29.07.2022

SLAUGHTERHOUSE OF THE RISING SUN (2005)

"Slaughterhouse of the Rising Sun" hat sein Herz am rechten Fleck, wenn er ein Retro-Feeling der Horrorfilme aus der 70er Jahre Terrorwelle zu seinem Hauptanliegen machen möchte. Der Bezug auf eben jene Filmwelle war im modernen Horror-Kino zur Entstehungszeit gerade erst wieder durch Bays Version vom "Texas Chainsaw Massacre" aufgekommen und sollte Werke wie die Neuverfilmung "The Hills Have Eyes" noch erfolgreich nach sich ziehen. Doch während die großen Kinoerfolge und viele andere Werke, die mal mehr, mal weniger finanziell unterstützt, diese Modewelle mittels Hochglanzbildern wiederbeleben wollten (was das Scheitern dieser Versuche diesbezüglich bereits erklärt), kleidet Vin Crease seine einzige Regie-Arbeit in grobkörnige Optik, entweder mittels einer Super 8-Kamera oder diese stilistisch imitierend, was davon weiß ich nicht. Zumindest ist zu erkennen, dass die Schäden im Filmmaterial optisch digital hinzugefügt wurden. 
 
So konsequent, wie beispielsweise Ralf Möllenhoff in seinen Amateurfilmen mittels Super 8 vorgeht (so z.B. zwei Jahre nach dem hier besprochenen Beitrag in seinem Zombiefilm "Dead Eyes Open"), setzt Crease, der auch eine der Hauptrollen selbst spielt, seine Vision nicht um. Sein Hang zu gelegentlich schneller Schnittabfolge ist bereits die falsche Methode ein authentisches 70er Jahre-Flair einzufangen. Aber er ist zumindest häufig nah dran, auch im Stiling seiner Filmfiguren und bezüglich der Drehorte und Utensilien. Vieles erinnert bewusst an die großen Vorbilder der verehrten Dekade, am deutlichsten wohl der VW-Bus, mit welchen die Flower Power-Psychos unterwegs sind, die, völlig verdreht zu Hoopers Vorbild, einen harmlosen Anhalter mitnehmen, der dies schnell bereut. Die Terrorfilme besagter Welle machte u.a. aber auch aus, dass abgesehen von der unterschwellig politischen Botschaft, der eigentliche Horror ziemlich oberflächlich, oder zumindest sehr deutlich und relativ gradlinig vonstatten ging. Crease hingegen arbeitet mit Wahn und Wirklichkeit, lässt uns oft im Dunkeln tappen was von beidem gerade herrscht und lässt auch final einige Geschehnisse bis zum Schluss im Unklaren, auch wenn er subtile Hinweise gibt. Das mag theoretisch in Ordnung klingen, zumal er damit die anvisierte Welle nicht einzig imitiert. Aber so recht gelingen will ihm das nicht. 

Man ist nicht nah genug an den Figuren dran, um einen Film in dreckigen Bildern, der einen auf 70er Jahre-Film machen möchte, derart surreal begegnen zu können, ohne dass dies gewaltige Abstriche in Stimmung und allgemeinen Sehwert bekommt. Er bleibt damit dem Zuschauer die direkten Erlebnisse schuldig, sozusagen die ungeschönte Konfrontation, mit welchen die Ur-Werke besagten Jahrzehnts auch dem hartgesottenen Zuschauer nervlich zusetzen konnten. In "Slaughterhouse of the Rising Sun" fühlt man sich nie wie in einer Mutprobe, man ergötzt sich lediglich am charmanten Versuch aller Beteiligten, was ein eher seichtes Ergebnis ist. Überraschend harmlos sind auch die Gore-Effekte ausgefallen, die glücklicher Weise einmal nicht Hauptaugenmerk in einem Fan-Produkt wurden. Ohnehin hält sich die Härte des Streifens meist zurück. Es ist insofern schade, dass Vin Crease sein selbstgestecktes Ziel nicht erreicht, weil er mit einem sympathischen Kniff den Film eröffnet. Ein wenig an die Methode von "The Blair Witch Project" oder auch an die satirische Täuschung in der Schrifteinblendung zu Beginn von "The Return of the Living Dead" erinnernd, tut er so, als ob wir einer echten Sache beiwohnen. Allerdings behauptet er nicht, dass alles was wir gleich sehen werden Wirklichkeit ist, stattdessen erklärt der Text zu Beginn des Streifens uns, dass "Slaughterhouse of the Rising Sun" ein vergessener, nie gezeigter Film ist, der bereits in den 70er Jahren gedreht wurde und nun endlich erstmals veröffentlicht würde. Allein für diesen wundervollen Kniff möchte man ihn am liebsten umarmen. 

Deswegen kann man auch nie wirklich böse mit dem ziemlich durchschnittlichen, immer mauer werdendem Ergebnis sein. Die Liebe zum Projekt sieht man dem wackeligen Werk im Gegensatz zu so oft auf DVD zu entdeckenden lieblosen Auftragsarbeiten einfach an. Aber er verliert sich inhaltlich leider in einen Plot der Verwirrung, und das funktioniert weder gut, noch will man dies zu diesem Zeitpunkt in solchem Gewand sehen. Der hektische und unsensibel angegangene Beginn war bereits ein schlechter Einstieg, mit Beginn der Reise nach der Entlassung aus der Psychiatrie macht der Film vieles richtig, stimmt einen sogar motiviert ins Geschehen ein, ein Eindruck der noch lange nachhallt und Einfluss auf das Wohlwollen der kommenden 45 Minuten hat, um dann doch wieder gegen Ende ins Schleudern zu kommen, wenn dort auch aufgrund mühevoller Umsetzung deutlich angenehmer zu schauen als der missglückte Einstieg. Dank einer Laufzeit von 75 Minuten plus Abspann zerrt das Ergebnis in der ungeschnittenen Fassung zumindest nicht an den Nerven. Der charmante Versuch ist vorbei, noch lange bevor sich ein derart starkes ungutes Gefühl überhaupt einschleichen kann. Ein unterhaltsames Produkt, das man mit einem zugedrückten Auge wohlwollend schauen kann, ist "Slaughterhouse of the Rising Sun" aber leider trotz aller Sympathie ebenfalls nicht geworden. Und unpassend eingebrachte Humoraufdringlichkeiten, wie z.B. ein beschleunigtes Bild beim Rückwärtsfahren, wertet das Ergebnis in einem Film, der meist maximal unterschwellig augenzwinkernd erzählt ist, erst recht nicht auf, zumal das Ergebnis nicht wie eine Horror-Komödie anmutet.  OFDb

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