04.08.2012

MOM (1990)

Um ein wenig Geld nebenbei zu verdienen, vermietet die Rentnerin Emily ein Zimmer in ihrem Haus an den blinden Nestor. Der entpuppt sich jedoch als Menschenblut-trinkende Kreatur und macht Emily zur selbigen, als diese auf sein Geheimnis stößt. Als ihr Sohn Clay beobachtet, wie Emily mit Nestor einen Obdachlosen verspeist, ist dieser davon überzeugt, dass seine Mutter lediglich krank ist. Nachdem Nestor außer Gefecht gesetzt ist, sorgt Clay dafür, dass Mama nicht mehr morden geht. Er sperrt sie zu Hause ein, um sie zu heilen.  Doch Emilys Appetit ist nicht zu bremsen...

Was hast Du getan, Mutter?...
 
Es sind manchmal kleine Überraschungen, die auf den Cineasten warten, wenn sich dieser an einen Film wagt, der vor Jahren den Weg auf VHS fand, um danach nie wieder etwas von sich hören zu lassen. „Mom“ sah ich als Jugendlicher, und ich hatte ihn bislang nie wieder angesehen, da man ja weiß wie schlecht der Filmgeschmack in jungen Jahren sein konnte. Ein Cover, irgendwo schwankend zwischen lächerlich, reißerisch und doch charmant, so wie eine Geschichte, die an den mittelmäßigen, 5 Jahre später erschienenen „Evil Date“ erinnerte, ließen eine eher schwache Produktion vermuten.

Krank im Urlaub wuchs das Interesse mich wieder mal an alte Sichtungen von einst heran zu wagen, und im Falle von „Mom“ hat sich das auch gelohnt, auch wenn wer im Endeffekt nicht mehr geworden ist, als der kleine, fröhliche Zwischendurchverzehr für den nimmersatten Horror-Fan. Mit den vorhandenen Zutaten hätte er jedoch auch ein höheres Ziel erreichen können. Zunächst einmal fällt auf, dass die Schauspieler sich alle auf einer mittelmäßigen Ebene befinden, so dass es recht hilfreich für die Geschichte ist, dass die Mutter in der deutschen Sprachfassung so eine wundervoll-naiv-brave Omastimme beschert bekommen hat. Das macht mehr wett, als man meinen sollte.

Ähnlich mittelmäßig beginnt die Geschichte, die am Anfang tatsächlich nichts mehr zu sein scheint, als der nächste 08/15-Horror von der Stange. Da man das Monster recht früh sichten darf, erfährt man auch früh, dass aus diesem Bereich keine Pluspunkte zu erwarten sind. Die Kreatur auf dem Cover wirkt gruseliger, als die lächerliche Fratze im tatsächlichen Film. Patrick Rand setzt sie jedoch nur in schnellen Sequenzen ein, so dass sie noch im selben Moment aus dem Bild verschwunden ist, in dem man sich noch über die Lächerlichkeit ihres Aussehens erschreckt.

Auch in seiner eher schwachen Phase, ist „Mom“ eigentlich ein recht netter Durchschnitts-Horror. Aber so richtig interessant wird er nach etwa einer halben Stunde, wenn die Kreatur Nestor der Vergangenheit angehört, und die Rentnerin nach Menschenblut lechzt, während ihr Sohn sie zunächst heilen will und später nur noch damit beschäftigt ist sie von zukünftigen Opfern fern zu halten. Von nun an ist es allein schon toll zu beobachten, wie sich die Mutter-Sohn-Rolle vertauscht, und es nun der Sohn ist, der sich um seine Mutter kümmern muss. Bereichert durch eine Zusatzszene, in welcher der Sohn auf „Hellraiser“-Art seiner Mutter doch noch einen Imbiss gewähren will, erleben wir zudem eine umgedrehte Rotkäppchen-Situation, in welcher sich eine Prostituierte als ahnungsloses Rotkäppchen entpuppt, während die Großmutter keinen Wolf mehr benötigt, um zur Bedrohung zu werden.

