Obwohl in "Maniac Cop" Ende der 80er Jahre der Aufhänger eines mordenden Polizisten als große, reißerische Innovation gefeiert wurde, kam "Dirty Harry 2" schon 15 Jahre früher auf die Idee einen Streifenpolizist bei einer Verkehrskontrolle Fahrer und Mitfahrer erschießen zu lassen und anderweitig für Angst und Schrecken zu sorgen. Zugegeben, hier macht er Jagd auf durch das System geschlüpfte Verbrecher, ähnlich wie einige Jahre später im Michael Douglas-Film "Ein Richter sieht rot" thematisiert, wohingegen in William Lustigs Mix aus Action- und Horrorfilm der harmlose Bürger von nebenan Furcht vor der Polizei erhält, die meisten Folgen der Aktionen des Vigilanten werden jedoch bereits hier präsentiert. Inszeniert hat die Fortsetzung von "Dirty Harry" diesmal Ted Post anstatt Don Siegel, jener Mann der auch mit "Die Rückkehr zum Planet der Affen" dem Erfolg "Planet der Affen" eine stimmig inszenierte Fortsetzung bescherte. Und ebenso wie dort erwartet man von der Fortführung eines Kultfilmes nicht selbiges Potential wie jenes des Vorgängers.
Dennoch hält sich "Calahan" (Alternativtitel) recht wacker, nicht mehr die Brillanz und Detailtreue im analytischen Bereich des Erzählten aufkommen lassend, wie der Vorgänger auf dem er fußt, aber noch immer einen stimmigen Film präsentierend, der eine interessante Geschichte vorzuweisen hat, ohne dabei den ersten Teil zu imitieren. Gleichzeitig ist "Magnum Force" (Originaltitel) nicht einfach eine alternative Kriminalgeschichte, in welcher erneut Harry Callahan ermittelt, die Fortsetzung arbeitet bewusst mit dem Kernverhalten des Helden des Originals und damit auch mit seinen Diskrepanzen im gesellschaftlichen Umfeld. Nur wenige Wochen nach den Ereignissen des ersten Teils spielend, lässt er seinen Protagonisten erneut eine persönliche Erfahrung erleben. Bekam er im Vorgänger das Spiegelbild seines Innenlebens als Gegner vorgesetzt, so bekommt er es diesmal nach fortschreitenden Ermittlungen mit der jüngeren Generation zu tun, die quasi Harrys Einstellung zum System teilt und aus der Folge dessen einen Idealismus der mörderischen Art frönt und damit eine Weiterführung von Harrys Verhalten vertritt. Der Fluch der nachkommenden Generation, die ähnlich, aber doch vollkommen anders auf die tristen Tatsachen der Gesellschaft und ihres Justizsystems blickt, wird zu Harrys persönlichem Fluch, denn hinter der Selbstjustiz jenseits dessen was die Marke erlaubt, steht er nicht.
Es ist ein dünner Faden, den Harrys Kodex von dem der jüngeren Generation unterscheidet. Er ist der Graustufendenker, die jungen Leute vertreten das klassische Schwarz/Weiß-Denken von Idealisten. Und ebenso wie Harry in Teil 1 nicht mehr genau weiß warum er diesen Job noch verrichtet, wird bei solch dünner Trennlinie nicht immer ganz deutlich was sein Verhalten von dem der Gegner in Teil 2 trennt. Spätestens in einem offenen Dialog beider Fronten zu diesem Thema, müsste aber auch beim Zuschauer der Groschen gefallen sein. Nun wird jemand mit fragwürdiger Mentalität mit dem konfrontiert, was die nächste Generation aus seinem Gedankengut macht. Und glücklicher Weise ändert dies nichts am Verhalten des Helden, der weiß warum er tut zu was er sich genötigt fühlt zu tun, "Dirty Harry 2 - Calahan" wird kein Selbstfindungstrip, sondern mündet schlussendlich in der direkten, schießwütigen Konfrontation mit den verschworenen Neulingen, die mit dem Schießeisen gleichermaßen gut umzugehen wissen, wie der Held der Reihe. Das klingt alles oberflächlicher als die Geschehnisse des Vorgängers, das ist es auch, aber geistlos ist die Fortsetzung keinesfalls ausgefallen.
Erneut wissen einige Wendungen für Überraschungen zu sorgen, zumal man stets von einem Einzelgänger ausgeht, und erst eine finale Wendung, die aus einem unangenehmen Burschen einen wahren unrealistischen Filmbösewicht zaubert, kommt etwas zu flach daher, als dass man diesen Einfall in seiner zu schlicht abgefrühstückten Erklärung ernst nehmen könnte. Ansonsten fließt erneut ein politischer Kontext mit, erneut weiß die versteckte Dramaturgie des Harrycharakters zu fruchten, und erneut ist die Geschichte in diesem wundervoll trockenem 70er Jahre-Flair verpackt, die dieses Filmjahrzehnt so unvergessen macht und jedem noch so durchschnittlichen Film einen sehenswerten Anstrich verleiht. "Dirty Harry 2" gehört nicht dazu, er lebt nicht einzig von seiner Präsentation, sondern weiß auch inhaltlich zu gefallen, vorausgesetzt man vergleicht ihn nicht zu streng mit der Meisterleistung des direkten Vorgängers, denn etwas schlichter ist das oberflächliche Treiben und der versteckte Gehalt in zweiter Reihe diesmal definitiv ausgefallen, auch wenn noch immer stimmige Psychologie das Drehbuch durchzieht. Derart spannungsgeladene Szenen, wie im Vorgänger, gibt es diesmal nicht zu sichten, eine angenehm durchgezogene Grundspannung weiß jedoch gut genug zu funktionieren, um den Thrillergehalt aufrecht zu erhalten. Diesmal rückt der nüchterne Grundton etwas mehr in den Vordergrund, wahrscheinlich weil vieles aus Harrys Perspektive erzählt ist, aber das tut dem Streifen ganz gut. Erst im Finale hat man das Gefühl, dass alles eine kleine Spur zu gehaltlos abläuft, hier läuft lediglich das zu Erwartende ab. Dank der packenden Atmosphäre, welche der Film in dieser Phase atmet, ist aber auch dieser Kritikpunkt gerne verziehen, verfolgt man bei solch guter Umsetzung doch mit hohem Interesse die Schlussphase des Streifens. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen