Nach „Within the Woods“ und „Tanz der Teufel“ erzählt Sam Raimi nun zum dritten Mal seine Geschichte um böse Dämonen im Wald und lässt hierfür erneut eine Figur namens Ash in die legendäre Waldhütte reisen. Zwar ist es diesmal jener Ash, mit dem es in den fortsetzenden Projekten zu „Tanz der Teufel 2“ auch weitergehen soll, so dümmlich wie in „Armee der Finsternis“ und „Ash vs. Evil Dead“ wird er jedoch nicht gezeichnet. Er wirkt etwas unsicher, ist, wie es jeder in dieser kaputten Situation wäre, völlig überfordert, und sein Grundcharakter ist einfältig zu nennen, aber dumm ist er eigentlich nicht, dafür handelt und argumentiert er in Relation zu der wahnwitzigen Situation, der er gegenübersteht, relativ rational, und auch seine großmäulige Ader ist noch nicht derart ausgeprägt wie in den Fortsetzungen und zeigt sich nur gelegentlich in manch sexistischen Harmlosigkeiten am Rande.
Raimi tut gut daran den Stoff einmal humoristisch aufzuarbeiten, ist sich aber auch des perfekten Mixes aus Horror und Komik bewusst. Es dauert gar einige Zeit bis sich aus dem düsteren Treiben die schwarze Komik herauskristallisiert, so gekonnt wechseln sich beide Genres ab, bzw. gehen sie Hand in Hand, womit „Evil Dead 2“ (Originaltitel) stilistisch weit vom humordominanteren Nachfolger „Armee der Finsternis“ entfernt ist. Am besten passt wohl der Vergleich zum ersten „The Return of the Living Dead“ wenn man das Zusammenspiel von Humor und effektiven, spannungsgeladenen Horrorszenen beschreiben müsste. Hier wie dort stehen Grusel, Schock, Wahnsinn und Momente des Schmunzelns und des Lachens zielsicher nebeneinander, ohne einander zu behindern, sondern ganz im Gegenteil ein fruchtbares Miteinander zu führen, welches den Zuschauer in ein Abenteuer entführt, welches bis heute von der Konkurrenz unerreicht bleibt.
Raimi und seiner Crew stehen sichtbar mehr Dollar zur Verfügung, so dass Spezialeffekte für seine Zeit zu überzeugen wissen, weniger überzeugende Momente gar absichtlich unprofessionell eingebracht scheinen, um die Einfältigkeit von Ashs Charakter auch in die Grundatmosphäre des Streifens integriert zu bekommen. Nicht nur dass es den Verantwortlichen des Streifens keineswegs an kranken Ideen mangelt - die bekommt man hier am laufenden Meter geboten - die visuelle Umsetzung bringt den Zuschauer mehr als gelegentlich zum Staunen und weckt in jungen Gemütern hin und wieder ihre Phantasie. Allein den lebenden Wald beobachten zu dürfen, ist eine optische Wucht für sich, freilich alles 1987 noch handgemacht umgesetzt.
Die Handlung des ersten Langfilmes wird komprimierter umgesetzt. Bereits der Vorgänger des hier besprochenen Filmes stieg zügig ins Geschehen ein. Raimi erwartet, dass der Zuschauer den Grundplot nach zwei Erzählungen bereits kennt und schafft es die Ausgangslage in etwa 5 Minuten abzuarbeiten, ohne dass sich „Der Totentanz der Teufel 2“ (Alternativtitel) deswegen ungemütlich und zu gehetzt schaut. Der Grundton stimmt, der Zuschauer wird nicht enttäuscht, und selbst wenn es in der Ausnahme einem Zuschauer nicht schmecken sollte, er würde nicht lange meckern, nutzt Raimi diesen rasanten Einstieg doch für die Chance sich für einen Aspekt mehr Zeit zu lassen, den er in „Tanz der Teufel“ nur bedingt thematisieren konnte: Ashs einsamen Kampf gegen das Böse in der Hütte. Von einigen wenigen Szenen zukünftig wichtiger Figuren einmal abgesehen, besteht die Hälfte der Laufzeit von Teil 2 aus einer One Man-Show Bruce Campbells, der sich als Ash sämtlichen Bedrohungen entgegensetzen muss.
