10.09.2017

BEIM ERSTEN MAL (2007)

Während der Versuch Seth Rogen in „Zack and Miri make a Porno“ sanfter als gewohnt einzusetzen eher als gescheitert betrachtet werden darf, ist dieses Experiment im ein Jahr zuvor erschienenden „Beim ersten Mal“ bereits vorher geglückt. Dabei klingt das Handlungskonstrukt zunächst arg bieder, der Plot keineswegs innovativ, wirkt eher orientierungslos angehaucht, und keine der Figurenzeichnungen ist positiv ausgefallen. Man muss schon etwas näher hingucken, um die Stärken eines Streifens kennenzulernen, der davon handelt dass zwei unterschiedliche Menschen aufgrund einer Schwangerschaft versuchen eine Partnerschaft zu leben. Das klingt arg nach dem zwanghaften Familienbild amerikanischer Filme, nach einem Belehrungsversuch Alternativlebende zur Zweisamkeit zu bekehren und nach gesellschaftlichen Vorurteilen ein Baby würde nur im klassischen Familienbild glücklich aufwachsen können.

„Beim ersten Mal“ ist hingegen viel sensibler erzählt und gedacht, als uns der provokante Ekelhumor rund um Bens Clique zunächst weiß machen möchte. Es geht um den echten Versuch den Menschen hinter dem ersten Eindruck kennenzulernen, um den wahren Charakter eines Menschen, der in der Regel etwas Liebenswertes in sich trägt, das es zu entdecken lohnt. Und Judd Apatows Film macht es seinen Protagonisten wahrlich nicht leicht dies aneinander zu entdecken. Fortschritte wechseln sich mit Rückschritten ab, zu arges Bemühen mit natürlichem Funktionieren, äußere Beeinflussung mit eigenem, kritischen Denken, zu schnelle Entscheidungen mit zu stark überdachten. Wie im wahren Leben werden die Tücken des Alltags, das Umfeld und die Selbstzweifel zu Stolpersteinen des Glücks.

Aufgrund dieser facettenreichen Orientierung tut es dem Film unglaublich gut, dass er sich stets für Nebensächlichkeiten Zeit nimmt, thematisch scheinbar sinnlos abdriftet, oft um das Ergebnis herumschlendernd anstatt das Ziel direkter anzusteuern. Wer den wahren Kern des Films entdeckt und in diesem emotional eintauchen kann, der wird nie, wie oft zu lesen, beklagen, dass die Laufzeit zu lang ausgefallen sei und dass der Film mit Nichtigkeiten überfrachtet sei. Ganz im Gegenteil würde die Hauptgeschichte gar nicht ohne dieses Beiwerk funktionieren, weil eben dies das Leben ausmacht und beeinflusst.

Es ist schön, dass es trotz diverser Entgleitungen in eine alternative Kinorealität, in solch einem Film tatsächlich einmal um den Menschen geht, anstatt um Erwartungen eines Kinofilms zu diesem Genre. Es geht um alles was der Mensch verkörpert, ohne moralisch oder anderweitig orientiert irgendetwas schönreden zu müssen. Das ist in einem romantisch angelegten Werk durchaus möglich, wie „Knocked Up“ beweist, aber man muss sensibel hinter den Schleier scheinbarer Klisches blicken können, man muss selbst die Fähigkeiten der hier gezeigten Figuren besitzen, sich auf jemanden einzulassen, der einem zunächst unsympathisch erscheint. Und dank der Gegenüberstellung eines nicht wirklich glücklichen oder unglücklichen Ehepaares, bekommt der Versuch der beiden zentralen Figuren eine Spiegelung dessen vorgehalten, was aus einer Partnerschaft werden kann, sollte, bzw. nicht sollte.

Es ist wohl dem Drehbuch zu verdanken, dass selbst diese Nebenfiguren empathisch beleuchtet werden, Tiefe erhalten und zu weit mehr werden als für Randaussagen nützliche Stereotypen. Dass dies bei Bens Freunden nur bedingt funktioniert, verwundert aufgrund der unangenehmen Ekelkomik in diesen Reihen nicht, die Rogens grenzwertigen Humor ebenso in den Film einbringen, wie Rogen in vorgenommener Besetzung seine persönlichen Freunde integriert, seine Standard-Crew. Dass aber selbst deren verkörperte Figuren den Ansatz von Tiefe besitzen und der Zuschauer die Schwächen sich stark gebender, schmuddeliger Männer entdecken kann, beweist die Sensibilität des Streifens, bzw bei Nichtfunktionieren der Mangel an Sensibilität beim Zuschauer.

Was bei Ben zu Hause passiert ist selbst mir als Freund seiner Filme oftmals zu viel des Schlechten und kratzte damit leicht an der ansonsten angenehm zu schauenden Fassade des Wohlfühlfilms. Aber mit diesen kleinen Abstrichen kann ich leben innerhalb eines Filmes der stillen Komik, der urplötzlichen lauten Lacher, der ansteckenden Romantik und der nachvollziehbaren Reibereien. Es ist herzerwärmend zwei unterschiedliche Menschen dabei zu begleiten das Liebenswerte ineinander zu entdecken, und es tut ebenso gut ganz nebenbei eine entstehende Männerfreundschaft mitzuerleben, deren einzige Basis es zunächst ist Vater zu sein / Vater zu werden. Vielleicht ist es letztgenannter, nicht zu unterschätzender Aspekt, der dabei hilft aus „Beim ersten Mal“ keinen reinen Frauenfilm werden zu lassen. Aber allein die Besetzung Seth Rogens ist eigentlich schon der erste Schritt gegen solch ein Klischee-Kino zu steuern.  OFDb

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