15.06.2019

JOHN RAMBO (2008)

Es ist wohl dem Erfolg von "Rocky Balboa" zu verdanken, der nach 16 Jahren erstmals wieder die "Rocky"-Reihe weiter führte, dass auch Stallones zweites Steckenpferd, die Rolle des "Rambo", eine Wiederbelebung erfahren sollte. 20 Jahre nach dem auch unter Fans umstrittenen, da ziemlich oberflächlich abgefrühstückten, "Rambo 3" kehrt Stallone in dieser Paraderolle erneut auf die Leinwand zurück, und von körperlicher Einschränkung im Alter lässt "John Rambo" nichts spüren, geht es doch nicht wie im sechsten Teil der "Rocky"-Saga um die Thematisierung des Älterwerdens, sondern einzig um einen erneuten Einsatz des talentierten Kriegsexperten unter erschreckenden Bedingungen. Der von der einstigen Billigfirma Nu Image produzierte Film spart entsprechend seiner Geschichte nicht mit harten Bildern. Was uns hier vorgesetzt wird, ist nicht leicht zu ertragen, so gnadenlos wie hier die Kriegsverbrechen gezeigt werden, sicherlich typisch für die Reihe seit ihrer ersten Fortsetzung "Rambo 2" reißerisch inszeniert, aber nicht zwingend oberflächlich. Die blutigen Bilder dienen tatsächlich nicht einzig dem Sättigen gieriger Gelüste von Freunden harter Filmkost, sie zeichnen ein gnadenloses Bild der Zustände vor Ort, was für die Aussage des Streifens unverzichtbar ist.

Wie man zu dieser steht, bleibt jedem selbst überlassen, ein Stück Wahrheit wird damit jedoch schon thematisiert, braucht man Krieg doch nicht schön zu reden, und sind es doch nicht die Pazifisten, die diesen führen oder führen könnten und wollten. Mit seinem kritischen Blick auf Vorurteile gegenüber Soldaten bleibt "John Rambo" somit der bisherigen Reihe treu, mitverfasst von Sylvester Stallone persönlich, der noch jeden Teil der Reihe mitgeschrieben hat. Als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller kennt er sich bestens mit der Psychologie der Reihe und ihres Helden aus, und das merkt man dem überraschend gelungenen Ergebnis des vierten Teiles auch dementsprechend an, welches weder einen inhaltlichen Bruch zu den Vorgängern wagt, noch das Rad neu erfindet. Inmitten eines actiongeladenen und düsteren Szenarios, wird "John Rambo" nicht zum Alleingang des Titelhelden, interessant charakterisierte Figuren begleiten ihn, nicht komplett oberflächlich gezeichnet wie man erwarten würde, inmitten der Möglichkeiten und des hohen Tempos des Streifens aber freilich auch keine tiefgehenden Charakterstudien abgebend. Der Trupp Pazifisten und Söldner bereichert den Erzählfluss und bricht die theoretisch monotone Handlung auf, mittendrin mit Julie Benz besetzt, die seinerzeit durch die Serie "Dexter" semi-berühmt wurde. Sie bereichert den Film weniger durch ihr Schauspieltalent als vielmehr aufgrund ihres attraktiven Aussehens, was nicht herablassend gemeint ist, sondern einen entscheidenden Motor der Geschehnisse startet. Ohne eine Besetzung wie diese, wäre die erste Kernszene, in welcher die Amerikaner auf einen Trupp Piraten stoßen, nicht derart treffsicher thematisiert wie geschehen, was wiederum Auswirkungen auf die Aussagekraft des Reststreifens hat.

Letztendlich lebt "Rambo 4" (Alternativtitel) jedoch hauptsächlich von Sylvester Stallone. Sein knallhartes Drehbuch, seine düstere Inszenierung und seine treu bleibende Interpretation der Titelrolle, die jener des Rocky Balboa nicht ferner liegen könnte, zeigen zu was der gute Mann auch im hohen Alter fähig ist, und dass der Name Rambo zu unrecht einen solch spöttischen Ruf genießt. Sicherlich würde niemand von einem geistreichen Plot sprechen, aber im Gegensatz zu solch naiven Streifen, wie es die ersten beiden Fortsetzungen waren, überrascht der späte Nachzügler trotz des hohen Alters seines Protagonisten doch mit einem sich authentisch anfühlenden Szenario, mitten eingetaucht in die Hölle des Krieges, wo nichts schön geredet wird und es keine Barmherzigkeit gibt. Der Aufhänger Rambo zu kontaktieren, ohne zu wissen wer er ist, ergibt nicht wirklich Sinn, und der entfesselte Rambo, der schließlich fast alles im Alleingang nieder ballert, gehört zum Grundrezept und ist deshalb als realitätsfernes Element entschuldigt. Ohnehin schaltet man schließlich nun einmal seinetwegen ein, und abgesehen seiner fast übermenschlichen Leistungen wird uns ein sich realistisch anfühlendes Szenario präsentiert, das in seiner radikal direkten Art wahrlich niemanden kalt lassen dürfte.

"John Rambo" ist packend, geradeaus und düster erzählt, spart gerade in der Uncut-Fassung nicht mit schockierenden Bildern, ist zunächst jedoch etwas gewöhnungsbedürftig zu gucken. Stallone mag sich zwar an die alte Zuschauergeneration richten, der visuelle Stil des Streifens ist jedoch an der Entstehungszeit orientiert und entfremdet das Gezeigte dementsprechend modern. Das schafft eine gewisse Distanz und zeigt uns ganz klar gewollt den Zustand der Fiktion, erträglicher werden die blutigen Bilder mit dieser ruckelartigen Entfremdung jedoch nicht. Bei dem überraschend positiven Ergebnis dieses Streifens hätte ich mich im Nachhinein über einen klassisch abgedrehten Filmstil mehr gefreut, das gebe ich zu. Wahrscheinlich musste es einfach ein Zugeständnis an das jüngere Publikum geben, damit auch dieses in Versuchung gerät einzuschalten. Schaden tut der moderne Stil dem Endergebnis nicht, also was soll's. Immerhin hat uns Stallone mit diesem Film bewiesen, dass auch dieses totgeglaubte Franchise noch atmet, und dass entgegen des Rufes der Reihe sich ein durchdachter Plot und ein Feuerwerk an Action und gnadenlosen Bildern nicht gegenseitig ausschließen müssen.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Den Teil habe ich bisher noch gar nicht gesehen. Bin aber auch bei den neuen Rocky-Filmen noch nicht up-to-date. Da habe ich wohl noch was nachzuholen.

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