Und es dauert bis der Groschen fällt was dies nun sein soll. Allerdings wirkt die Serie mit seinen verschrobenen Dialogen und mancher sprunghaften Erzählweise auch ein wenig inkonsequent. Vielleicht hätten ihm ein paar Folgen mehr gut getan, als den fünf, auf welche er ursprünglich konzipiert war und so nun auch auf DVD erschien. Mit vier 45-Minütern und einem Piloten auf Spielfilmlänge waren wohl trotzdem dort Kürzungen nötig, wo man sich ruhig noch etwas mehr Zeit hätte nehmen können. Zwar war Oliver Stone eine der tragenden Kräfte bei diesem Projekt, aber vielleicht wurde der Stoff dem TV-Management letztendlich doch zu heiß in einer noch ausgedehnteren Variante, wer weiß. Freilich muss man "Wild Palms" als Produkt seiner Zeit sehen, wenn er uns eine Welt 16 Jahre in der damaligen Zukunft zeigt, die vor dem Boom von Handys, Internet und anderen Produkten der Unterhaltungsindustrie mittlerweile etwas naiv anmutet. Aber da kann ein Film aus den 90er Jahren nun nicht wirklich etwas für. Zumal er ansonsten meist gesellschaftskritisch treffsicher daher kommt, wenn er irgendwo zwischen Scientology-Kritik, dem damals frisch aufkommenden Mentalitätenwandel der USA und dem nächsten Schritt zur Gehirnwäsche durch TV und Film Elemente aufgreift, die schon damals beunruhigten.
Teilweise nimmt der Stoff dabei Elemente von "eXistenZ" vorweg, besitzt Gedankengänge, die auch in "Welt am Draht" ihren Platz fanden und gönnt sich trotz ernster Umsetzung winzige augenzwinkernde Metaebene-Momente als Gimmick am Rande. Da darf z.B. ein Interview mit Oliver Stone im Fernsehen der Zukunft laufen, in welchem er gefragt wird, wie er es empfindet, dass seine Verschwörungstheorie aus seinem Film "JFK" nun endlich bestätigt worden wäre. Und wenn James Belushi kurz auf eine Szene aus "Der kleine Horrorladen" verweist, wenn es in einer Anekdote um eine Sexdroge geht, die verspätet auf einem Zahnarztstuhl ihre Wirkung bekam, dann wird das geradezu beiläufig erwähnt, ohne dem Stoff seine Ernsthaftigkeit, seine Dramatik und seiner beunruhigenden Wirkung zu berauben. Dies sind freilich kleine Nebenmomente innerhalb eines Filmes um Lügen, Betrug und Raub in einem gesellschaftlichen Umfang, der jede Vorstellung sprengt und selbst vor dem Thema Unsterblichkeit nicht Halt macht. Vielleicht findet alles etwas zu sehr in kleinem Radius statt, und der Schluss atmet so stark heile Welt, dass ich mir gewünscht hätte ein Nashorn als Schluss-Pointe durchs Bild huschen zu sehen. Aber letztendlich ist "Wild Palms" ein interessantes TV-Produkt, das lediglich darunter leidet, dass der Zahn der Zeit etwas arg an ihm nagt.
Nicht jede Wendung überrascht, letztendlich schafft die Serie es aber einen in die berechtigte Paranoia des Protagonisten zu schubsen, so ungewiss lange Zeit alles ist. Selbst wenn man halbwegs Fuß im wirr scheinenden Plot fasst, weiß man nicht was man glauben soll. Und bei all den Wichtigkeiten, die einem nur am Rande erklärt werden, wie z.B. der Existenz der Väter und der Freunde, oder der politischen Lage, in welcher die Regierung einst etliche Mitbürger in einem Atomschlag dezimierte, um einen dritten Weltkrieg zu verhindern, ist es auch völlig legitim sich verloren zu fühlen. Gleichzeitig hilft es einem, da man sich somit automatisch an die Hauptfigur klammert, der es ebenso geht. Als Zuschauer ist man sogar in vieles eingeweiht, was der gute Mann nicht weiß und sieht trotzdem den Wald vor lauter Bäumen nicht. Keine Ahnung ob es dem Einfluss der TV-Verantwortlichen zu verdanken ist, dass der Schluss eher flott und unbefriedigend daher kommt. Und wie erwähnt gibt es einige Sprünge zu erleben, die entscheidende Veränderungen etwas zu ruppig voranschreiten lassen. Ob das nun die neue Karriere des Anwalts ist, ein wichtiger Todesfall im letzten Drittel, die Bedeutung des plötzlich so wichtigen Chips, oder gar die Entführung der Kinder, da gibt es so einiges das auch in einer absichtlichen Inszenierung der Verwirrung nicht nötig gewesen wäre und klarer hätte thematisiert werden müssen. "Wild Palms", an dem "Dexter"-Regisseur Keith Gordon ebenso beteiligt war, wie "Near Dark"-Regisseurin Kathryn Bigelow, ist also nicht frei von Schwächen. Aber an andersartigen Produktionen interessierte Cineasten werden sicherlich nichts falsch machen, wenn sie sich die 270 Minuten Laufzeit zu Gemüte führen. OFDb
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