13.02.2021

THE NEON DEMON (2016)

Mag sie in der konstruierten Scheinwelt der Models und Modeschöpfer auch das einzig Natürliche sein, ein in einer Kunstwelt frei von Künstlichkeit, noch nicht unter das Messer geratener, Körper, so dauert es in diesem düsteren Drama doch trotz Großaufnahmen auf sie eine ganze Weile, bis Regisseur Nicolas Winding Refn dem Zuschauer das erste Mal den Blick auf etwas Ungekünsteltes gestattet. Sein "Neon Demon" ist ein Kunstwerk, voll geschmückt mit aufregenden Aufnahmen, derart penetrant entfremdet, wie die Welt in welcher handlungstechnisch gearbeitet wird. Der bittere Blick auf das verdorrte Innenleben der Models, das Wachsen von Arroganz und Neid, die kühle Kalkulation der Lenker dieser Branche und der gnadenlose Umgang mit dem mageren Fleisch von oben, untereinander und zu sich selbst, sind der eigentliche inhaltliche Motor des Streifens. Passend zur Psychologie der Figuren und ihrer bemühten Entrückung fern des normalen Körpers, wird der Film in einen Rausch aus in knalligen Farben gepackten Bildern, beeinflussender Musik, abstoßender, wie sinnlicher Erotik und faszinierender Licht- und Schattentechnik, sowie stimmiger Schnittsetzung dargeboten, der einen Sog entfacht, dass man sich für das Gesehene weit mehr interessiert, als man zurückgekehrt im normalen geistigen Zustand meinen sollte. Denn der inhaltliche rote Faden ist dünn, wenn man seine analytische Kraft einmal außen vor lässt. 

Klassisch erzählt, würden die Übertreibungen gegen Ende, wenn eine wichtige Figur überraschend verfrüht das Geschehen verlässt, billig angehangen wirken, bei einer derartigen mentalen Kehrtwendung, zumindest das Genre betreffend, in dem alles spielt. Aber in der Erzählkraft, welche die Verantwortlichen des Streifens entfachen, in Kombination mit einer wahrlich treffsicheren Besetzung in jeglicher Rolle, kann man nicht anders als "The Neon Demon" in seiner Gesamterscheinung zu verfallen, angefixt durch etliche kurze Momente optischer Faszination, die perfekt miteinander verbunden kaum Zeit zum Atmen lassen. Dank Figuren, die man schwer greifen kann, und von denen man dementsprechend nie weiß, was man als nächstes von ihnen zu erwarten hat, entsteht inmitten des oberflächlich simpel scheinenden Plots zusätzlich dennoch ein wahrhaftiges Interesse für den Inhalt. Entdeckt man die Symbolik und anderweitige analytische Raffinessen für sich als Zuschauer, erscheint einem das fertige Werk endgültig als die sehenswerte Besonderheit, die es ist. In seiner auf vielschichtiger Weise sehr manipulativen Art kommt dieser Eindruck sicherlich aufgeblähter daher, als das was tatsächlich hinter allem Gesehenen steckt (zumal sich keine innovativen Erkenntnisse offenbaren), aber auch das ist nicht verkehrt, vielleicht nicht einmal zufällig, innerhalb eines Streifens über eben diese Branche. Einen Hang für Kunstfilme und für eine minimalistische Handlung muss man jedoch besitzen, um mit dieser Co-Produktion aus Frankreich, Dänemark und den USA etwas anfangen zu können.  OFDb

1 Kommentar:

  1. Winding Refn kann visuell immer recht viel, inhaltlich kommt dabei aber nie viel rum. Das ist hier bei "Neon Demon" nicht anders. Mir reizt der werte Herr immer zu sehr die Maxime style over substance aus...

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