In ihrem ersten Film "Valeria - Leidenschaften einer Minderjährigen" spielt Gloria Guida noch nicht, wie so oft, das zwielichtige Luder, sondern darf noch die unschuldige Jugend verkörpern, die sich zwar mit erotischen Tagträumen beschäftigt, aber noch sehr naiv als Jungfrau durch den Alltag schreitet. Abgesehen von den Tagträumen, die uns nur im ersten Drittel gezeigt werden und den Großteil der Nacktszenen ausmachen, zeigt uns Silvio Amadio in der Heimat Valerias angekommen eine Art Mikrokosmos der Männerwelt ihres sozialen Umfeldes, betrachtet aus ihrem unerfahrenen Blickwinkel. Sie tritt mit Männern und Jungs mal mehr, mal weniger intensiv in nicht-sexuellen Kontakt, manchmal in leicht amourösen, und erkennt durch Beobachtungen, Gespräche und Erfahrungen wer der jene welche ist, dem sie sich hingeben möchte. Irrtümer, Fehleinschätzungen und Leichtgläubigkeit spielen typisch fürs Jugendalter entscheidend mit, und theoretisch könnte man sich so das Leben einer jungen Frau in besagter Phase zur besagten Thematik vorstellen. Als Mann ist man ebenso schockiert von den verschiedenen Typen Kerl und weiß nicht wem man trauen kann, wie Valerie selbst.
Das klingt nach einem äußerst empathischen Film. Allerdings entsteht dieser Effekt, weil er in einer scheußlichen parallelen Italo-Erotikfilm-Welt spielt, von der man nur hoffen kann, dass der Alltag und die hier präsentierte Auswahl an Männern in dieser Extreme nicht der Alltagswelt einer jungen Frau entspricht. Der typisch angenehme, unverfälschte, direkte Ton des Italo-Films stößt auf unsensible Charaktere eines unsensiblen Drehbuchs, das sich seines Macho-Tons und seines Sexismus nicht bewusst zu sein scheint. Typisch Amadio holprig umgesetzt lebt "Leidenschaften einer Minderjährigen" (Alternativtitel) von einem dünnen roten Faden, da die Erlebnisse Valerias eher zufälliger Natur sind, so ziellos wie Valeria durchs Leben wandert. Diese Herangehensweise, der Blickwinkel des Mädchens und Täuschungen, wie die Zusammenkunft mit einem sensiblen Jungen der Clique des Bruder, sorgen dafür, dass der Streifen trotz seiner unsensiblen Art nicht vollkommen aus den Rudern läuft. Aber aufgrund der plumpen, reißerischen Art bleibt er lediglich schlichtes Bahnhofs-Kino. Damit ist er nicht uninteressant für Cineasten alternativen Geschmacks, wirklich überzeugen will er jedoch nicht, da er einen emotional nicht wirklich in Valerias raue Welt einfühlen lässt, was daran liegt, dass sie diese selbst nicht als rau empfindet, sondern als so gegeben wie sie ist akzeptiert. Das mag typisch für ein junges Empfinden und Orientieren sein, aber wenn die Identifikationsfigur so oberflächlich bleibt wie hier, ist diese Parallele jungen Empfindens eher dem Zufall geschult, als einer Absicht der Verantwortlichen des Streifens und kann somit nur theoretisch überzeugen.
"Valeria - Leidenschaften einer Minderjährigen" kann sich ohnehin nie wirklich entscheiden ob er Komödie oder Drama sein möchte. Manch belustigende Fantasien und ein fehlbesetzter, da mit seinem Extremklamauk störender, Italo-Komiker in der Rolle des Pfarrers sorgen für den beabsichtigt heiteren Teil des Films, ebenso manch freche Dialoge, Provokationen und Situationen. Letztendlich steht aber eher die Problemwelt der Protagonistin im Fokus, die wiederum trotz des entsetzlichen Parallelwelt-Alltags nicht dramatisch genug verarbeitet wird, als dass das Genre Tragikomödie "La minorenne" (Originaltitel) gerecht werden würde. Letztendlich ist die erste Zusammenarbeit von Gloria Guida und Silvio Amadio, der noch "Jung, schön und lasterhaft", "Flotte Teens und heiße Typen" und "Liebe ohne Stundenplan" folgen sollten, tatsächlich eher "nur" ein Erotikfilm, der lediglich vorgibt sich für die Psyche der Hauptfigur und ihre Entwicklung aufgrund der dargebotenen Erlebnisse zu interessieren. Umso schöner ist es, dass es ihm dennoch gelegentlich, wenn auch auf völlig unempathische und oberflächliche Art, geglückt ist hinter den Seelenvorhang seiner Heldin zu blicken. Als Trivialfilm müsste er dies nicht einmal leisten können, aber selbst auf einen solchen reduziert, fehlt ihm die überzeugende Stärke eines "Teenager lieben heiß", in welchem Gloria Guida im selben Jahr ihres großen Erfolges "Flotte Teens und heiße Jeans" ebenfalls die Hauptrolle verkörperte. OFDb
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