Hänsel und Gretel ist neben Rotkäppchen eigentlich das ideale Märchen, um es für einen erwachseneren Stoff umzumodellieren. Die Idee das Märchen der Gebrüder Grimm als Grundlage zu nehmen, um aus den mittlerweile erwachsenen Hänsel und Gretel professionelle Hexenjäger zu machen, hat durchaus seinen Reiz, erst recht wenn man genügend Geld für ein solches Projekt hat, um eine vergangene Alternativ-Welt, in welcher es Zauber und Wunderwesen gibt, möglichst authentisch wiederzubeleben.
Schade dass Regisseur Tommy Wirkola, dessen „Dead Snow“ mir schon nicht sonderlich zugesagt hat, nicht mehr aus der Chose zu ernten versteht als ein Action-orientierter Schnellverzehr ohne Tiefe, Atmosphäre und Charme, einzig für den boa geil-Effekt inszeniert und für das prollige Tammtamm der obligatorischen auf die Fresse-Szenen. Aber so funktioniert das Blockbuster-Kino von heute leider. Eine Geschichte wollte man nicht erzählen, Tempo und Spezialeffekte sind alles, und da alles schnell, schnell, schnell geht, wird nicht nur auf Geist und Dramaturgie verzichtet, sondern gehen auch die bemühten Ideen wirkungslos unter, im Falle des hier besprochenen Filmes sind es die eigentlich recht einfallsreichen unterschiedlichen Hexenkreationen, auf die man nicht genug achten kann, so schnell wie die Bildabfolge ist.
Zumindest ist „Hänsel und Gretel - Hexenjäger“ kein unerträglicher Bullshit a la „Transformers“ oder die Filme des Roland Emmerich geworden. Auf weit heruntergeschraubter Light-Basis wird man zumindest kurzweilig unterhalten. Und das könnte einen vielleicht noch schlicht besänftigen, würde man von den Verantwortlichen des Streifens nicht so penetrant unterfordert werden. Der Zuschauer darf nichts mehr in einem solchen Film. Er darf nicht mitfühlen, er darf dank fehlender Überraschungen nichts erwarten und Gott bewahre: bloß nicht denken.
Tommy Wirkola serviert dem dümmsten unter den dummen Zuschauern alles auf dem silbernen Tablett. Selbst Geheimnisse, die üblicher Weise für einen Umschwung innerhalb der Geschichte sorgen, sind sofort zu durchschauen, man versucht sie nur anzudeuten und verrät trotzdem gleich alles. Das ist schon richtig peinlich zu nennen, da der Drehbuchautor damit verrät, dass er seinen Beruf nicht verstanden hat. Warum sollte er sonst trotz dieser Art der Umsetzung gegen Ende mit dem „Geheimnis“ tatsächlich wie man es gewohnt ist besagten Umschwung einbauen?
Dass ein Troll meiner Meinung nach überhaupt nicht in die an sich familiengerecht düstere Umsetzung passt, ist eher ein sehr persönliches Empfinden, erinnerte mich dieses unsympathische Stück Freund doch arg an den Begleiter des Mädchens aus Hensons „Die Reise ins Labyrinth“, einen Film den ich ebenfalls nicht so prickelnd fand. Im Gegensatz zu dem versucht „Hänsel und Gretel - Hexenjäger“ zumindest nicht den Zuschauer in Kitsch zu ertränken. Er erzieht auch nicht versteckt den Zuschauer, wie es US-amerikanische Werke sonst gerne machen, und er ertrinkt nicht im geistlosen Pathos.
„Hänsel und Gretel - Hexenjäger“ will nur unterhalten, und wem es egal ist von heutigen Produktionen nicht gefordert zu werden, dem wird das bei der optisch professionellen Umsetzung auch sicherlich gefallen. Die am Anfang und am Ende gesetzten Off-Kommentare richten sich derart offensichtlich an ein Publikum von Proleten, dass man mir die Behauptung, sie seien das Zielpublikum, zumindest nicht als Lästern ankreiden kann. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen