23.12.2012

IDIOCRACY (2006)

Für ein Jahr soll ein sehr durchschnittlicher Soldat und eine freiwillige Zivilistin zu Versuchszwecken eingefroren werden. Dummerweise gerät das Projekt in Vergessenheit, und so wachen Joe und Rita erst 500 Jahre später auf. Auf den ersten Schock folgt der zweite: die Welt ist komplett verblödet. Joe ist mit seinem damaligen Durchschnitts-IQ gar der klügste Mann der Welt geworden...

Schock und Bestätigung zugleich...
 
Da gibt es diese wirklich großartige Filmidee, und den Verantwortlichen dieses Werkes fällt nichts besseres ein, als ihm den albernen Namen „Idiocracy“ zu geben. In manchen Augen scheint der Streifen diesen verdient zu haben, bietet er doch besonders albernen Klamauk. Aber solchen Personen teile ich gerne eine wertvolle Information mit: Klamauk ist nicht immer geistlos. Und so verhält es sich auch in dieser Science Fiction-Komödie. Der Klamauk entsteht aus der konsequenten Weiterführung der Ausgangsidee. Man kann diese verblödete Welt nicht ohne Daueridiotie darstellen (nicht in einer Komödie), zumindest nicht wenn sie der Hauptnerv der Geschichte ist.

Als Gegenpol zum sehr albernen Drumherum steht das Versuchskaninchen Joe (selbst sein Name ist Durchschnitt). Dieser tappst recht ernst durch den Film. In dieser Welt voller Dummheit übertragen sich seine Gefühle, und mögen sie noch so banal sein, direkt auf den Zuschauer, der keine andere Wahl hat als Joe als Identifikationsfigur anzunehmen. Und das selbst dann, wenn Regisseur Mike Judge den Durchschnittsmenschen von heute augenzwinkernder Weise auch nicht komplett ohne Dummheit segnet. Zumindest bekommt man ein arg unwohliges Gefühl, wenn Joe sich in der Zukunft nach einer Zeitmaschine informiert, weil man bereits damals an so etwas gearbeitet habe. Autsch! Was ein Tiefschlag an uns Durchschnittsbürger!

Besetzt wurde die Rolle des Joe mit Luke Wilson. Der spielt diesmal nicht ganz so bravourös wie in „Die Royal Tenenbaums“ (wo er die großen Stars fast an die Wand spielte) und in „Die Super-Ex“ (wo er beweisen konnte welch tolle Mimiken er auf Lager hat). Aber er spielt gut. Man muss einfach mal anerkennen, dass das Talent eines Schauspielers sich auch anhand von Zurückhaltung zeigen kann. Wilson spielt zurückhaltend, damit die verdummte Welt um so extremer wirken kann.

Als ob sie das nicht auch so schon würde, so aber wirkt sie wie ein Atomschlag gegen jede Form der Intelligenz. Das wirkt albern, das ist es im Effekt auch, aber der Hintergrund sieht ganz anders aus. Das ist intelligente Kritik am Werteverfall heutiger Zeiten, und dieser wird sogar in zwei Bereichen gezeigt: der Mangel an Bildung/das Desinteresse an gehirnanregenden Aktionen und die moderne Haltung der Familienplanung gegenüber.

Diese wird gerade in den ersten Filmminuten hervorragend parodiert, in einer Phase, in der uns zunächst einmal erzählt wird wie es zu der verdummten Welt kommen konnte. Der Anfang ist auch gleich der Höhepunkt des kompletten Filmes, denn eines kann man dem Restfilm trotz seines guten Ergebnisses ruhig vorwerfen: der Satiregehalt hätte ruhig noch eine Spur höher ausfallen können. Die Grundidee lässt noch mehr Ideen offen als die komplett albernen.

Etwas, das man in anderen Science Fiction als negativ betrachten würde, ist in „Idiocracy“ eine besonders positive Eigenschaft. „Beavis und Butt-Head“-Erfinder Mike Judge orientiert sich stark an unserer Zeit. Hier wird kein komplett fremdes Zukunftsbild entwickelt, sondern der intelligente und durchschnittliche Part von heute einfach ausgeblendet. Und die Idioten aus der Gegenwart in übertriebener aber nicht unrealistischer Form werden als alleinige Bewohner dieser Welt gezeigt.

