06.06.2022

BLUTGLETSCHER (2013)

Zunächst scheint alles ein sympathisch umgesetztes Imitat von John Carpenters Version von "Das Ding aus einer anderen Welt" zu sein. Wir haben eine Forschungsstation in einer Kälteregion, wir erleben Körper die sich, wenn auch nicht unter außerirdischem Einfluss, bestialisch verändern, und selbst die Hauptfigur hat mit ihrer Mütze und ihrem Wuschelbart eine gewisse Ähnlichkeit mit der von Kurt Russell verkörperten Figur aus besagtem Horrorfilm. Aber im Laufe der Zeit gewinnt der österreichische Genrebeitrag an Eigenständigkeit und wird zu einem Geheimtipp, dem man sich, zumindest in Horrorkreisen, mehr Popularität wünschen würde, lässt er doch keine Wünsche offen. Die Geschichte wird, so bizarr ihr Auslöser auch ist, interessant, konsequent und durchdacht fortgeführt. Das handgemachte Kreaturendesign weiß zu gefallen und bietet auch ausgefallene Ideen, wie einen Steinbockmutanten. Und die menschlichen Charaktere stehen nicht in deren Schatten, bekommen fast alle einen individuellen Touch beschert und dürfen, stets orientiert an ihrem Charakter, sinnvoll handeln und reflektieren. Gut und Böse werden zwar nicht vermischt, aber zumindest lediglich über Egoismus und Solidarität getrennt, hysterisch gehandelt wird nur in passenden Situationen, so dass die Geschichte trotz einhaltender Logik stets menschlich bleibt, ein Aspekt der auch dafür sorgt dass neben dem Thrill auch einige dramatische Momente emotional zu gefallen und zu berühren wissen. 

Das Ganze ist gut gespielt, toll inszeniert und musikalisch passend untermalt. Und auch die Kamera lässt nichts zu wünschen übrig, fängt die Kulisse toll ein, weiß wie lang oder kurz eine Kreatur für ihre Glaubwürdigkeit ins Bild gehört und fotografiert dies alles stimmig. Platz zum Philosophieren bleibt auch, so dass z.B. selbst über die Legenden um Meerjungfrauen mit Blick auf die neuen Erkenntnisse ernsthaft neu angesetzt nachgedacht werden darf. Die Motivationen der Figuren sind stets glaubwürdig an Situationen und Charaktere gebunden, Dialoge wissen meist flüssig vorgetragen und interessant gehalten zu funktionieren und dienen nur in wenigen Ausnahmen etwas aufgesetzt manch abgekürzter Hintergrundinformationen. Der Spannungsbogen kann sich ebenfalls sehen lassen, entfaltet sich aber nicht derart wie die anderen Stärken des Streifens, da die Geschichte Richtung Finale dann doch zu viele Standards im cineastischen Erzählmuster einhält. Inmitten eines derart geglückten Filmes verzeiht man dies aber gerne, eben weil man zu Genüge als Zuschauer ernst genommen wird und erkennt dass die Autoren dies mit ihrer Geschichte ebenso handhaben. Einer von diesen ist der Regisseur des hier besprochenen "Die Station" (Alternativtitel), der auch den etwas berühmter gewordenen Zombiefilm "Rammbock" inszenierte, der ähnlich wie "Gletscherblut" (Alternativtitel) versuchte Köpfchen mit morbiden, wie emotionalen Unterhaltungsmomenten zu verbinden, dies aber noch nicht so gekonnt ablieferte wie es hier geschehen ist. 

Im Horrorbereich war Marvin Kren nach "Glazius" (Alternativtitel) nicht mehr tätig, was aber sicher nicht verwundert, so gekonnt wie er den Dramenbereich beherrscht, der aus ihm mehr als den reinen Genre-Regisseur macht. Zu einem "Tatort" der 10er Jahre werde ich seinetwegen trotzdem nicht greifen. Dafür ist mir "Blood Glacier" (Alternativtitel) in seinem mir bislang bekannten Schaffen dann doch zu sehr Ausnahme.  OFDb

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