Pearl lebt 1918 unglücklich auf der Farm ihrer Eltern. Die jung Verheiratete wäre lieber Tänzerin, anstatt Ställe auszumisten und die Tiere zu füttern. Ihr Ehemann ist im Krieg, ihr Vater ein Pflegefall, die Mutter dominant und kontrollsüchtig. Doch sie hat ihre Gründe dafür...
Die beste Vorstellung ihres Lebens...Nach "X" erfahren wir im Prequel die Vorgeschichte von Pearl noch im selben Entstehungsjahr. Diese mag sich oberflächlich betrachtet nicht von vielen vergleichbaren Stoffen unterscheiden, es ist jedoch die Umsetzung, die "Pearl" alles andere als gewöhnlich erscheinen lässt. Der Mittelteil der Trilogie ist so hervorragend abgefilmt, wie sein Vorgänger, spielt freilich mit anderen Sehgewohnheiten und Anspielungen und verweist eher gelegentlich stilistisch mit seinen eingefangenen Bildern auf vergangene Filmzeiten. Die beziehen sich nicht zwingend auf das Genre Horror, ebenso wie die verwendeten Zitate, die auch mal aus "Das zauberhafte Land" stammen können. Mehr denn je lebt der zweite Teil von der Performance Mia Goths, so sehr wie sie diesmal im Zentrum steht, und erneut liefert sie eine Glanzleistung ab. Bewusst verwenden West und Goth direkte Parallelen zur Protagonistin aus dem Vorgänger, da wäre aufgrund zu extremer Zufälle weniger manchmal mehr gewesen, aber dieses Spiel an sich reizt dennoch. Trotz mancher Ähnlichkeit zu Stephen Kings "Carrie - Des Satans jüngste Tochter" erzählt "Pearl" letztendlich das Gegenteil. Hier ist die Mutter Opfer und die Tochter Täter. Und es erfreut im Laufe der Zeit festzustellen, dass wir keineswegs der Entstehungsgeschichte einer Psychopathin beiwohnen, sondern immer deutlicher bemerken dürfen, dass diese bereits vorhanden ist, und dies keineswegs aufgrund der traurigen Umstände, in denen die junge Frau verweilt. Derart dämliche Klischees bedient der Film nicht, und reflektiert wie er ist streift er die dennoch vorhandenen bewusst.
Dass mit Pearl etwas nicht stimmt, merken wir früh, wenn Kleinvieh getötet und auf "Lake Placid"-Art ans ortsansässige Krokodil verfüttert wird. Wie weit die Störung jedoch tiefer geht, erfahren wir erst im Laufe der Zeit. Wenn die dunkle Seite aus Pearl auch für Randfiguren erkennbar hervor bricht, erlebt man eine Naturgewalt. Dies nicht nur bei den zu erwartenden Morden, sondern auch bei seelischen Zusammenbrüchen, von denen zwei hervorhebenswert sind, da sie zu den Höhepunkten des Streifens gehören. Neben einer intensiven Heulszene, welche die filmtypischen Mauern in ihrer Extreme durchbricht (vergleichbar mit den hysterischen Schrei-Szenen aus "The Blair Witch Project"), bildet die andere von beiden die erste Hälfte des Finales, das entgegen der üblichen Vorgehensweise einen sehr langen Monolog präsentiert, anstatt uns neue Ereignisse und Erkenntnisse zu präsentieren, die zu den endgültigen Schlussmomenten führen. Für ein Publikum, das nicht nur den Standard bedient bekommen möchte, zahlt sich der Mut von Ti West und Mia Goth, die beide das Drehbuch schrieben, aus. Man klebt regelrecht an Pearls Lippen. Und eine endgültig am Schluss gesetzte, wundervolle Pointe, deren Abblende fast schon verärgert, so gerne wie man davon mehr gesehen hätte, entschuldigt für die offene Frage, wie unsere Pearl wohl den heimgekehrten Ehemann davon überzeugt hat, bei ihr zu bleiben, so wie wir es aus "X" schließlich wissen. Wahrscheinlich wäre auch dies eine erzählenswerte Geschichte. Aber der Schlussteil der Trilogie spielt stattdessen in den 80er Jahren und konzentriert sich auf die andere Rolle, die Goth im Erstling mimte. Leider kann "MaXXXine" an die beiden Vorgänger nicht so gekonnt anknüpfen, wie diese ausgefallen sind. Aber davon erzähle ich ein andermal. Wiki
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