Ich habe es trotz des guten Ergebnisses bereits in meiner Besprechung zu „The Descent“ geschrieben: nötig waren die Monster nicht. Allein das beklemmende Gefühl des Eingeschlossenseins und die Hoffnungslosigkeit boten einen solch hohen Spannungsbogen, dass der reine Realimus ausgereicht hätte um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Alfredo Montero dachte scheinbar ebenso und serviert uns mit „Die Höhle“ nun einen Film, der sich genau auf diesen Minimalismus konzentriert. Und um die Echtheit der Geschehnisse noch näher an den Zuschauer heranzuführen drehte er das Ganze im umstrittenen Found Footage-Verfahren, also mit der Handkamera aus der Ich-Perspektive.
Ich persönlich mag diese Art Film, und gerade Werke wie „Die Höhle“ zeigen wieviel Potential im Found Footage-Verfahren steckt. Man fühlt sich mittendrin, eingeschlossen, und Autor und Regisseur Alfredo Montero guckt dass der Einsatz der Kamera nicht nur Sinn macht um etwas im Dunkeln sehen zu können, sondern lässt sie auch aktiv Teil der Geschichte sein. Sie wird Teil der Überlebens-Strategien. Okay, sie hält in der steinigen Höhle viel aus, und die Akkus halten ewig, das kann man dem Film ankreiden. Aber das ist Kleinkrämerei, zumal zumindest die Akku-Frage noch im Bereich des möglichen liegt.
Man ist es gewohnt, dass die Kritiker-Zitate auf den DVD-Covers dick auftragen. Oftmals kommen sie einem vor wie eingekauft. „Klaustrophobisch, fies, nervenzerfetzend“ (Screen International), „Wahrhaft beklemmend“ (TV Spielfilm). Selten gaben Pressemeldungen den Eindruck eines Filmes so wahrheitsgetreu wieder, wie ich ihn tatsächlich erlebt habe. Selbst die reißerische Warnung, die auf dem Cover stand „Dieser Film kann Atemnot und Beklemmungen verursachen. Anschauen auf eigenes Risiko!“ ist nicht völlig unsinnig, wurde mir beim Gucken doch so unwohl, dass ich schließlich angefangen habe nebenbei etwas zu essen, um bewusster in meinem Wohnzimmer anstatt mitgefangen in der Höhle zu sein.
Und was das für eine ist! Aufgenommen in einem echten Höhlensystem vor Ort ist der Realismus auf einem Maximum. Anstatt die klassisch großen Höhlenräume zu sehen, die nur hin und wieder kurz von engen Spalten getrennt werden, maltretiert „La Cueva“ (Originaltitel) uns mit den engen Gängen und Schächten eines Labyrinths, in dem nur sehr selten größere Flächen zum Versammeln oder gar zum Stehen einladen. Selbst diese besitzen noch einen beklemmenden Charakter. Zu Hause würde man sich hier auch nach Wochen nicht fühlen. Dies ist kein Ort um zu leben. Dieser Ort ist reinster Terror.
Sicherlich kann man diesen Film geschmacklos nennen. In einer der Dokus berichtet der Regisseur davon, dass dieser Film auf einer wahren Begebenheit beruht und diese tatsächlich in der hier verwendeten Höhle stattgefunden hat. Das Schauspiel-Team hat diese Info erst nach einigen Drehtagen bekommen. Montero hatte Angst sie würden dem Projekt sonst den Rücken kehren. Das wahre Geschehen im Hintergrund bereitet „Die Höhle“ einen zusätzlichen Realismus der nicht sein müsste. Es wäre mir unangenehm gewesen dies vorher zu wissen. Denn ehrlich gesagt weiß auch ich nicht was ich davon halten soll, ob ich es akzeptabel finde oder nicht. Ich habe für mich selbst da keine Antwort drauf gefunden.
Andererseits ist der Film nicht reißerisch inszeniert. Und er ist auch nicht als eine Art Pseudo-Doku angelegt. Erst dann würde ich tatsächlich von geschmacklos sprechen. Und das sehr spannende Ergebnis spricht für sich, ist es doch einzig die Inszenierung, die gute Darstellung der Schauspieler und die geglückte deutsche Synchronisation, welche „In Darkness We Fall“ (Alternativtitel) sein großes Ergebnis beschert. Die Geschichte selbst passt auf eine Serviette. Und was ungefähr wann passiert ist vorhersehbar, da naheliegend. Mit irgendwelchen überraschenden Kniffen zu kommen wäre allerdings auch völlig unsinnig gewesen und hätte dem Werk seiner Echtheit beraubt. Deswegen heiße ich diese „Vorhersehbarkeit“ definitiv gut.
Lediglich dass man aufgrund der Charakterzeichnung schon zuvor weiß wer geistig abdriften wird, wer am ehesten die Chance hat zu überleben und zu sterben und wer den Widerstand lebt, wenn es um leben und töten geht, ist schade zu nennen. Das ist einer der Minuspunkte der es nicht zulässt, dass „Die Höhle“ zum wahrlich großen Filmerlebnis wird, ebenso die etwas arg häufigen Begegnungen im Finale. Es mag sein dass es daran liegt, dass man sich als Zuschauer logischer Weise auch nicht in der Höhle zurecht findet, erst recht wenn man alles nur aus einer wackeligen Kameraperspektive heraus mit Blick auf die Steine mit ansehen darf. Aber die riesige Höhle schien mit einem Mal unendlich klein, wenn ein Flüchtling der Gruppe immer wieder auf seine Verfolger stößt. Läuft besagte Person denn nur im Kreis herum? Hier krieselt die Glaubwürdigkeit ein wenig, jedoch nicht stark genug um dem Spannungspotential in die Quere zu kommen. Denn was da an Duellen und Fallen stattfindet, ist auch im Finale nicht von schlechten Eltern.
Also, auch trotz besagter Minuspunkte finde ich „Die Höhle“ definitiv empfehlenswert. Man fühlt sich unwohl. Meist aus klaustrophobischen Gründen, manchmal gar aus körperlicher Unterlegenheit. Gerade dies macht noch einmal deutlich wie nah man als Zuschauer am Geschehen dran ist und wie stark die Identifikation an solch oberflächlichen Charakteren stattfinden kann. Eine Kaufempfehlung für die DVD kann ich trotzdem nicht aussprechen. Sie ist eine Dreistigkeit. Den zu Beginn der DVD eingespielten Trailer zu einem aktuell im Kino laufenden Film konnte ich weder überspringen noch vorspulen. Ich habe einmal gelesen, dass dieser Zwang auf Bluray des öfteren vorkommt. Mir als DVD-Nutzer ist dies jedoch bislang nicht passiert. Nun war es das erste Mal. Und wenn mir dies noch einmal bei einer Scheibe von „Ascot Elite“ passieren sollte, werde ich dieses Label in Zukunft meiden. Bei mir zu Hause entscheide immer noch ich ob ich einen Trailer gucken möchte oder nicht. OFDb
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