"Halloween - Die Nacht des Grauens" thematisierte 1978 finanziell erfolgreich die Personifizierung des schwarzen Mannes, der in den USA der Boogey Man genannt wird, mittels des mittlerweile legendär gewordenen Michael Myers. Zwei Jahre später kommt Ulli Lommels Horrorfilm mit ähnlicher Eingangssequenz wie dort daher und bedient sich in den Tötungssequenzen zudem der schweren Atmer des Serienkillers aus John Carpenters Prototyp-Slasher, lässt aber den titelgebenden Boogey Man komplett vermissen. Sein Film, dem bis 2016 drei Fortsetzungen folgen sollten, thematisiert stattdessen eine böse, unsichtbare Macht, die in einem Spiegel gefangen war und nach dessen Zerstörung befreit wurde. Der Spiegel musste in dem Haus, in dem er hing, Schreckliches beobachten, nun steckt das Böse in seinen Scherben und kommt zum Ausbruch. Warum wird nicht erklärt, "The Bogey Man" (Alternativtitel) ist einer dieser Sinnlos-Horrorfilme, die rein auf den Effekt setzen, ohne dass die übernatürlichen Ereignisse einer erkennbaren Gesetzgebung entsprechen oder einen tieferen Sinn ergeben. Das ist vielleicht auch besser so. Immer wenn Autor Lommel versucht etwas psychologisch zu begründen, haut er gewaltig in die Kacke, da er von diesem Gebiet überhaupt nichts versteht. Interessanter Weise wird aus dem Schauerfilm trotzdem keine unfreiwillig komische Gurke.
Lommel schafft es, dass man den hier präsentierten Unfug, dem jegliche Form von Ironie oder anderweitiger Distanz zu seinem Unsinn fehlt, ernst genug nehmen kann, um recht packendes Erlebnis-Kino zu sichten, das noch immer zu einem gewissen Teil vom Terrorkino der 70er Jahre zehrt. Diesbezüglich nicht all zu extrem, und schon gar nicht gesellschaftskritisch wie in diesem Metier ursprünglich üblich, ausgefallen, präsentiert er nett eingefädelte Tötungssequenzen, desillusionierte Figuren in unerklärlichen Situationen, untermalt von einem psychedelischen Sound, der dem Ganzen den Schlussstrich des besonderem Etwas beschert. Warum das Gesamtergebnis so passabel unterhält, sollte man nicht näher hinterfragen, sondern als Genre-Fan und Vielverzehrer dieser Art Film dankend annehmen. Ulli Lommel entfacht frei eines düsteren Spannungsbogens, einer dichten Atmosphäre und einer gelungenen Mystik auf recht plumpe Art einen unterhaltsamen Horrorfilm für schlichte Gemüter. Dass sich die Amityville-Reihe mit ihrem sechsten, mittlerweile zum siebten Teil erklärten, Beitrag ebenfalls der Spiegelthematik annahm, kann man fast schon als Revanche dessen verstehen, dass das im Zentrum stehende Haus des hier besprochenen Streifens dem Gebäude aus "Amityville Horror" stark ähnelt. Das Ergebnis dort fiel jedoch blasser aus als hier. So schöne Momente, wie das Zerreißen der Kleider der Protagonistin durch eine unsichtbare Macht, fehlen ihm komplett. OFDb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen