22.11.2012

I AM LEGEND (2007)

Nach einer weltweiten Katastrophe ist Robert Neville der letzte Mensch auf Erden. Andere Überlebende sind mutiert und machen Jagd auf ihn. Neville sucht verzweifelt ein Gegenmittel um die Mutation rückgängig zu machen...

Produzentenregel Nummer 1: Meide jeden Anspruch...
 
Die dritte Version der Verfilmung des Romans „I Am Legend“ fällt hinter den beiden Vorgängern „The Last Man On Earth“ und „Der Omega-Mann“ weit zurück. Es ist das Glück dieser Neuverfilmung, dass die erzählte Geschichte eine enorme Wirkung hat. Die Vorstellung, man sei allein auf der Erde, ist erschreckend, und man erwicht sich selbst dabei zu grübeln was man machen würde und wie man versuchen würde allein zu überleben. In der Nacht nicht sicher zu sein, weil Mutanten umherstreifen, gibt der pfiffigen Story den restlichen Schwung für spannende Momente.

„I am Legend“ schafft es durch verschiedene Fehler diese hervorragende Geschichte bröckeln zu lassen, so dass man am Schluss nur noch einen durchschnittlichen Film sichtet (was aber auch bedeutet, dass nicht komplett Schwachsinn produziert wurde). Ich gehe diese Punkte nun einmal durch:

1) Will Smith war keine gute Hauptrollen-Wahl. Der Mann mag ein lustiger Sprücheklopfer sein, der auch nicht ganz ohne schauspielerisches Talent gesegnet ist, ein Charakterdarsteller ist er allerdings nicht. Es reicht nicht einfach traurig zu gucken, hin und wieder den Mundwinkel zu bewegen und den Kopf zu senken. Man kauft Smith weder den Wissenschaftler in den Rückblicken noch den psychisch erkrankten letzten Menschen auf Erden ab. Seine Schuld allein ist das nicht, da die Psychologie des Filmes Schrott ist. Dies erklärt auch, warum der olle Haudegen Charlton Heston in der 2. Verfilmung trotz ähnlicher schauspielerischer Defizite dennoch wirkt. Man bekommt das Gefühl Will Smith sei nur ausgesucht worden, weil er ein Publikumsmagnet ist und ein Schwarzer als letzter Mensch besonders politisch korrekt wirken müsste.

2) Punkt zwei ist wie gerade erwähnt die Psychologie. Hier werden die meisten Fehler gemacht. Die Selbstgespräche wirken zu gekünstelt, das Szenario in der Videothek zu vorbereitet, die Furcht die weibliche Puppe anzusprechen zu unglaubwürdig. Wenn Heston mit seinem Spielpartner schimpfte war dies nachvollziehbar, wenn Smith mit den Puppen redet wirkt es albern.

Zudem wird der tragischste Moment, das Verlieren Nevilles Wegbegleiters, viel zu kurz gehalten. Das einzige liebenswerte Lebewesen an seiner Seite stirbt. Der letzte soziale Kontakt ist dahin. Und Regisseur und Drehbuchautor verpassen es die daraus entstehenden tragischen Möglichkeiten aufzugreifen, inklusive dem möglichen weiteren Schritt des Herabrutschens in die bereits vorhandene psychische Krankheit. Neville wird viel zu flott vom Trauern abgelenkt, in dem ihm zwei neue menschliche Partner an die Seite geschrieben werden. Das passiert alles viel zu schnell.

Ist sein großer Wunsch einen nicht mutierten Menschen zu sichten dann endlich erfüllt, fällt Neville nichts anderes ein, als erst einmal allein sein zu wollen. Anders begründet hätte dies durchaus seinen psychologischen Reiz haben können, wie hier präsentiert ist es nicht nachvollziehbar.

Die Partnerin ist unclever gewählt. Sie ist eine schlichte Frau, zart und nett. Im Schutze des Tages könnte man mittels Ausreden noch irgendwie erklären, wie sie in der Mutantenwelt überlebte. Aber als heldenhafte Retterin Nevilles in der Nacht, umzingelt von Mutanten, kann ich mir diese Frau nicht vorstellen. Die Macher des Films wohl auch nicht, weil die Rettung komplett ausgeblendet wird. Zum Vergleich sollte man auch hier den „Omega-Mann“ erwähnen. Heston bekam eine starke Frau an seine Seite gestellt, eine Frau, die eine Kämpferin ist (ähnlich wie die weibliche Hauptrolle in „28 Days Later“). Die Frau an der Seite von Will Smith ist nicht stark. Sie soll nur hübsch sein für das männliche Publikum. Darauf sollte man auf Kosten der Glaubwürdigkeit der Geschichte allerdings nicht achten.

Es gibt viele weitere psychologische Fehler, die man erwähnen könnte. Um zu verstehen was ich meine, denke ich aber dass die genannten Beispiele reichen müssten.

3) Die Mutanten sind extremst schlecht animiert. Sie huschen durchs Bild wie in einem Computerspiel und sind auch viel zu stark entmenschlicht worden. Sie sehen eher wie eine andere Lebensform aus (sollen ja auch vampirangelehnt sein), aber mutierte Menschen sind das nicht. Es ist schon traurig genug, dass eine Großproduktion Geld einsparen will, in dem man in diesen Rollen keine Menschen verwendet. Aber dann auch noch so weit zu gehen an der Computeranimation zu sparen ist das Unding überhaupt.