Klassisch beginnt das Szenario mit dem Körperbesitz der Freundin durch einen Dämon (im weiteren Verlauf darf es diesmal auch männliche Körper treffen), ein Szenario welches auch nach derer Beerdigung mit allerhand skurriler Ideen vielschichtig ausgeschlachtet wird, während Ash es ansonsten mit dem Inventar der Hütte zu tun bekommt, da die Dämonen diesmal wirklich alles besetzen können, bishin zu Ashs eigenem Körper. In einer der legendärsten Szenen besetzen die Dämonen Ashs Hand. Hier kann Campbell sein komplettes Können in Sachen Schauspielerei und Grimassenreißerei unter Beweis stellen, gönnt man ihm bei dieser grandiosen Darbietung doch seine One Man-Show, die freilich stilistisch viel dicker aufgetragen ist, als all das kranke Geschehen des bereits nicht zurückhaltenden Vorgängers. Selten ist dies der Fall, doch diesmal gefällt mir die lautere, wildere und schrillere Variante ein und des selben Stoffes mehr als die noch ansatzweise subtilere, wesentlich düstere Vergleichsversion, sprich ich liebäugel mit „Tanz der Teufel 2 - Jetzt wird noch mehr getanzt“ (Alternativtitel) mehr als mit dem ebenfalls hervorragenden „Tanz der Teufel“, eben weil hier so ziemlich alles perfekt ineinander greift. Lediglich manche zeitlichen Aspekte, meist wenn Ash aus der Kameraperspektive heraus von etwas Unbekanntem verfolgt wird, sind nicht glaubwürdig umgesetzt.
Lauter und weit weniger subtil ist freilich auch das Zentrum des Vorängers eingefangen: das Spiel mit Normalität und Irrsinn, dem Abrutschen in den Wahnsinn, dem Versuch diesem zu entkommen, die Normalität wieder halbwegs herzustellen, die Frage nach den Grenzen beider Bereiche und der Frage welche Tat inmitten von Irrsinn als rational angesehen werden kann und welche nicht. Wenn Ash in der ersten Filmhälfte seine One Man-Show zelebrieren darf, bricht diese Thematik deutlicher denn je hervor. Sein Spiegelbild beginnt mit ihm zu sprechen, erwürgt ihn, woraufhin die Optik sich ändert und Ash sich selber erwürgt. In einer anderen Szene erwacht Ash nach einem schrecklichen Erlebnis schreiend im Sessel sitzend, so als hätte er sich das zuvor Geschehene lediglich eingebildet. Gerade wieder zur Vernunft gekommen, den Verstand wieder halbwegs gerade gerückt, fällt ihm der Kopf seiner Freundin in den Schoß, um zu beweisen, dass doch geschah was geschah. Den deutlichsten Verweis auf die Thematik rund um den Irrsinn findet jedoch in Ashs letzter Soloszene in der Hütte statt, wenn das komplette Inventar, angefangen beim Elchskopf, beginnt ohne Grund zu lachen, und Ash damit derart beeinflusst, dass dieser innerhalb kürzester Zeit komplett den Verstand verliert und beginnt hysterisch mitzulachen.
Das wäre das Ende seines Geisteszustandes gewesen, würden nun zur zweiten Hälfte nicht die in den Randszenen bereits kurz aufgetauchten Zusatzpersonen ins Geschehen treten, die Ash auf ungemütliche Weise dazu zwingen sich wieder der unangenehmen Realität zu stellen. Mit dem Wechsel von der Einmann-Show zum gemeinsamen Kampf gegen die sadistischen Dämonen und ihrem Drang von der Angst und den Nerven ihrer Opfer zu zehren, wendet sich der Film von dem Aspekt Wahn und Normalität ab, der im Vorgänger noch über dem kompletten Werk schwebte. In Teil 2 ist dieser Aspekt in der ersten Hälfte derart dominant thematisiert worden, dass es wohl die richtige Entscheidung war nun losgelöst von diesem Aspekt den wilden Ritt fortzusetzen, denn nun nachdem Ash in kürzester Zeit unfreiwillig zu einer Art Profi im Kampf gegen die Dämonen ausgebildet wurde, liegt es nun hauptsächlich an ihm die ungleiche Gruppe, die sich in der Hütte eingefunden hat, zu beschützen.
Aus wild aneinander gereihten, schrägen und kreativen Spielereien wird nun mehr und mehr so etwas wie eine tatsächliche Handlung, so dass der Gefahr auf der Stelle zu treten und Langeweile zu erzeugen, welche die erste Hälfte durch die hervorragende Inszenierung perfekt umgangen ist, entgegengetreten wird und somit kaum noch eine Chance gewährt wird. Dank interessanter Charaktere, weiterhin hochgradig wahnsinniger und kreativer Ideen und dank einer stets aufrecht erhaltenden interessanten Optik kommt es dementsprechend auch weiterhin nie zu einem Stillstand. Die Figurenzeichnung zweier Backwoods ermöglicht es Raimi zudem dümmliche Verhaltensweisen ganz legitim ins Geschehen einzubauen. Dies nutzt er u.a. dafür die legendäre Baumvergewaltigungsszene des Erstlings in leicht harmloserer Version zu variieren, ohne hierfür das Niveau des Drehbuchs senken zu müssen, wie noch im Vorgänger geschehen.
Ash mag nun nicht mehr allein sein, das ändert aber nichts am wilden Ritt den er und seine Mitmenschen weiterhin durchstehen müssen. Raimi gewährt weder ihnen noch dem Zuschauer eine Atempause. Wenn das Szenario ruhiger wird liegt die Bedrohung spürbar in der Luft, welche das Publikum in ihrer Anspannung kaum atmen lässt, ansonsten passiert immer irgendetwas Bizarres, Groteskes, Krankes oder Ungewöhnliches, und diese gnadenlose Art behält der Film konsequent bei bishin zum pointensicheren Schluss-Gag, den eine überleitende Idee ermöglichte, welche wahrlich die Phantasie des Zuschauers zu kitzeln weiß. Gleichzeitig baut sie auf dem genialen Kniff auf, dass eine scheinbare Lösung der Probleme stets auch unbedachte Nebenwirkungen mit sich ziehen kann, gerade wenn man mit etwas spielt, mit dem man sich nicht auskennt. Der Weg zum Schluss-Gag zeigt mehr denn je, wie durchdacht und intelligent der Hintergrund und die Gesamtheit des ganzen wilden Treibens ist, welchem Raimi uns aussetzt.
Hierin liegt wohl auch die Erklärung, warum andere Werke wie „Braindead“ und Co, die darin bemüht waren etwas ähnliches wie Raimi abzuliefern, daran scheitern, wenn sie sich einzig den vordergründigen Schauwerten hingeben, ohne diesen einen psychologisch stimmenden Rahmen, ein analytisches Gesamthema und ein hintergründiges Verständnis zu bescheren. Einzig „House“ schaffte es in familienfreundlicherer Art und ohne geistreiche Hintergründigkeit ansatzweise das Niveau der wilden Geisterbahnfahrt des ein Jahr später entstandenen „Tanz der Teufel 2“ einzufangen, wurde von dessen Perfektion jedoch gnadenlos überholt. Die meisten anderen Horrorkomödien, die in diese Richtung tendieren, scheitern spätestens an der fehlenden Substanz, welche den schrägen Gimmicks einen sinnvollen Zusammenhang und Hintergrund beschert. Wäre es zu einfach dieses Ziel zu erreichen, wäre „Evil Dead 2“ wohl kaum der Kultfilm und das Meisterwerk, das er im Filmbereich auch außerhalb der Horrorszene geworden ist. OFDb
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