Diese Ähnlichkeit mit welcher der junge und der alte Josh gecastet wurden, ist erstaunlich groß - und mögen die Make Up-Verantwortlichen noch so dolle dabei mitgewirkt haben. Das macht die Sache optisch so glaubwürdig wie die eigentliche Geschichte kaum sein kann, geht sie doch vom Idealgeschehen aus, dass der Chef Joshs ein besonders warmherziger Mensch ist und ihm nach nur wenigen Tagen ein Spitzengehalt zum Testen von Spielzeug anbietet. Auch in vielen anderen Bereichen wird die Realität gerne ausgeblendet. Bei „big“ konzentriert man sich auf die schönen Aspekte des Lebens, und das ist auch gut so, denn letztendlich soll er nur ein Märchen für Erwachsene sein und ein Plädoyer dafür das Kind im Manne nicht zu vergessen. Es ist ein Teil von uns.
Für einen Familienfilm aus den USA erstaunt es schon für die damalige, lockerere Zeit, dass das Thema Sex nicht verbannt wird. Josh ist immerhin 13 Jahre alt. In wie weit er im Kinderzustand schon mit seiner Sexualität vertraut ist, wird nicht verraten, und als Erwachsenen sehen wir ihn auch nie den Beischlaf ausüben. Aber die Situationen im Alltag verraten schon so einiges was nachts passiert, und man kann es als Talent Marshalls sehen, dass ihr das Kunststück gelungen ist die Magie eines Märchens nicht durch Sexualprovokationen zu verraten, einen solchen Aspekt aus heuchlerisch moralischen Gründen aber auch nicht zu ignorieren oder zu verteufeln.
Gäbe es je eine Fortsetzung, man wäre sicher am weiteren Lebensverlauf Susans interessiert, die von Elizabeth Perkins verkörperte Freundin des „erwachsenen“ Joshs. Sie muss verarbeiten was passiert ist, sie muss sich damit auseinandersetzen warum sie auf solch verspielte Kindsköpfe abzufahren scheint. Mag „big“ im Stillen schon manche Antwort bereit legen, immerhin ist er rein psychologisch betrachtet kein verkehrter Film, interessant wäre es trotzdem zu wissen wie es Susan später erging. Ob sie doch noch mal Jahre später heimlich gucken geht, wie groß Josh schon geworden ist? Würde sie ihn im Erwachsenenalter kontaktieren? Oder würde sie das Thema komplett resetten, aus Gründen der Reife, der Scham oder aus Angstgefühlen heraus? Man weiß es nicht. Fakt ist aber nun einmal, dass die Realität den erwachsenen Menschen immer irgendwann einzuholen weiß, egal wie verliebt oder ethisch geläutert man sich auch manches Mal fühlen mag.
„Big" ist herzerfrischend erzählt, lustig, wenn an mancher Stelle auch etwas arg auf Nummer Sicher mit seinem Humor gesetzt, aber inmitten der schöngemalten Märchenrealität ist es Tom Hanks, der die ganze Chose glaubwürdig und erheiternd erscheinen lässt. Sein kindliches Gesicht und noch mehr seine verspielte Art, fern jeglicher Anwesenheit einer Spießer-Mentalität, lassen einen glauben, dass der Mann den wir sehen tatsächlich ein 13jähriger ist. Sein Wandel zum echten Erwachsenen wird vom Drehbuch zwar etwas ruppig angegangen, der Film durfte immerhin nicht die damals obligatorischen 90 Pflichtminuten all zu sehr sprengen, aber auch als Gereifter auf dem Weg zu einer konservativen Charakterentwicklung bleibt Hanks immer glaubwürdig.
Dass dieser Wandel ins Erwachsenenleben eher ein Vergessen der Kindheit als ein wahrliches Reifen ist, wie es sich der Konservative gerne einredet, wird im letzten Drittel sehr deutlich thematisiert und mit diesem Schwerpunkt verstärkt „big“ die Grundposition seiner Geschichte, die er eigentlich schon eine Stunde lang zuvor versuchte an den Mann zu bringen. Sie wird hier nur deutlicher denn je. Wir werden älter, wir bekommen mehr Lebenserfahrung, damit reifen wir. Das ist alles richtig. Aber den Spaß am Leben, an Unnötigkeiten, am necken, am experimentieren und sich trotz aller Erlebnisse einen naiven Blick auf die Dinge beizubehalten, das sind alles Dinge die man nicht aufgeben muss, um erwachsen zu werden. Eine soziale Verantwortung und Selbstdisziplin in den richtigen Momenten kommt der Wahrheit schon näher - ausgerechnet jene Eigenschaften, die so vielen Menschen, die sich für unglaublich erwachsen halten, fehlen.
Josh merkt dass er ins Kinderleben zurückkehren muss, um nicht kaputt zu gehen oder seine kindliche Art gar für immer zu verlieren. Das macht Josh so fiktiv. Er ist nur ein Sinnbild dessen was manche Erwachsene tun sollten. Nach „big“ hat es der ein oder andere sicher auch getan, und wenn es nur kurzfristig war. Denn „big“ ist magisch. Er weiß einen zu unterhalten, zu umgarnen und zu verzaubern. Er weiß wie man das Kind im Manne weckt. OFDb
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