Man nimmt die Figuren ernst, gewährt ihnen Charakter und eine Entwicklung und den Zuschauer Einblicke in ihr Wesen, ihre Beweggründe und ihre Empfindungen. Man baut das zu Erzählende auf der Dramaturgie auf, und man lässt sich Zeit dass auch die Geschichte sich entwickeln kann. Hierbei achtet man nicht einzig auf Schauwerte und Höhepunkte, sondern blickt besonnen auf das was kommt und war zurück. William Peter Blatty, der Produzent und Autor dieses Filmes, der ebenfalls die Buchvorlage schrieb, ging reflektiert heran, weiß warum Figuren handeln, wie sie es tun und Situationen so verlaufen, wie aufgezeigt und sich gegenseitig beeinflussen, wie hier erzählt. Das Gezeigte macht Sinn, trotz Übernatürlichkeit, trotz dem Eingeständnis das Christentum habe recht, eben weil "Der Exorzist" glaubwürdig erzählt ist, typisch 70er Jahre US-Kino keine strahlenden Helden serviert, sondern gebrochene Menschen, Menschen die mit ihren innereigenen Dämonen kämpfen und die es nun mit wem zu tun bekommen, der tatsächlich einen in sich trägt.
Inmitten einer stilvollen und würdevollen Umsetzung der handwerklich professionellen Art, wirken die lauten Momente umso intensiver. Was Regan im zarten Alter von 12 Jahren über die Zunge des Teufels vulgäres von sich gibt, schockt selbst 50 Jahre später noch, und dies nicht nur bei einem konservativen Publikum. Die Maske, die berühmte Kotzszene, sämtliche Provokationen sind auf der besonnenen Grundlage treffsicher eingebaut, wissen als das zu wirken, wofür sie gedacht sind, anstatt einzig mindere Bedürfnisse des Zuschauers zu befriedigen. Aus diesem Mix zieht "Der Exorzist" ein Spannungspotential, jenseits von Grusel oder wahrem Nervenkitzel. Das Schicksal des Mädchens ist uns wichtig, der Zustand des Pfarrers, die Wünsche der längst überforderten Mutter. Sie alle konfrontiert mit dem reinen Bösen, wird zu einer packenden Geschichte, die nicht trotz, sondern wegen der gewählten Langsamkeit fesselt, während sie zunächst allerhand Informationen sammelt, bevor sie in die Vorphase des Horrors eintritt, um erst im letzten Drittel einen Knalleffekt an den nächsten zu reihen.
"Der Exorzist" ist Horror mit Würde, trotz Kotzen, Religionsbeipflichtung und vulgärer Worte. Friedkin unterzieht uns einem Terror-Trip, dem man sich nicht entziehen kann, sofern man Zugang zum typischen 70er Jahre-Stil bekommt, der uns zeigt was mündiges und experimentelles Kino auch in konzipierten Großproduktionen sein kann, wenn man dem Publikum nur genügend Mitdenken, Aufmerksamkeit und Interesse für Unbekanntes zutraut, anstatt es ihm weg zu erziehen, so wie es einem im heutigen US-Mainstream oft scheint. Wiki
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen