Ernst erzählt der Pole Jerzy Skolimowski in seinem britischen Film „Der Todesschrei“ die Geschichte um einen mörderischen Ton, eine Geschichte wie sie wohl heutzutage nur noch Platz in einem Trash-Film finden würde. Geradezu respektvoll geht er mit diesem Thema um, taucht es in einen mystischen Hintergrund, erzählt das phantastische Geschehen dramatisch orientiert und präsentiert den Streifen, passend zur Stimmung des Filmes, in tristen, trostlosen Bildern. Hierfür kommt ihm die typische Bildqualität der 70er Jahre ebenso zu Gute, wie die in Europa noch übliche Art natürlicher Darstellung von Personen und Situationen. Nichts ist wirklich Kino-orientiert, außer vielleicht der Aufhänger um den Todesschrei. Alles andere wirkt erstaunlich normal inmitten einer an sich ominösen Geschichte.
Normal trifft es vielleicht doch nicht so ganz, gerade bezogen auf die Mehrdeutigkeit des Streifens, der stets damit spielt frei von Wertung Normales und Unnormales zu vergleichen, die Grenzen verschwimmen zu lassen und sich jeglicher Erklärung zu entziehen, spätestens durch den Gesichtspunkt dass die Geschichte von einem vermeintlich Geisteskranken erzählt wird, der zudem noch zuvor betont er variiere die Erzählung gerne wie es ihm gerade passt. Damit kann man „The Shout“ aus verschiedenen Perspektiven sehen, was ihm, neben seiner technisch hervorragenden Seiten, zu einem anspruchsvollen Kunstfilm werden lässt, in einem Stil wie er nur in den 70er Jahren entstehen konnte.
Und mag das auch alles noch so reizvoll klingen und sehr gut von den Akteuren (u.a. John Hurt und Tim Curry) gespielt sein: wirklich gefallen hat mir „Der Todesschrei“ nicht. Mag sein, dass ich tatsächlich einen gewissen Grad Trash benötige, liebe ich doch eigentlich die skurrilen Werke der 70er Jahre, und mögen es noch so unbeholfene Filme wie z.B. „The Destructor“ sein, der mich trotz seines mittelmäßigen Ergebnisses in seiner Art schon sehr fasziniert hat. Gut gefiel mir auch „Der Kuss der Tarantel“ und „Invasion der Bienenmädchen“. Auch „California Axe Massacre“ zählt zu den Filmen dieser Zeit, mit denen die Masse schon immer nichts anfangen konnte, ich aber sehr wohl. Doch „Der Todesschrei“ gefällt mir nur in seiner Theorie, und ich kann nicht genau sagen woran das liegt.
Dass er sehr nüchtern erzählt ist, ist eigentlich eine Zutat die ich an solchen Werken mag. Ich finde es interessant wie er das gnadenlos Ehrliche dem Verlogenen gegenüber stellt und damit Gut und Böse verdreht und vermischt, oder zumindest auf den Prüfstand stellt. Ich mag das Spiel und die offene Art im Umgang mit verschiedenen Mentalitäten, mit Nacktheit und mit Ehrlichkeit. Ich mag die Vielschichtigkeit die für das Kino aus der Streitgesellschaft herauszuholen war und erst durch das politisch Korrekte für den geistvollen Filmfreund gebremst wurde. Hier gibt es noch Individuen und Handlungsweisen- und gründe die ohne Wertung gelebt werden. Von allem was Filme bis tief in die 80er Jahre hinein so lebendig werden ließ, weiß auch „Der Todesschrei“ zu zehren. Und doch: er schaut sich mir zu theoretisch.
Freunde ungewöhnlicher Filmstoffe sollten ruhig ein Auge riskieren. Wer gerade die Kunstform Film ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit beim Sichten rückt, wird fasziniert sein, im Gegensatz zu mir „The Shout“ auch richtig gut finden. Aber so sehr sich Skolimowski auch bemüht seine Geschichte rätselhaft und leicht hypnotisch wirken zu lassen und den Zuschauer auf die Suche nach Wahrheit zu schicken, er ist mit seinem Ergebnis weit von Meisterwerken wie „Picknick am Valentinstag“ entfernt. Wirklich anstecken wollen Faszination und Atmosphäre nicht. Zumindest nicht bei mir! Denn mir ist in solchen Werken auch immer der Unterhaltungswert wichtig, und der kommt mir hier zu kurz. OFDb
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