20.06.2021

EINE FRAGE DER EHRE (1992)

So sehr "Eine Frage der Ehre" auch zwei cineastische Bereiche vereint mit denen ich mich schwer tue, als da wären die Hollywood-Blockbuster-Dramen sowie pro-militärische Blickwinkel, ich liebe diesen Film als Ausnahme von der Regel. Nicht nur dass seine Story weit erzählenswerter ist, als es zunächst den Anschein macht, zudem ist Regisseur Rob Reiner ein guter Geschichtenerzähler, die vielen eingekauften Stars füllen ihre keineswegs sympathischen, aber interessanten Rollen gekonnt aus (freilich mit Ausnahme von Tom Cruise, der zu dieser Zeit mimisch noch gar nichts konnte), und der Dramenbereich kommt weder typisch märchenhaft, noch theatralisch daher. Er ist Hollywood-geschönt, damit alles klassisch erzählenswert bleibt, keine Frage, aber das geht klar bei solch hohem Unterhaltungswert und ist damit gerne verziehen. "A Few Good Men" (Originaltitel) schaut man nicht als authentisches Drama, er soll Kino sein, wenn auch welches, das sich mit nachvollziehbaren Problemen auseinandersetzen soll. 

Die militärische Mentalität wird auf die jeweilige Figur angepasst, Extremisten werden deutlich als solche benannt, die Hauptfigur betrachtet den Militärapparat augenzwinkernd als Aufstiegsmöglichkeit, ohne das Regelwerk dort ernst zu nehmen, kurzum wird weder völlig unkritisch mit dem Thema umgegangen, noch euphorisch, sehr wohl aber förderlich für die zu erzählende Geschichte, die jedweden Blickwinkel nutzt, ohne dass man von Tiefgang oder analytischer Raffinesse reden würde. Wie erwähnt sieht sich "Eine Frage der Ehre" dem Unterhaltungsbereich verpflichtet, und diesem bietet er großartige Momente, wie die finale Befragung vor Gericht, sympathisch freche Einzeiler, packende Dialoge und Schicksale, die fern von heuchlerischer Betroffenheit oder bedeutungsschwangerem Getue präsentiert werden und nur Teil der Gesamtgeschichte sind, nicht der Schwerpunkt. Reiners Drama kommt weder moralisch daher, noch wird er zu einer Werbesendung für das Militär, kurzum fehlen die meisten übelsten Zutaten, die Mainstream üblicher Weise stark schwächen. 

Hochglanzbilder, aufgepuschte Dialoge und selbstdarstellerische Stars sind sehr wohl vorhanden, und doch schaut sich das Ergebnis geradezu brillant, bietet hochkarätiges Kino, wendungsreich von einer hoffnungslosen Situation erzählend, die mit flotten und packenden Dialogen leichtfüßig inszeniert ist, mit Humor aufgelockert ohne dem Dramenaspekt zu schaden, letztgenannten aber ohnehin nicht zu offensichtlich ins Zentrum rückt. Man weiß, dass es weder an einem Happy End fehlen wird, noch bietet "Eine Frage der Ehre" eine Geschichte, deren Fortlauf man nicht erahnen könnte. Es ist die sicher gesetzte, professionelle Umsetzung, die fast makellos und fehlerfrei etwas präsentiert, das in anderen Händen ungenießbar hätte werden können. Den Theaterbereich, aus welchem die Vorlage des Drehbuchs stammt, sieht man dem Film nicht an, auch wenn sich mit dem Wissen darüber mancher Dialog und Monolog erklärt. Es scheint als wäre die Geschichte wie fürs Kino gemacht, und die ungeniert pompös dargebotene Umsetzung mit teurer Besetzung lässt einen nicht daran zweifeln... 

...nun ja... im Vorfeld schon, aber derartige Vorurteile sind schnell über Bord gefegt, wenn einen die Stimmung des Streifens erst einmal gepackt hat. Für mich ist "Eine Frage der Ehre" ein Werk zum Immerwiedergucken, eines das auf eine intensive Art funktioniert, die ich mir nicht wirklich erklären kann. Ich lasse es mittlerweile gut sein, hinterfrage es nicht mehr und genieße einfach, dass er für mich so gut funktioniert - immer wieder.  OFDb

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