29.07.2023

FINSTERWORLD (2013)

Finsterworld ist kein Ort, es ist das Prinzip Mensch, gezeigt anhand einzelner Personen und Situationen, leicht verwoben jeweils mit dem Rest episodenartig präsentiert, und damit einen Gesamteindruck der Menschen und der Zeit, in der wir leben, wiedergebend, was Finsterworld dann doch wieder zu einem Ort macht. Es geht um Sehnsüchte, die nicht erfüllt werden können, um tote Blickwinkel, fehlerhafte Selbsteinschätzungen, Entscheidungen die über einen begrenzten Blickwinkel getroffen werden, viel Reden ohne Kommunikation, mangelnde Empathie, falsche Zeitpunkte, Missverständnisse, Fetische, tiefe Empfindungen, Angelerntes, Angestautes, dies fast alles in einer Art Taubheit und Resignation gezeigt, da von den Figuren so gelebt, meist ohne es zu bemerken, wahr haben zu wollen, zu akzeptieren. Angetrieben von Wünschen und Motivationen, sind die einzelnen Charaktere sich beim Erfüllen dieser meist selbst im Weg, leben nicht immer was sie wollen, erscheinen nicht nach Außen so wie sie sind, vertrauen den Falschen und den Richtigen. 

"Finsterworld" ist ein Werk voll düsterer Pointen, selbst manch glücklich endender Handlungsstrang wirkt bitter und entrückt. Der Film fasst alles zusammen, was Gesellschaft heutzutage ausmacht. Letztendlich leben alle isoliert im Kosmos ihrer eigenen Wahrnehmung, versuchen andere für einen Einblick in ihren zu gewinnen (nicht zwingend nur von Mensch zu Mensch), und das führt zu Frust, Wut, Verzweiflung, Verletzlichkeit, egal ob reflektierender Mensch oder nicht, egal ob jung oder alt, Einsiedler oder Gruppenmitglied, Empath oder Egoist, Denker oder Ignorant, Stiller oder Schwätzender, Täuscher oder Getäuschter. Der zusammenhängende Mikrokosmos "Finsterworld" macht deutlich wie sehr wir uns beim Verstehen und Selbstverwirklichen nur bedingt entwickeln können, allein aufgrund Einflüsse anderer, fehlender Informationen und eingeschränkter Blickwinkel. Ziele können näher rücken, Irrtümer zu Chancen werden, Wahrheiten ausgesprochen werden, und doch sind es immer kleine Schritte in Richtung eines unerreichbaren Zieles.

Frauke Finsterwalder, die auch das Drehbuch mit schrieb, zeigt uns das alles in ihrem Spielfilmdebüt sehr besonnen, distanziert und sachlich, gleichzeitig aufwühlend, verstehend, mitempfindbar. Kalt wird es einen nicht lassen. Weder die zarten Anfänge des Kennenlernens, die Verirrungen im Mittelteil, noch die oftmals radikalen Konsequenzen am Schluss. Aus einem unschuldig scheinenden Film wird ein entlarvendes Bild des Menschen unserer Zeit in unserer Kultur - aber eben auch ein verständnisvolles. Der Mensch wird kritisch hinterfragt, und doch fragt man sich gleichzeitig, ob weniger kritische Blicke, Entspannung und das Akzeptieren der Grenzen und der Gesamtheit aller Einflüsse eine Lösung wäre sich selbst als Mensch und die eigene Gattung an sich besser akzeptieren zu können, in einer Zeit der Verachtung der eigenen Spezies. Allein deswegen scheint der Handlungsort Deutschland, aufgrund seiner düsteren Vergangenheit, für dieses Werk ideal.  Wiki

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