4) VORSICHT SPOILER! Der Schluss ist zu brav gehalten. Das Ableben Nevilles ist nicht tragisch genug. Zudem nervt die olle Amerikafahne im letzten menschenbevölkerten Ort. Mich würde interessieren, warum die dort Überlebenden nie Kontakt zu Neville aufgebaut haben, funkte dieser seine Botschaft doch schließlich täglich auf allen Frequenzen per Radio. Vielleicht meidete man ihn als Mitauslöser der Katastrophe. Oder man wollte Kontakt herstellen und musste bemerken, dass man einen sinnlos umherballernden Idioten aufsuchte. Da wären viele interessante Erklärungen möglich gewesen. Erklärt wird allerdings nichts.

5) Den 5. Punkt könnte man auch zum 2. zählen: Will Smith will cool wirken. Sein Spiel ist selbstverliebt, cool sein ist in. Dies passt nicht zum Elend eines letzten Menschen. Heston bekommt eine gewisse Coolness durch seinen Kampf und die Härte die er dazu benötigt. Smiths Coolness richtet sich nur an sich selbst und an sein Publikum. Es ist kaum vorstellbar dass der letzte Mensch auf Erden sich selbst beeindrucken will. Hinzu kommt, dass er in all den Jahren fleißig auf sein Aussehen achtet (insbesondere das Rasieren des Kopfes). Sein deprimierendes Leben müsste zumindest phasenweise dafür sorgen, dass er schlampig herumläuft, weil er kurz vor dem Aufgeben ist oder sich zumindest mal denkt: Wofür denn noch aufdonnern? Dieser Punkt trifft allerdings auf alle drei Kinoverfilmungen zu.

6) Mein kleinlichster Punkt ist der etwas zu aufgesetzte Aufhänger mit dem Krebsmedikament. Die schlichtere, fast ungeklärte, Variante der Vorgänger fand ich wesentlich effektiver.

7) Wie Neville sein Leben meistert hätte man ruhig vertiefen können. Die Jagd ist gut ausgeleuchtet, das Anbauen von Lebensmitteln, das Erschaffen der Elektrizität und viele andere alltägliche Punkte werden allerdings nur kurz angerissen, einigen wird gar keine Zeit gewidmet. Wie lange reichen z.B. die Vorräte? Ist es so einfach den Radiosender in Gang zu halten? Wieso will Neville unbedingt in der Stadt wohnen bleiben? Wie weit waren seine längsten Ausflüge außerhalb der Stadt, falls es diese gab? Wenn Neville schon behauptet die Mutanten würden Schritt für Schritt mehr Menschlichkeit verlieren, wie war das Zusammenleben mit ihnen dann zu Beginn, als die Mutation noch nicht so weit fortgeschritten war? Und wieso kommt er nie auf die Idee, dass mit diesem Wandel auch die Möglichkeit gegeben ist, dass die Mutanten wieder intelligenter werden könnten? „I Am Legend“ hat zu viele offene Fragen. Antworten hätten ihn interessanter gemacht und ihm vielleicht etwas mehr Tiefe beschert.

Denn in einem Bereich ist „I Am Legend“ besonders schlecht im Vergleich zu seinen Vorgängern: im Bereich der Gesellschaftskritik. Da hat man die Möglichkeit eine so geniale Geschichte zu modernisieren und macht fast nur einen ollen Popkornfilm daraus, der nur zwangsweise einen gewissen tieferen Gehalt bekommt, weil die Geschichte ohne ihn gar nicht erst möglich zu erzählen gewesen wäre. Aber warum umgeht man so krampfhaft niveauvollere Erzählstränge? Haben nicht gerade die 70er uns gezeigt, dass man Tiefsinn auch in kurzweiliges Popkornkino packen kann? „I Am Legend“ ist schlichtweg zu oberflächlich.

Es ist hauptsächlich die Geschichte selbst, die den Film vor dem Untergang in die Belanglosigkeit rettet. Es fällt mir schwer mir vorzustellen, was man anstellen müsste um die geniale Geschichte komplett zu ruinieren. Da wäre schon ein besonderes Talent nötig. Immerhin schafft es Francis Lawrence häufig Spannung aufzubauen, allerdings eher in Form von Schockmomenten. Suspense ist weniger sein Gebiet. Die leere Großstadt, die recht gut in Szene gesetzt wird, verleiht dem Werk allerdings die nötige Dichte in der Atmosphäre und die ein oder andere spannende Sequenz.

Eine sehr geglückte Szene ist jene, in der Neville bemerkt, dass er seinem Hund nicht helfen kann. Das Tier beginnt zu mutieren und er muss handeln. Schade nur dass sich das Gute dieser Szene nicht auch talentiert in Smiths Spiel bemerken lässt. Bedenkt man allerdings dass dieser Film vor einigen Jahren noch mit Schwarzenegger geplant war, kann man sich glücklich schätzen das kleinere Übel vorgesetzt bekommen zu haben.

„I Am Legend“ ist kein totaler Reinfall. Das ist mit dieser tollen Geschichte auch kaum möglich. Aber er ist ein oberflächlicher, fehlbesetzter Film geworden, der eine Menge Möglichkeiten verschenkt. Wenn wenigstens die Psychologie stimmen würde könnte man über viele andere Dinge locker hinwegsehen. So bleibt nur nüchterne, routinierte Unterhaltung, die ab und an durch spannende Szenen aufgewertet wird. Dem anspruchslosen Publikum von heute mag eine derart halbgare Sache vielleicht gefallen, ich hingegen bin enttäuscht. Immerhin haben zwei andere Verfilmungen gezeigt wie man es richtig macht. Und Michael Bay zeigte mit „Die Insel“ wie man auch heute noch einen Popkornfilm mit etwas Anspruch anreichern kann.

PS: Dass in den Vergleichen stets Charlton Heston statt Vincent Price genannt wurde, zeigt übrigens deutlich, dass bei Price die im Review genannten Mankos erst gar nicht angeklungen sind. Wo Heston durch eine gute Umsetzung nicht negativ auffiel, schafft es Price durch sein geglücktes Spiel.  OFDb

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