„Late Phases“ ist der Beweis dafür, dass eine nah an den Figuren orientierte Geschichte zu einer starken Erzählung führen kann, auch dann wenn nur wenig Neues erzählt wird und auch dann wenn die Mittel knapp sind. Der Werwolffilm, der von Beginn an kein Geheimnis aus seiner Bestie macht, ist leider zu schlicht abgefilmt. In seinen magersten Momenten wirkt er diesbezüglich gar wie ein Amateurfilm. Gute Verwandlungsmomente und rar eingestreute härtere Szenen wissen hingegen überraschend zu überzeugen, was man von den Kreaturen, wie typisch für dieses Sub-Genre, nur bedingt sagen kann. Für einen Film dieser Preisstufe sind die Werwölfe ansehnlich ausgefallen, aber ich tue mich allgemein schwer mit Wolfsmenschen, wirken sie doch meist zu unecht oder zu putzig und beides wird auch hier gestreift, wenn auch nicht ansatzweise in einer Lächerlichkeit badend.
Hilfreich kommt den meist späten Auftritten der Kreaturen jedoch die Stimmung zugute, in die „Night of the Wolf - Late Phases“ (Alternativtitel) getaucht ist. Die Geschichte ist sehr langsam erzählt, orientiert sich fast einzig an Ambrose, einem blinden Rentner, dessen Charakter tief gezeichnet ist und der den eigentlich interessantesten Part der Geschichte ausmacht. Er ist ein harter Hund, ein Einzelgänger, verbittert aber nicht dumm, oder zu trotzig um Schlechtes zu bereuen. Sein Alter und seine Sehbehinderung werden zu Schwerpunkten seines Charakters und dementsprechend auch zu einem Nachteil sich der Bestie zu Wehr zu setzen. Sein Geruchssinn und sein Gehörsinn, den er mittels eines Hörgerätes zudem noch zu verstärken weiß, halten dagegen.
„Late Phases - Night of the Lone Wolf“ (Alternativtitel) gönnt sich den Luxus von der Vorbereitung auf den kommenden Vollmond zu handeln. Man erwartet vom Publikum die Regeln des Werwolf-Horrors zu kennen, die Pläne, die Ambrose schmiedet, werden nicht zusätzlich benannt. Man hat sie zu erkennen oder zu erahnen, zusätzliche Hilfe vom Autor wird einem nicht gegeben. Ich kann mir vorstellen, dass viele blutgeile Horror-Fans sich tierisch gelangweilt haben, eben jene Art Genre-Freund, denen es stets nur um Härte und Effekte geht. Aber allein Nick Damicis Darstellung des Hauptcharakters ist derart überzeugend ausgefallen, dass man dem oftmals nüchternem Treiben der Vorbereitungen auf die kommende Vollmondnacht nur all zu gerne beiwohnt.
Zudem gönnt sich das Drehbuch mittels Nebenfiguren die ein oder andere kritische und philosophisch angehauchte Vertiefung, was dem hauptsächlich dramatisch anstatt spannungsgeladen ausgefallenen Horrorfilm einen kleinen Mehrwert beschert, zumal besagte Zusätze nicht zu gewollt wirken oder gar geheuchelt. Da wir es in der gesamten Geschichte fast ausschließlich nur mit netten Charakteren zu tun bekommen (auch Ambrose zählt dazu, da wir ihn im Laufe der Geschichte zu verstehen lernen), wirken die Geschehnisse um so dramatischer. Selbst der Tod einer Nachbarin, die man nur kurz kennenlernen durfte, schmerzt aufgrund ihrer sympathischen Charakterzeichnung und dem Talent der Erzähler eine starke Figurennähe auch zu Randfiguren aufzubauen.
Dem Finale kommt die zu schlicht ausgefallene Optik etwas zu sehr in die Quere, um einen wahrhaftigen Spannungsbogen aufbauen zu können, aber aufgrund der anderen Stärken bereitet das lautere Treiben am Ende auch in der Theorie genügend Sehvergnügen, bevor ein trauriger Monolog einen Richtung Abspann entführt. Ethan Embry kommt in seiner Rolle als Sohn ein wenig zu kurz, dafür darf man sich über die um so größere Präsenz von Nick Damici freuen, der seine Rolle wirklich gelungen ausfüllt. Gern hätte ich mehr Szenen, bzw. längere Dialoge mit dem Pfarrer verfolgt, der die interessanteste Nebenfigur des Streifens darstellt, andererseits wollte man wohl die Filmlänge nicht überstrapazieren bei einem theoretisch dünnem Plot, so dass der Verzicht wohl Sinn ergibt um auf 90 Minuten keinen Leerlauf zu erzeugen.
Mir hat „Late Phases“ überraschend gut gefallen. Erwartet habe ich nichts, und neugierig wurde ich eigentlich nur auf ihn, da er von OFDb-Filmworks auf DVD herausgebracht wurde. Mit dem vorliegenden Ergebnis bin ich sehr zufrieden, eben weil „Late Phases“ erzählt was es zu erzählen gibt und was zu erzählen wert ist, ohne darauf zu schielen was das Publikum wollen würde. Solch ein Selbstbewusstsein würde ich mir von Billigproduktionen in diesem Genre öfters wünschen. OFDb
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