22.09.2024

DERANGED (1974)

Ezra Cobb lebt einzig für seine kranke, pflegebedürftige Mutter, die ihn in ihrem religiösen Wahn stets vor fleischlichen Versuchungen warnt. Als sie stirbt, kommt Ezra nicht damit zurecht. Er gräbt sie wieder aus und pflegt sie weiter. Er driftet derart von der Realität ab, dass er auch zum Mörder wird, von den Mitmenschen in der Kleinstadt nicht bemerkt, die ihn für einen harmlosen, schrulligen Kerl halten...

Jung anstatt alt, eigene Mutter anstatt fremder Leichen...

Die Taten des Serienkillers Ed Gein schockierten die Welt, bei all den Abartigkeiten, die im Zuge seiner Festnahme zutage kamen. Während die Filmwelt sich seiner in den populäreren Werken stets stark verändert annahm, was die großen Unterschiede zwischen "Psycho", "Das Schweigen der Lämmer" und "Blutgericht in Texas" sehr deutlich machen, wollten die Verantwortlichen von "Besessen" (Alternativtitel) möglichst nah von den Geschehnissen berichten, die einst tatsächlich geschahen. Wirklich rekonstruiert hat man dies jedoch nur bedingt, denn auch ein Werk wie dieses sollte an den Kinokassen lukrativ ankommen, entsprechend ein Publikum locken, und so veränderte man dann doch genug, als dass man nicht von einem authentischen Bericht sprechen kann. Ein angeblicher Reporter von einst wird als Erzähler gewählt und wird damit bereits zu Beginn zu einer Fiktion des angeblich wahren Stoffes. Selbst Ed Geins Name wurde verändert. 

Ich bin nicht bös drum, tu ich mich doch immer mit jenen cineastischen Ergüssen etwas schwer, die das Thema realer Serienkiller auskosten, angeblich um zu informieren, meist jedoch um dann doch reißerischer Natur ein Publikum zu bedienen, dass sich an derartigen Taten aufgeilt. "Deranged - Geständnisse eines Nekrophilen" ist ein Alternativtitel, der derartiges vermuten lässt, und so ganz kann sich das Werk nicht davon freisprechen etwas derartiges zu sein. Aber er ist nicht ohne Reiz inszeniert, irgendwo pendelnd zwischen dem Willen etwas relativ nah an realen Ereignissen orientiert zu erzählen und dem Unvermögen der Versuchung zu widerstehen, doch nur einen schmuddeligen Horrorfilm abzuliefern, der dem abseitigen Kino angehört. Derartiges Kino meide ich nicht und hat hervorragende Werke hervorgebracht, aber der Mangel an psychologischem Verständnis zur Erörterung von Cobbs geistigem Abdriften jenseits üblich gewordener Filmklischees und die Versuchung mit Gewalt und Attraktivität Schauwerte zu integrieren, verhindern ein meisterliches Ergebnis dieses gar nicht mal schlecht erzählten Films, in welchem auch Bob Clark ("Porky's", "Dead of Night") ungenannt als Produzent und Mit-Regisseur seine Hände im Spiel hatte. 

Als reißerischer Außenseiterfilm ist "Deranged - Confession of a Necrophile" (Alternativtitel) jedoch geglückt genug, wirkt er doch nie lächerlich oder unlogisch, ist er doch in dreckige Bilder gepackt und trifft er doch für diese Art Film stets den richtigen Ton. Und der größte Pluspunkt ist jener der Hauptbesetzung. Roberts Blossom spielt glaubwürdig, rutscht nie zu stark in die Position von Opfer und Täter ab, obwohl er beides verkörpert, was mitunter aber auch an der angenehm emotionslosen Herangehensweise der Erzählung liegt, womit der schmutzig anmutende Stil gekonnt eine Position zur Sachlichkeit vorgaukelt. Ich mag diesen Film, obwohl ich nicht nur Reißer realer Serienkiller verurteile, sondern mich auch allgemein mit jenen Killerfilmen schwer tue, in denen psychologisch schlicht und meist mit viel Geschwätz und Folter angeblich die Psyche des Täters erkundet wird. Ich denke es fiel mir schlichtweg leichter mich in diesem Falle darauf einzulassen, da die Originalereignisse letztendlich doch zu stark entfremdet wurden, und der Film der Welt um Ezra herum genug Einfluss gewährt, um nicht einzig seiner Entgleisung ausgesetzt zu sein. So oder so ist "Deranged" ein Film für Freunde abseitigen Kinos. Dies nicht nur aufgrund seiner abscheulichen Thematik, sondern auch wegen seiner trockenen, emotional distanzierten Erzählweise und seinem Hang zu quantitativen Schauwerten, auch wenn er diese nicht inflationär einsetzt.  OFDb

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