22.06.2019

DEMOLITION MAN (1993)

Nach eher erfolglosen Versuchen, ebenso wie Konkurrent Schwarzenegger, in der Komödienwelt mittels "Stop! Oder meine Mami schießt" und "Oscar" Fuß zu fassen, und nachdem er ein erfolgreiches Action-Comeback mit "Cliffhanger" feierte, besetzte man Sylvester Stallone in einem Mix beider Genres, angesiedelt im Science Fiction-Bereich. Hätte es nicht bereits 1987 "Eine schrecklich nette Familie" gegeben, könnte man "Demolition Man" als frühe Verarbeitung der Thematik um die neu aufgekommene Mentalität der Political Correctness verstehen. Doch erst zu einer Zeit als aus besagter Serie sinnloser Nonsens wurde, der nichts mehr mit dem Kampf der Streitkultur gegen die neue Mentalität zu tun hatte, da wurde das Thema mit besagtem Stallone-Film neu aufbereitet, diesmal die Fragwürdigkeit dieser Entwicklung mehr ins Zentrum rückend als das bloße Aufzeigen ihrer Ignoranz. Das Science Fiction-Genre war hierfür das ideale Medium, geht es doch nicht um den eigentlich lobenswerten Aufhänger der politischen Korrektness, sondern um die Überspitzung dieser durch Fanatiker. Und so wie uns "Idiocracy" später die phantastische Zukunftswelt einer verdummten Gesellschaft satirisch überspitzt vorsetzt, so zeigt uns "Demolition Man" wie mit fanatischer Übertreibung besagter Mentalität ein totalitäres System aussähe.

Durch berechtigte Umwelt-Panik ist der Film interessanter Weise heute aktueller als einst, funktioniert mit seiner Kritik am Bestreben des sündenfreien, perfekten Menschseins also noch immer. Der gut aufgelegte Grundton tut sein Erstes daran, dass "Demolition Man" ein gelungenes Stück Unterhaltungskino geworden ist. Er ist weder ein verbitterter, noch ein griesgrämiger Film. Und er ist in erster Linie ein Unterhaltungsfilm, der die Gesellschaftskritik in zweiter Reihe laufen lässt, also nicht als Nebensächlichkeit, aber als Aufhänger der amüsanten Kritikvariante. Gut aufgelegte Darsteller und ein Drehbuch mit allerlei gelungenen Randideen unterstützen besagte Leichtfüßigkeit, die damit beginnt in der Gegenwart angelegt die typischen 80er Jahre-Rollen von Hauptdarsteller Stallone zu parodieren, dies aber erst auf die Spitze treibt, wenn Spartan in einer völlig friedfertigen Gesellschaft erwacht, die ihn durch seine lebensfrohe, freie und konsequente Lebensweise als Tier betrachtet. Leider ist Gegenpol Wesley Snipes eine eher nervige Randbesetzung, welche sich im Originalton aber zumindest erträglicher schaut, als in der deutschen Synchronfassung. Dennoch nervt er auch auf englisch, auch wenn sein Überagieren durch den Comicgehalt der Handlung gewollt ist und damit tatsächlich leicht abgefangen wird.

Im Gegenzug dazu erleben wir an Stallones Seite die sich ungewöhnlich anfühlende Kombination mit einer gut aufgelegten Sandra Bullock, die sich hier noch am Anfang ihrer Karriere befand und erst ein Jahr später mit "Speed" weltberühmt werden sollte. Auch bei dieser Figurenkonstellation hilft der humoristische Grundton im Comic-Flair, u.a. durch solch drollige Ideen unterstützt, wie jener, dass Stallone der jungen Kollegin spontan einen hübschen Pullover strickt. An Action mangelt es nicht, aber gerade der Humor ist es, der "Demolition Man - Ein eiskalter Bulle" (Alternativtitel) erst seinen wahren Charme beschert. Ob es die geheimnisvollen drei Muscheln anstelle von Klopapier sind, die Idee in der Zukunft Werbelieder als Hauptprogramm im Radio zu spielen und fröhlich mit zu singen, Beleidigungen per Strafzettel zu ahnden, oder Pizza Hut zum Luxusrestaurant der Zukunft zu erklären (zumindest in europäischen Fassungen des Streifens), all diese Ideen bereichern, fußend auf dem kritischen Aufhänger, einen herrlich unterhaltsamen Film, der es freilich auch nicht vermissen lässt den Eingangs erwähnten Stallone-Konkurrenten Arnold Schwarzenegger gekonnt zu veräppeln.

Dass der Zukunftsstaat nicht nur aufgrund der Unterdrückung seiner Menschlichkeit fragwürdig ausgefallen ist, sondern auch weil er eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen hat, klingt nach einer arg Klischee-beladenen Ergänzung, wird aber aufgelockert aufgearbeitet durch eine im Untergrund lebende Außenseitergesellschaft, die ein wenig (aber nicht so skurril gekonnt wie dort) an die Vegetarier aus "Delicatessen" erinnert. Hier sind es die Fleischfresser, die Freidenker, die Fronten sind im Vergleich zum französischen Werk verdreht, aber in beiden Fällen bilden die Unterweltler die Rebellion gegenüber der Zustände oberhalb des Erdbodens. Es ist das besagte Comic-Flair, welches aus solch geglückten Ideen trotz dem Vorhandensein von noch so ausgelutschten Klischees und Stereotypen, solch eine gewinnbringende Erzählung zaubert. Das durchdachte Zukunftsbild, welches die fanatisch geartete Lebensweise der Political Correctness sowohl thematisch an den richtigen Punkten aufgreift, als auch im veralbernden Ton gekonnt bekämpft (der Anonymous-Kampf gegen die Scientology findet heutzutage ähnlich geartet statt), ist stabil genug, um Schwächen gekonnt wegstecken zu können. Besagte Pointensicherheit des Drehbuches und die gut aufgelegten Stars sorgen für den Rest, so dass "Demolition Man" meiner Meinung nach zu Recht ein Erfolg an den Kinokassen wurde.  OFDb

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