17.07.2020

SAAT DER ANGST (1973)

Ein Jahr zuvor schickte Eugenio Martin die Stars Christopher Lee und Peter Cushing in einer englisch-spanischen Co-Produktion in den "Horror-Express", und scheinbar ist er auf den Geschmack gekommen. Denn in seinem Folgewerk "Saat der Angst", welche eine rein spanische Produktion ist, sind es englische Touristen, die den mörderischen Schwestern zum Opfer fallen. Auch die zentrale Heldin ist Engländerin. Während mir der prominent besetzte Vorgänger so gar nicht zusagte, ist "A Candle for the Devil" (Alternativtitel) meiner Meinung nach besser ausgefallen. Wo andere Horrorfilme um wahnsinnig gewordene Menschen gern langweilig ausfallen, eben weil die Psychopathen eindimensional und austauschbar bleiben (oftmals auch in schlechter Besetzung), da kommt die Charakterzeichnung der beiden Damen im hier besprochenen Film weit interessanter daher, zumal sie sich nicht so leicht in eine Klischee-Schublade stecken lassen. Eine von ihnen ist wahnsinnig, die andere eine Mitläuferin, und doch geschieht nie, was man von Letztgenannter spätestens im Finale erwarten würde. Aber die Damen tun ohnehin des öfteren etwas, was man von ihnen nicht erwarten würde, und in ihrer glaubwürdigen Besetzung, können sie in schlicht atmosphärisch eingefangenen Bildern dem Publikum ein Unbehagen bescheren. Gerade gegen Ende werden sie, parallel nebeneinander in langsamen Schritten voranschreitend, zu einer derart spürbaren Bedrohung für die Heldin, dass man - auch aufgrund des Klischees einreißenden Drehbuchs - nicht weiß ob sie das Filmende tot oder lebendig erreicht.

Die Aussage des Streifens ist von Anfang an klar. Martin beginnt seinen "Nightmare Hotel" (Alternativtitel) mit einem wundervollen Zitat über Moral, und dessen Sinn wird im fertigen Film regelrecht zelebriert. Zwischen Klischees und Individualität schwankend, gelingt dem Regisseur aufgrund simpler, aber stimmiger Bilder, einem angenehmen Hauch Spannung und interessanter Figuren ein unterhaltsamer Mix aus Kriminalfilm und Horrorfilm, dem zweiten Genre jedoch mehr Beachtung schenkend als dem ersten. Das gnadenlose Geradeausdenken der böseren Pensionsbetreiberin, ihre Widersprüchlichkeit durch göttliche Rechtfertigungen und ihr radikales Denken und Handeln, welches selbst ihrer Schwester Angst einjagt, macht sie zu einer bedrohlichen Figur, obwohl sie theoretisch gesehen leicht auszuschalten wäre. Diesbezüglich bleibt "It Happened at Nightmare Inn" (Alternativtitel) glaubwürdig, da die eingefädelten Situationen die Mörderin stets im Vorteil bleiben lassen. Ohnehin lebt "Una vela para el diablo" (Originaltitel) neben bereits erwähnter Pluspunkte und des stimmigen, wie authentischen Spielortes eines kleinen, alten, spanischen Dorfes von seiner Glaubwürdigkeit inmitten eines eigentlich von Fehlern strotzenden Plots. Glaubt man zunächst die Beseitigung der Leichen wäre zumindest diesbezüglich ein Schwachpunkt, wird man im letzten Drittel eines besseren belehrt, eingebettet in schockierenden und oftmals stimmig eingefangenen Momenten.

Jegliche Opfer sind nicht nur passend besetzt, auch bekommt jede dieser Personen einen greifbaren, individuellen Charakter beschert, so dass der anfangs fast schon episodenhaft anmutende Film auch hier keinen Schwachpunkt beschert bekommt. Die männlichen Akteure bleiben blass, von ihnen wird nicht all zu viel erwartet, aber auch das ändert sich, zumindest ein wenig, Richtung Finale - und dies glücklicher Weise ohne das plumpe "Retter in der Not"-Szenario zu nutzen. "Die Saat der Angst" ist ein Film der von starken Frauen handelt, sowohl auf der Opfer-, Helden- als auch auf der Täterseite. Und als stimmig funktionierender Genre-Beitrag bekommt die besonders bösartige Schwester unterstützend einen tragischen Hintergrund beschert, der zwar ebenso wenig wie die anderen Faktoren aus dem Werk ein Horror-Drama macht, besagten Hintergrund stattdessen jedoch nutzt, um die Bedrohung für eines der zukünftigen Opfer noch einmal höher als ohnehin schon zu schaukeln. Man liest es sicherlich heraus: meiner Meinung nach ist "Saat der Angst" ein kleines Liebhaberstück geworden. Sicher spielt er bei weitem nicht in der oberen Liga mit, aber seinem Charme konnte ich mich nicht entziehen. Spanien-Horror trifft auf englischen, nicht nur die Protagonisten betreffend, und dieser Mix weiß in diesem Zusammenspiel positiver Faktoren auf seine naive Art zu gefallen.  OFDb

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