09.03.2024

ROBOCOP - TÖDLICHES NETZWERK (1994)

Dass nach den negativen Reaktionen auf "RoboCop 3" so schnell keine weitere Kino-Fortsetzung zu erwarten war, überrascht nicht. Dass es allerdings bereits ein Jahr danach mit einer kanadischen TV-Serie weitergehen sollte, dann doch. "Tödliches Netzwerk" ist der auf Spielfilmlänge gedrehte Pilotfilm von dieser, der seinerzeit in Deutschland auf VHS als "RoboCop 4 - Law and Order" vermarktet wurde. Ebenso wie die 1988 entstandene Zeichentrickserie "RoboCop", so baut auch die hier besprochene Realfilmserie auf den letzten Kinovorgänger auf. Die Entstehungsgeschichte RoboCops wird also nicht erneut thematisiert, die TV-Reihe sieht sich als Fortsetzung der drei Filme. Von den Darstellern ist keiner mehr übrig geblieben, einige Rollen kehren anders besetzt jedoch zurück. Murphy selbst ist nicht mehr ansatzweise markant besetzt. Was im Roboterkostüm noch mittels einer Kinnüberdeckung zu tarnen ist, erweist sich mit dem Abnehmen des Helms als Katastrophe, so weichgespült sanft, wie der menschliche Teil des Cyborgs ausschaut, ohne dass man sich die Mühe aus Teil 3 gab, eine Ähnlichkeit zum Originalgesicht zu tricksen. 

Letztendlich passt dieses sanfte, ruhige und so gar nicht charismatische Gesicht aber zum Seelenleben des Maschinenpolizisten und zur Neuausrichtung der Serie, denn die ehemalige Familie Murphys wird nun wichtiger, und damit setzt die Geschichte viel auf die Dramatik eines Mannes, der nicht mehr Vater und Ehemann sein kann. Das tut der Grundatmosphäre nicht sonderlich gut, da zu sehr auf Kitsch und Theatralik, anstatt auf nachvollziehbare, reflektierte Gefühle gesetzt wird. Und dies in Kombination mit einer Ausrichtung zur Jugendunterhaltung, noch mehr als im ein Jahr zuvor erschienenen Kinovorgänger geschehen, lässt den Pilot viel sanfter als nötig erscheinen, wobei dieser im Vergleich zur Restserie noch am erträglichsten bleibt. Von Folge zu Folge wurde der Seifenoperngehalt gefühlt immer dominanter, so dass ich ein Sichten der Serie nicht empfehlen kann. Der Pilotfilm kann hingegen noch manch charmanten Comictouch vorweisen. Und dass er trotz diesem dennoch eine wackelige Angelegenheit geworden ist, sagt schon alles. 

Der comicartige Erzfeind Pudface, der wie aus dem "Dick Tracy"-Universum entlaufen scheint, gehört zu diesen Pluspunkten, so klassisch wie er auf Superschurke getrimmt ist, letztendlich kommt er aber hier noch zu kurz (kehrt aber in weiteren Folgen zurück). Der mit Cliff deYoung so angenehm besetzte Morllado, wirkt mit seiner wirren Frisur und den kranken Ideen wie die Billigvariante von Dr. Brown aus "Zurück in die Zukunft", jedoch als Bösewicht positioniert. Seine Vision einer automatisierten Stadt, die von einem menschlichen Gehirn mittels K.I. gesteuert wird, klingt herrlich grotesk. Und wenn sein Gehilfe unter Obdachlosen nachts auf der Straße mit einer Spritze auf Gehirnjagd geht, hat das was von Jack the Ripper oder dem schrägen Randszenario aus "Der Mann mit zwei Gehirnen". Auf dem Papier liest sich das meiste davon bunter und schriller, als es in dieser zu brav angegangenen Umsetzung letztendlich thematisiert wird. Und auch die eigentlich reizvolle Idee einer sich gedanklich materialisierenden Frau, im Herzen der Maschine, als Restaspekt des angezapften Gehirns, teilt sich dieses Schicksal mit den anderen bizarren Ideen, wird sie doch eher des Soapgehalts wegen genutzt, anstatt als pfiffiger, übernatürlicher Gegenspieler Morllados. Als Helferin des Titelhelden wird sie in jeder weiteren Episode als Teil der Stammbesetzung weiter eingebaut, aber leider nicht reizvoller ausgebaut.

So schräg wie in "RoboCop 2" oder ansatzweise in Teil 3 wird der Ausflug von Verhoevens "RoboCop" in ein klassischeres Superheldenuniversum mittels der hier besprochenen Serie somit nicht, oder zumindest nur bedingt. Jegliche Idee wird zu wenig ausgeschöpft, zu viel zwischenmenschliches Leergeschwätz und kitschige Gefühlsduselei verwässern den möglichen Anarchocharme von Story und Vorlage, und die Besetzung sämtlicher Nichtbösewicht-Rollen fällt auch eher mittelmäßig aus. In Sachen Spezialeffekte und Settings weiß "RoboCop" in seinen 22 Folgen jedoch positiv aufzufallen. Aber das nutzt recht wenig bei solch jugendgerechten Schwerpunkten, welche die Serie am Entfalten ihrer Möglichkeiten hindert. Der stumpfe Vierteiler "RoboCop - Prime Directives", der 6 Jahre später ebenfalls in Kanada entstehen sollte, weiß da als wieder auf Härte getrimmte Miniserie schon eher zu überzeugen, wenn auch nicht frei von unfreiwilliger Komik.  Wiki

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