen im Dunkeln und dem Schwerpunkt auf Thriller, trotz etlicher Actionszenen, schwebt stets ein Hauch Horror-Feeling mit.

So gekonnt Carpenter auch die Fäden zieht, an der Spannungsschraube dreht und Action und Thrill in einem gesunden Mix hält, so arbeiten doch drei weitere wichtige Faktoren für den Film. Für einen davon ist ebenfalls der Regisseur verantwortlich, komponierte dieser doch einen simplen wie effektiven Soundtrack, der nicht nur die angespannte Situation des Filmes gekonnt einfängt, sondern auch als angenehmer Ohrwurm noch einige Zeit nach dem Sichten im Gedächtnis bleibt. Der zweite Trumpf ist die Darstellung Darwin Jostons als zum Tode Verurteilter, der eine solidarische Gemeinschaft zu Lieutenant Bishop hält. Sowohl das Spiel Jostons, als auch der solidarische Aspekt, geben dem Streifen das gewisse Etwas.

Zudem lässt es Carpenter zu, dass die Figuren inmitten ihrer Belagerung an Charakter hinzugewinnen. Hierfür werden Stereotype absichtlich aufgebrochen, und auch die besagte Solidarität schenkt den Helden Tiefe und Identifikationsmöglichkeiten für den Zuschauer. Mit Blick von heute erweist sich zudem die Frauenrolle der 70er Jahre mal wieder als gesund emanzipiert im Gegensatz zum Kino von heute, wo Frauen entweder zu Kampfamazonen werden oder glauben einen auf Mann machen zu müssen. Die Natürlichkeit der taffen, selbstständigen Frau, wie man sie auch in Carpenters „Das unsichtbare Auge“ und in Ridley Scotts „Alien“ vorfindet, komplettiert die Pluspunkte des ungleichen Helden-Trios.

„Das Ende“ (Alternativtitel) erzählt keine große Geschichte. Auch inhaltliche Zusätze, wie der Beweggrund der angreifenden Gruppe und die stets im Raum schwebende Love Story, bleiben stets in Andeutungen stecken. Es verwundert bei so viel Minimalismus fast schon, dass der Film so viel Vorgeschichte besitzt. Diese nutzt Carpenter nicht nur gekonnt um die Charaktere nach und nach vorzustellen, er stellt die Figuren damit auch in Position, so wie es Schachspieler vor dem Beginn der eigentlichen Schlacht machen. Um so wirkungsreicher ist schließlich das Hauptgeschehen, das trotzdem noch recht zügig startet und bis zum Ende des Streifens auch nicht an Kraft verliert.

Sicherlich könnte man politische Aussagen aus dem Geschehen herausanalysieren, könnte man doch sowohl linke wie rechte Inhalte in einem solch klein gehaltenen Plot herauslesen, Sinn macht dies freilich wenig, geht es Carpenter doch schlichtweg um den vordergründigen Prozess. Politische Absichten sind nicht gewollt. Aber immerhin schafft es Carpenter dennoch mit einer für die Geschichte entscheidenden Gewalttat an einem jungen Mädchen und dem Zusammenspiel zwischen Gesetzeshüter und Schwerverbrecher die konservativen Kritiker und Zuschauer, damals wie heute, zu provozieren, ebenso wie mit der Ironie des Handlungsortes. Carpenter mag lediglich eine minimalistische Story umsetzen, kleingeistige Fesseln lässt er sich zum Erreichen seiner Vision jedoch nicht anlegen. Hier erweist er sich selbst als Kämpfer.  OFDb

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