Bei der Kombination Franco und Rogen denkt man zunächst an die Party-Komödien "Ananas Express", "The Interview" und "Das ist das Ende". Wie schon manch andere Regiearbeit von James Franco, so ist "The Disaster Artist" jedoch eine Tragikomödie und somit etwas ganz anderes als die Gemeinschaftsarbeiten der beiden zuvor. Allerdings ist der hier besprochene Film, dem die gemeinsame Tragikomödie "Zeroville" zwei Jahre später folgen sollte, ohnehin kein Seth Rogen-Film, auch wenn dieser an dritter Stelle genannt wird. Der Mit-Produzent spielt eine Nebenrolle, die erst zum zweiten Drittel ins Geschehen tritt und spielt diese angenehm zurückhaltend. Im Zentrum stehen James Franco und sein Bruder Dave, die uns zeigen wie es zu dem Film "The Room" kam, der in den USA aufgrund seines schlechten Ergebnisses zu alternativem Ruhm kam, während er hierzulande nicht einmal den meisten Cineasten ein Begriff ist.
Bis jetzt zumindest, denn durch "The Disaster Artist" könnte sich das ändern, ist er doch interessant genug ausgefallen, um aufzufallen. Zumindest ist er ungewöhnlich genug umgesetzt, um dies zu tun. Zwar folgt Franco dem klassischen Handlungsablauf einer solch biographischen Geschichte und hält sich großteils überraschend stark an die Norm, die im eher konservativen Hollywood herrscht, nicht aber ohne subtil im Unterton bereits jenen alternativ verschmitzten Stil atmen zu lassen, der in gelegentlichen lauteren Szenen schließlich überdeutlich hervor bricht. Franco war nie der angepasste Filmemacher im Stil eines Adam Sandlers, er "provozierte" in seinen eigenen Werken schon immer und ließ sie eine Mündigkeit atmen, die sich gegen verbohrte Standards richtete. Wo es in wilderen Filmen gerne auch mal um körperliche Tabus, Drogenkonsum und lockere Lebensarten ging, da leuchten in "The Disaster Artist" diese Aspekte nur kurz auf, um im erwachsener geratenen Rahmen alternativen Denk- und Lebensweisen einen Appell um Akzeptanz zu gewähren. Diese Botschaft kommt unterschwellig und frei von Moral daher, wird noch weit weniger bedeutungsschwanger integriert als im diesbezüglich bereits wunderbar funktionierendem "Adams Äpfel", und wer Franco kennt, weiß dass auch ein erwachsenes Ergebnis in seinen Händen noch genügend charmant unreife Momente beherbergen wird, aber letztendlich ist der Respekt und die Toleranz vor alternativen Menschen der Kernpunkt des Streifens.
Freilich ist er auch eine Erfolgsgeschichte, zumindest wenn man dem Film glauben kann, dass "The Room" heutzutage tatsächlich derart gefeiert wird. Aber wie eine solche fühlt er sich erst zum Schluss an, wenn aus einem sehenswerten Film für einen kurzen Zeitpunkt ein unglaubwürdiger wird, kann ich mir doch nicht vorstellen, dass der unermüdliche Tommy bei so viel Herzblut so schnell und leicht akzeptieren kann, dass sein Film anders gemocht wird, als er gedacht war. Und kam dieses Party-Feeling tatsächlich bereits während der Premiere auf? Wie unglaubwürdig sich dieses, wahrscheinlich aus dramaturgischen Gründen veränderte, Szenario auch anfühlen mag, der exzentrische Charakter, den der Regisseur hier verkörpern darf, überzeugt umso mehr. Das darf schon verwundern, so grotesk er doch manchmal angelegt ist (überzeugend und mutig dargeboten von einem wie immer überargierenden, aber nicht minder talentierten James Franco), aber der Film lebt hauptsächlich von ihm. Dave Franco mag die Hauptrolle als Identifikationsfigur einnehmen, aber er ist ein Normalo, der die Geschichte nicht in Bewegung bringt, nicht einmal durch sein Empfinden der Ereignisse.
Der sich selbst überschätzende und untalentierte Tommy sorgt für das besondere Etwas, eingebettet in eine psychologisch durchdachte und somit funktionierende Dynamik, versteht das Drehbuch doch den Motor, der die ganzen Ereignisse zum laufen bringt und im weiteren Verlauf die entscheidenden Wendungen beeinflusst. Dass man sich als Zuschauer während der fiktiven Dreharbeiten ebenso wie das Publikum des Originalfilms fragt, worum es in "The Room" eigentlich gehen soll, ist nur ein Beweis dafür, dass "The Masterpiece" (Alternativtitel) erreicht was er will und somit zu funktionieren weiß. Mag sich die Geschichte in der Theorie auch ein wenig wie Burtons "Ed Wood" anhören, er ist völlig anders geartet, allein schon weil er die Figur des Tommy nicht feiert und sie absichtlich nie durchleuchtet oder hinterfragt. Denn Tommy soll ein Rätsel bleiben, das Werk über ihn soll keine Sozialstudie sein, in der wir lernen die Psyche des ungewöhnlichen Mannes zu verstehen. Wir sollen nur kurz jene Luft atmen, die man in seinem Radius abbekommt. Dank eines passiven und dennoch aufdringlichen, sensiblen aber nicht empathischen und reflektierenden aber fehlerhaft selbst-reflektierendem Charakters ist das auch gar nicht anders möglich, wenn man erst einmal in Kontakt zu ihm steht. OFDb
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