Während "Eine verhängnisvolle Affäre" für Michael Douglas der Beginn seines Stempels amouröser Rollen wurde, die er in "Enthüllung" und "Basic Instinct" weiter verfolgte, war der hier besprochene Thriller für Regisseur Adrian Lyne das Folgewerk von "9 1/2 Wochen". Den Kurs hielt er später weiter fest mit der Neuverfilmung "Lolita", sowie mit seinem letzten Film "Untreu" und dem unglaublich schlechten "Ein unmoralisches Angebot". Von dessen Niveau ist "Fatal Attraction" (Originaltitel) weit entfernt, entpuppt sich der Film doch als gekonnt erzählt. Sehr langsam schaukelt er die Ereignisse hoch, zeigt uns zunächst hemmungslos das wilde Treiben der beiden Hauptfiguren und arbeitet dann, orientiert am Empfinden Dans, die negativen Seiten dieser Erfahrung sehr nachvollziehbar durch. Glaubwürdig wird aus einer sexuell reizvollen Frau eine abstoßende Person, jemand mit dem man kein Mitleid mehr empfindet, sondern nur noch zum Selbstschutz raus aus der selbst geschaffenen Situation möchte. Alex wird nicht nur zum Stalker mit deutlichen Grenzüberschreitungen, ihr ist auch jedes Mittel recht Dan an sich zu binden, und wenn sie sich hierfür selbst zerstören muss.
Der heftigste Moment diesbezüglich und ein Beweis dafür, dass die Geschichte auch beim langsamen Hochschaukeln bereits früh extreme Momente aus dem Hut zaubert, ist wohl jener, in welchem Alex sich mit aufgeschnittenen Handgelenken zärtlich bei Dan verabschiedet. Das schockt nicht nur, hier beweist sich Dans Charakter erstmals überdeutlich als sympathische Person, so dass diese Szene zwei Kernereignisse beinhaltet. Er ist kein Egoist, kein ewiger Fremdgänger. Der Zuschauer muss mit ihm warm werden, damit die Geschichte funktionieren kann, immerhin ist seine Affäre mit Alex kein Moment kurzfristiger Schwäche gewesen, er trieb es mit ihr tagelang, die Abwesenheit der Ehefrau kühl einkalkulierend, so etwas verzeiht man keinem Macho, oder keinem kühlen Workaholic, man verzeiht es bereits einem charmanten Menschen kaum. Dan ist ein liebevoller Vater, ehrlich verliebten und glücklich mit seiner Ehefrau, sowie, um auf die Beispielszene zurück zu kommen, ein liebevoller One Night Stand, der den Umständen entsprechend herzlich die Verwundete pflegt. Dan kümmert sich, soweit es ihm möglich ist, um die verletzte Alex, anstatt schnell das Weite zu suchen, und distanziert sich erst dann kühl mit klarem Schnitt von ihr, als ihm klar wird, dass rational nichts geklärt werden kann. Alex ist ein psychisch kaputter Mensch mit ernsten Problemen, und die Bekanntschaft mit Dan geht nicht weit genug, als dass er ihr in diesem Punkt helfen könnte.
Das Drehbuch unternimmt somit so einiges, um uns Dan trotz seiner Tat als angenehmen Menschen zu empfinden, und in aufgeklärteren Zeiten geschrieben funktioniert das wie angegangen auch ganz gut. Hier wird noch nicht in Schwarz/Weiß gedacht, hier darf wer mit Fehlern trotzdem noch gute Seiten besitzen, trotz Fremdgehen seine Frau tatsächlich lieben, Eigenschaften innerhalb eines Filmes, der ohnehin gekonnt Charaktere ausarbeitet, die in heutigen Filmen mit simpler Gut/Böse-Trennung im Mainstream nicht mehr denkbar wären. Weit weniger psychologisch überzeugend kommt hingegen das Ende daher, das auf Wunsch des Testpublikums verändert werden musste, und in zu schnellem Nachdreh einige Aspekte unter den Tisch fallen ließ, die eigentlich wichtig gewesen wären, um die Glaubwürdigkeit, die der Restfilm ansonsten besaß, auch hier aufrecht zu erhalten. Zumindest ist das neue Finale spannender ausgefallen, als das ursprüngliche, welches sich als Bonus auf der deutschen DVD-Veröffentlichung befindet, dennoch ist es durch sein Ignorieren vorheriger Ereignisse der Schwachpunkt eines sonst sehr starken Filmes, und dies ausgerechnet am Schluss, wo ein derartiger Tiefpunkt umso mehr nach hallt.
Da es aber zuvor ein durchgehend gekonntes Szenario in spannender Atmosphäre gibt, sich die Schlinge um Dan nachvollziehbar zuzieht, bis man ihm auch die aus dem Affekt geborenen Attacken gegen Alex zutraut, und das Drehbuch wahrlich nicht an kranken Methoden Alex' mangelt Dan das Leben zur Hölle zu machen, bleibt trotz schwachen Finales schlussendlich ein überdurchschnittlicher Film. Dafür sorgen jedoch auch die beiden hervorragend besetzten Hauptdarsteller Michael Douglas und Glenn Close. Sie habe ich erst kürzlich in ihrer großartigen Rolle als Wissenschaftlerin in "The Girl With All the Gifts" für mich wiederentdeckt, und empfand eben aufgrund der dort absichtlich unattraktiven Darstellung den Vergleich zur hier dargebotenen Rolle um so interessanter. Tatsächlich besitzt Close harte Gesichtsausdrücke, hier wie dort, und allein das macht sie bereits für beide Rollen derart gut besetzt. "Diversion" (Alternativtitel) ist ein gelungener Thriller, über dessen Existenz man gerade deswegen froh sein kann, weil derartiges heute nicht mehr möglich scheint. Er entstand in einer aufgeklärten Zeit als US-amerikanische Filme derartige Themen ohne vorwurfsvolle Tendenzen besitzen durften, man erwachsen mit den Begebenheiten umzugehen wusste und die Fähigkeit beim Autor einer Großproduktion existierte differenziert einzelne Interaktionen voneinander trennen zu können, sowie gleichzeitig das Zusammenspiel von Ursache und Wirkung gekonnt einzuflechten. OFDb
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