Vor und hinter der Kamera weht genau dieser faszinierende Wind des Gefühls zwischen den Stühlen zu sitzen und spiegelt damit genau jene wunderbar funktionierende Psychologie wieder, mit welcher der Stoff auch inhaltlich immer wieder mit den Genres Horror und Drama trumpft, während er um kein direktes zwanghaft bemüht ist. Es geht dem Autor und Regisseur Robert Sigl, der auch "Lexx - The Dark Zone 4 - Gigaschatten" inszenierte und später die beiden "School's Out"-Horrorfilme fürs TV drehte, einfach um die Geschichte an sich, die zwar dünn anmuten mag, aber dank der atmosphärisch dichten Inszenierung intensiv zu wirken weiß. Fasziniert hat mich das offene Spiel mit der Identifizierung des Täters, ebenso seine seltenen Taten zugunsten einer Vertiefung des Umfeldes Laurins. Sigl lässt uns eigene Beobachtungen machen, erklärt und bestätigt nicht viel und lässt dem Zuschauer somit die Möglichkeit "Laurin" auf sich wirken zu lassen. Das wird bei jedem ein individuell anderes Ergebnis verursachen, ohne dass der Regisseur damit einen eigenen Stil einbüßen würde. Sigl weiß was er tut, hält den Zuschauer aber schlichtweg für mündig genug mit dem Gezeigten eigene Erfahrungen zu machen.
Aufgrund dieser Herangehensweise und der damit entfachten Wirkung ist es auch nicht weiter schlimm, dass der Schluss rein von der Erzählung her arg banal anmutet, geht es in "Laurin" doch nicht vordergründig um einen auf ein Ziel hinaus laufenden Erzählstrang, geschweige denn rein um den Unterhaltungswert und um Schauwerte. Das soll nicht heißen, dass die Geschichte ins Leere läuft bzw. die ganze Zeit über orientierungslos vor sich hin plätschert. "Laurin" arbeitet bewusst auf eine Entscheidung der Titelheldin hin, freilich mit Blick auf das Erwachsenwerden, wenn die arme, die ohnehin eine bittere Kindheit hatte, sich selbst beschützen muss - und ihre Oma noch dazu. Hier gibt es keinen Jäger, der den Wolf erschießt. Laurin muss sich ihm selber stellen, und der Vergleich passt, so oft wie Sigl mit Elementen aus Rotkäppchen spielt, einmal sogar in der Gegenüberstellung Kind und Hund, ein fesselnder Moment. Auf das Thema Märchen zurückzugreifen ist ohnehin keine falsche Idee, wenn man einen zu Film gewordenen Alptraum inszenieren möchte. Ebenso die Entscheidung surreal und psychologisch durchdacht zugleich zu arbeiten, so wie es ein Traum tut, was nur ein weiteres Beispiel des zwischen den Stühlen sitzen ist, welches ich vorhin ansprach.
So schwer das Funktionieren und Wirken von "Laurin" auch in Worte zu fassen ist, so klar sind zumindest manche Mittel, mit denen der Film ein solch positives Ergebnis erzielt. So ist die Hintergrundmusik stets gut gewählt für das anvisierte Spannungspotential, und Laurin ist mit Dóra Szinetár zuckersüß besetzt. Die Tiefe ihrer Augen wird des öfteren zum funktionierenden Motor einer von Sigl anvisierten Stimmung. Diesem jedes Herz erwärmenden Wesen setzt er den nicht minder gut besetzten Károly Eperjes als Bösewicht entgegen, dessen Spiel wahrlich zu verstören weiß. Er legt seine Rolle leidend an, jedoch ohne zu bereuen. Das verleiht ihm eine teuflische Wirkung, gerade weil er sonst oft so menschlich und freundlich wirkt. "Laurin" ist ein Liebhaberstück, ein Werk für Cineasten anstatt für engstirnige Genre-Freunde. Er ist nie zu direkt erzählt, aber auch nie zu subtil, strahlt eine bescheidene anstatt eine bemühte Mentalität aus, lässt solch leise Töne anklingen, dass die Geschehnisse eine Banalität vorgaukeln und bestätigt Vermutetes immer nur dann, wenn es für die Geschichte notwendig ist. So bleibt es z.B. Interpretationssache ob Laurin all die Zusammenhänge von dem begreift, was sie in ihren Visionen sieht. Und auch die Hintergründe aus der Kindheit des Schänders werden lediglich angedeutet. OFDb
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