29.10.2023

DAS KINDERMÄDCHEN (1990)

Zwei Jahre bevor der Erfolg "Die Hand an der Wiege" das Thema böse Nanny auf die gerade wieder in Mode gekommene Psycho-Thriller-Art anging, kam "Das Kindermädchen" als waschechter Horror mit übernatürlichen Elementen rund um einen Baumgeist daher. Im selben Jahr, in welchem "Der Exorzist" unter der Regie des Original-Autors seine zweite Fortsetzung erhielt, da engagierte man den Regisseur besagten Kultfilmes für den hier besprochenen Genrebeitrag. Stilistisch lassen sich Übereinstimmungen nicht erkennen, eine Hand für Spannungsmomente beweist Friedkin aber auch in diesem Werk, das auf einer literarischen Vorlage basiert, so wie es sein Erfolgsfilm aus dem Jahr 1973 ebenfalls tat. Die Nähe zum späteren "Die Hand an der Wiege" ist enorm, denn lange Zeit fühlt sich "Das Kindermädchen" wie ein Thriller an. Die übernatürlichen Elemente werden nur rar eingesät und erst in der finalen Phase komplett ausgekostet. Da dürfen sich die Verantwortlichen der Spezialeffekte endlich so richtig austoben. 

Zuvor erwecken sie jedoch gekonnt einen mystischen Baum zum Leben, während die meisten weiteren übernatürlichen Gimmicks zur Mitte der Geschichte eher auf Tierdressuren bauen. Wenn Kojoten einen nachbarschaftlichen Freund attackieren, weil dieser hinter das Geheimnis der Babysitterin gekommen ist, dann erlebt der bis dahin ruhig vor sich hin plätschernde Film seinen ersten düsteren Höhepunkt, der die Spannungsschraube mit einem Mal enorm anzieht. Zuvor trumpfte die unterschwellige Stimmung, angereichert mit der erotischen Darbietung von Jenny Seagrove, die keine Scheu vor Nacktszenen hatte, innerhalb eines Drehbuchs (vom Autor der Buchvorlage, Regisseur Friedkin und einer dritten Person geschrieben), welches glücklicher Weise das Klischee des Seitensprungs umgeht und lediglich kurz mit der Versuchung eines solchen spielt. Bizarr mutet die Nacktheit im Wald an. Da reicht es bereits, dass die Dame sich im Evakostüm am Baum räkelt, oder wie Gott sie schuf, als eine Art Königin der Natur, auf einem majestätischen Ast liegt, während diverse Tiere ihren Kontakt suchen. 

Zwar bietet Friedkin auch nach dem Todesfall des Nachbarn genug Spannungspotential, wenn das zentrale Pärchen hinter die Wahrheit kommt, wird die bis dahin rational nachvollziehbare Geschichte jedoch eine Spur zu konfus. Eine plötzliche Flucht aus der Klinik, anstatt dort auf Hilfe zu hoffen, sowie eine Irrfahrt mit dem Auto durch den Wald, ohne dass es Sinn macht dass der Mann samt Baby in diesen hinein rennt, noch dass die Ehefrau weiß wohin der Mann gerannt ist, wirft den Zuschauer mit einem Mal aus der bisher bestehenden Ordnung heraus und erwartet von ihm brav dabei zuzusehen, wie das plötzlich aus dem Nichts auftauchende, sinnlose Treiben effektiv von tollen Tricks und einer spannenden, wie auch temporeichen Umsetzung, getragen wird. Ja, "The Guardian" (Originaltitel) weiß auch in dieser etwas idiotischen Phase zu unterhalten, aber eben nicht mehr auf jenem ernstzunehmenden Niveau, auf welchem sich der Streifen bislang befand. 

Mit der Rückkehr ins Haus und dem Glauben an den Tod der Nanny, obwohl man aufgrund ihrer Flugkünste bemerkt hat, dass sie übernatürliche Fähigkeiten besitzt, setzt die Geschichte im tatsächlichen Finale angekommen ihren Unsinn weiter fort, anstatt den bisherigen Blödsinn Ausrutscher sein zu lassen. Immerhin entschädigt dort die emanzipierte Aufteilung des Pärchens für so manchen Nonsens, wenn es die Frau ist, die dem Aggressor in Menschengestalt gegenüber treten darf, während der Mann sich per Motorsäge mit dem Horrorbaum beschäftigt. Obwohl sich die Geschichte kurzfristig für die Geschehnisse der Vorgängerfamilie interessiert hat, bleibt einem der Film am Ende eine Thematik ihres Abschlusses schuldig und interessiert sich nur noch für die Rettung des Babys der Hauptgeschichte. Hier schließt die Erzählung nun so egoistisch, wie es Eltern sind, die ihr Kind bereits so früh Fremden überlassen. Na, das passt doch.  Wiki

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