Sie tragen Anziehsachen wie die hirnlosen Prolls von heute. Sie interessieren sich für das gleiche geistlose Zeug, reden genau wie die wenig gebildeten Leute von heute. Sie sind komplett an der „Kultur“ der Dummen der Gegenwart orientiert. Dadurch entsteht ein komplettes Identifizieren mit dem Problem von heute. Wer ist nicht schon einmal verzweifelt, wenn er in Talk Shows die White Trash-Gesellschaft hat reden hören? Wer verzweifelt nicht, wenn nicht einmal deutsche Bürger ihre eigene Sprache beherrschen? Wer verliert nicht den Glauben an Vernunft und Intelligenz, wenn grundlegende Dinge im Alltag wie ethische Grundwerte und Politik sich als völlig dumm outen?

Hier trifft Judge genau den Nerv der Zeit, und es dürfte kaum einen halbwegs denkenden Menschen geben, der sich nicht beim Ansehen von „Idiocracy“ bestätigt fühlt, zumal der auch den Kern der Dummheit auf den Zahn fühlt: die Gier. Lediglich der zweite Eckpfeiler der Dummheit, die Eitelkeit, kommt mir zu kurz, aber was soll ich da meckern, wo das Ergebnis doch so angenehm ausgefallen ist.

Leider konzentriert sich Judge nur auf Amerika. Joe kommt nicht einmal in den Sinn zu schauen, ob es dem Ausland ähnlich ergeht. Ich sympathisiere mit einer Idee von mir, in welcher das Ausland kichernd das Treiben im verblödeten Amerika beobachtet. Das wäre vielleicht eine Idee für eine Fortsetzung. Aber was soll man am Ausblenden des kompletten Auslandes in diesem Film verstehen? Ist es das übliche, kulturell geprägte, Ignorieren anderer Länder oder ist es gar eine Parodie darauf? Verkörpert über Joe könnte dies ein ähnlicher Tiefschlag sein, wie die Frage nach einer Zeitmaschine. Da das Thema Ausland aber nicht einmal im kleinsten Hauch angesprochen wird, vermute ich leider ersteres.

Außerdem hinterlässt der Film bei mir ein Wechselbad der Gefühle, was seine Schauwerte angeht. Soll hier wirklich immer nur Parodie stattfinden, oder biedert sich der Film nicht auch dem sensationsgeilen Publikum an? Ein Catcher als Präsident der USA, willkürliches Herumgeballer durch gedankenloses Waffen nutzen und nicht zu vergessen der Showdown, der während eines Monster-Truck-Crash-Spektakels stattfindet. Wie oben erwähnt ist das alles konsequent, aber die stillen Gags, die auf ähnliches abzielen, haben meiner Meinung nach eine größere Wirkung: Die Weltnachrichten als Unterabteilung in einem Sexheftchen, das Fernsehprogramm mit Sendungen wie „Autsch meine Eier“. Nur eine Idee kommt komplett einfallslos, uninspiriert und komplett unwitzig daher und die betrifft das Kinoprogramm der Zukunft. Hier kommt ein Niveau auf, das den Rest des Filmes zum Glück nicht mehr wiederholt wird.

Der versöhnliche Schluss, in einer Welt voller Idioten noch etwas charmantes oder gar positives zu sehen, gehört ebenfalls zu den Punkten, die sich dem Publikum zu sehr anbiedern. Ein solcher Schluss ist typisch für amerikanische Filme, aber sollte man, wenn man die geistlosen Dinge der Jetztzeit parodiert, nicht auch auf solche Elemente hinweisen? Immerhin führt auch die ewige Wiederholung zur Geistlosigkeit (was der Film mit seiner Parodie auf gelernte Werbesprüche an anderer Stelle auch sehr deutlich macht). Sollte man Kritik wirklich nur inhaltlich einbringen? Wäre sie nicht auch in der Form angebracht gewesen? Ein Film mit konsequenterem Schluss hätte mehr geboten als nur eine gefühlnahe Geschichte, die einen erfreut und Angst zugleich macht. Ein Film, der auch in seinem Erscheinen anders gewesen wäre, hätte mehr Denkanstöße bieten können.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Die einen lieben ihn und die anderen hassen ihn. Auf mich trifft ersteres zu denn schon die ersten Minuten haben mir einen fetten Dauergrinser in die Visage gezaubert was ich von meiner Freundin nicht behaupten kann denn die hatte schon nach dieser kurzen Zeit total die Schnauze voll. Ich kanns zwar nachvollziehen aber was solls. Geschmäcker halt.^^

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