11.03.2023

LITTLE JOE - GLÜCK IST EIN GESCHÄFT (2019)

Wenn man sich vorstellt, man würde die Verfilmungen von "Invasion of the Body Snatchers" ohne Außerirdische und Klone angehen, dann weiß man in etwa was einem in "Little Joe" (Originaltitel) erwartet, der eine Koproduktion von Österreich, Großbritannien und Deutschland ist. Klingt nicht sonderlich aufregend und um jene Schauwerte beraubt, die einen solchen Science Fiction ausmachen? Fehlanzeige! Der auf Arthouse getrimmte Streifen zeigt in seiner sensiblen, langsamen und künstlerisch wertvoll abgefilmten Art, dass der Stoff auch auf diese Weise funktionieren kann. Dies funktioniert insbesondere dadurch, dass man sich mit psychologischen Einflüssen auskennt und uns deshalb nicht nur glaubwürdige, individuelle Figuren vorsetzt, sondern auch überzeugende Wandel in Verhaltensweisen, sowie das Gespür von Ursache und Wirkung. Die Übergänge sind schleichend, derart subtil eingefangen, dass man sich als Zuschauer noch mehr als die Protagonistin fragt, inwiefern man sich in einer Falle befindet und sich aufgrund des gewählten Genres eventuell nur einbildet Veränderungen an den Personen wahrzunehmen. Alternativ könnte immerhin die Gefühlswelt der Wissenschaftlerin, die im Zentrum steht, für alles verantwortlich zu sein. 

Glücklicher Weise beschränkt sich der Film nicht einzig darauf, macht nach langer Zeit des Ungewissen deutlich wessen Natur das unterschwellig Brodelnde ist und verfolgt von da an lediglich die Konsequenz dessen, was passieren muss. Damit mag sich gerade das letzte Drittel ein wenig innovationlos anfühlen, denn neue Ideen serviert es nicht (gerade wenn man die eingangs erwähnten Filmversionen kennt), aber die ruhige, konsequente und gut beobachtende Art, mit welcher Jessica Hausner (Regie und Drehbuch) das zu Erwartende geschehen lässt, ist bereits Hingucker genug, gerade auch für ein feinfühliges Publikum, wo doch so viel über stille Beobachtung und emotionale Anteilnahme  stattfindet. Dass ein Beitrag wie "Little Joe - Glück ist ein Geschäft" auch im gesellschaftskritischen und analytischen Bereich so einiges zu bieten hat (als Beispiel: eine sachliche Person innerhalb eines emotional eingeschränkten Berufes muss sich ihrer Gefühle bewusst werden, um nachvollziehen zu können ob bei wem anders Empathien schwinden), erfreut umso mehr. 

Bezogen auf die Veränderungen im Wesen ist der Film glücklicher Weise näher an "Die Dämonischen" dran, als an "Die Körperfresser kommen" und Co, denn hier wie dort geht es um ein derart geringes Verändern im Verhalten, dass es nur wem sehr Nahestehendes auffällt, was Dramaturgie und Nervenkitzel mehr zu reizen weiß, als die stumpfe Alternative offensichtlich Veränderter. In Zeiten, in denen die Empathie zu Pflanzen und Tieren in unserer Gesellschaft größer geworden ist als bisher, kommt der Aufhänger warum sich Menschen im Besitz von Little Joe merkwürdig verhalten, zeitnah daher, ohne sich gleichzeitig einer Mentalität anzubiedern. Aus seiner sehr langsam erzählten Art zieht der Film seine Stärken. Glücklicher Weise steht er dabei nicht derart penetrant auf der Stelle, wie Hausners "Hotel", den ich zwar ebenfalls als sympathisch empfunden habe, der den Bereich des Unterhaltungskinos jedoch komplett ausschloss, wohingegen der hier besprochene Streifen einem größeren, wenn auch aufgeschlossenem, Publikum Zugang gewährt.   OFDb

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