Es ist nur eine kurze Schwäche des Sohnes, die ihn zu dieser Tat verleitet, um sie sogleich zu verhindern. Dass er Mama die Prostituierte doch nicht als Mahlzeit gewährt, ist auch wichtig, da der Film eben von der Haltung des Sohnes lebt und in eine eher uninteressante Richtung umschwenken würde, wenn von nun an Mutter und Kind gemeinsam auf Opferjagd gehen würden. Die Szene ist jedoch nicht nur die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, sie ist wichtig um den Sohnemann in Schwierigkeiten zu bringen, denn dessen Probleme nähern sich von allen Seiten, körperliche wie soziale. Und wer würde einem Mann in seinen besten Jahren schon glauben, seine so brav wirkende Mutter habe gemordet, wenn diese Behauptung von einem ihr körperlich überlegenen Mann kommt, der sozial abgedriftet ist und seine Mutter ans Bett fesselt?

Eine brave Oma, die mordet, verdrehte Mutter-Sohn-Situation, vieles an der Geschichte klingt humoristisch, und in gewisser Weise ist es dies sicherlich auch. Wenn eine alte Frau mit braver Stimme darum fleht doch nun etwas essen zu dürfen, und wir alle wissen, dass sie damit eigentlich eine Lizenz zum Morden erbittet, ist das schon ein schwarzer Humor, der nicht von der Hand zu weisen ist. Und fast schon auf Zeichentrick-Art trickst die Mama immer wieder ihren Sohn aus, um doch noch an Nahrung zu geraten. Auch dies entbehrt sich nicht einer gewissen Komik.

Allerdings lässt Regisseur Patrick Rand nur jene leichte Komik zu, die mit der Geschichte automatisch entsteht. Nichts ist wirklich augenzwinkernd erzählt oder mit weiterer Komik angereichert. Ganz im Gegenteil, Rand erzählt seine Geschichte von der dramatischen Seite aus, und es ist interessant mit anzusehen, wie reichhaltig sich die Geschichte entpuppt, wenn man ihr die Chance gibt sich aus ernst gemeinter Sicht zu entfalten. Das ist sicherlich nicht das was die Masse sehen will, aber für ein experimentierfreudiges Publikum ein gehaltvolleres Ergebnis als vermutet.

Dennoch bleibt „Mom“ lediglich ein angenehmes Filmchen für zwischendurch, denn das ganze Rezept psychologisch sinnig zu präsentieren ist ein Talent, welches Rand zu fehlen scheint. Die ernste Thematik dient zu Unterhaltungszwecken, Glaubwürdigkeit, um mehr zu sein als eine toll erzählte Geschichte, baut sich nie auf. „Mom“ bleibt ein Märchen für Erwachsene und schafft nie den Weg ins Authentische. Das beginnt damit, dass nie ein innerer Konflikt bei der Mutter stattfindet, die immerhin noch einige menschliche Eigenschaften in sich trägt (was eine von ihr vor dem Finale begangene Tat um so schockierender wirken lässt). Auch die Dramatik rund um die Person des Sohnes hätte wesentlich tiefer gehen können, als der grobe Anriss den wir zu sehen kriegen.

Man hätte also vieles noch eine Spur intensiver angehen können, ohne dabei den Pfad der Unterhaltung verlassen zu müssen. Im fertigen Produkt klingen viele Ideen kurzfristig an, was „Mom“ Reichhaltigkeit beschert, aber meist belässt man es bei der genannten Idee, anstatt dieser weiter zu folgen. Das ist etwas schade, könnte aber vielleicht erklären, warum Patrick Rand nie wieder einen Film gedreht hat. Andererseits finde ich das schade, denn „Mom“ hat wirklich Spaß gemacht und war inhaltlich mehr als der übliche Durchschnitts-Grusler von nebenan. Da wären weitere Werke von Regisseur und Autor Rand wünschenswert gewesen.  OFDb

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