Die Tanners sind eine normale, spießige Durchschnittsfamilie. Bis zu
dem Tag, an dem ein Ufo in ihre Garage knallt. Von da an gehört ein
Außerirdischer zur Familie, der zu seinem eigenen Schutz vor der
Öffentlichkeit versteckt gehört. Kein leichter Job, denn Alf, wie er von
den Tanners liebevoll genannt wird, ist ein verfressener Egomane, der
ständig Chaos anrichtet und damit viel Aufmerksamkeit verursacht, meist
bei den ohnehin schon neugierigen Nachbarn...
Wenn man eine Katastrophe beschützen muss...
Dieser Evergreen in der Endloswiederholungsschleife des deutschen und amerikanischen Fernsehens hat zwei große Mankos: durch das pflichtmäßige Spießertum der Familie wird man mit dieser über die komplette Serie hin nicht richtig warm, und die Grundsituation, auf der alles aufbaut, ist viel zu konstruiert und unglaubwürdig. Der Witz an der Sache ist: Es funktioniert trotzdem, und wie!
„Alf“ ist eine sehr lustige, wenn auch mittlerweile leicht verstaubte, Comedyserie, die den ersten Schritt wagt, der mit Serien wie „Eine schrecklich nette Familie“ oder „Die Simpsons“ in extremerer Form weitergesponnen wurde: Im Mittelpunkt steht ein Arschloch, das trotz seiner unangenehmen Charaktereigenschaften zur Sympathiefigur der Serie wird. Gerade der Vergleich zu den „Simpsons“ lohnt, lebt diese Serie eigentlich von einem umgedrehten Szenario: Die Tanners sind die Nachbarn der Simpsons, dort jedoch mit Namen Flanders und übertrieben religiös, sonst jedoch sehr ähnlich angelegt. Die Simpsons-Familie erinnert hingegen an die Ocmonecs, die Nachbarn der Tanners. Der männliche Part des zunächst kinderlosen Ehepaars sieht aus wie eine Realversion Homers, der lustiger Weise sogar dessen deutsche Synchronstimme beschert bekam, was den Vergleich perfektioniert.
Aber „Alf“ war erst der Anfang dieser Welle von Serien, die unsympathische Asis in den Mittelpunkt hievten. Im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten ist die Serie noch zu brav, konzentriert sich viel auf die lieben Tanners, so dass die Serie von ihrer eigenen Idee schnell überholt wurde und es nicht wundert, dass sie es nur auf vier Staffeln schaffte. Andererseits liegt in diesem ersten Gehversuch der Idee um eine unangenehme Hauptfigur gerade der Reiz, der „Alf“ so unvergessen und immer wieder komisch macht.
Der Zusammenknall von Spießer und Rüpel ist eine funktionierende Chemie. Zwar sind die beiden Tanners-Kinder kontraproduktiv eingebracht, da sie einfach zu brav sind (und ihre deutschen Synchronstimmen helfen ungemein dabei, sie bloß nicht sympathisch zu finden), die beiden erwachsenen Spießer bilden jedoch einen fruchtbaren Gegenpol zu Alf. Frau Tanner darf den feindlichen Part spielen, jenen, der Alf lediglich akzeptiert, aber nicht mag. Wichtigster Pluspunkt der Serie ist jedoch ihr Ehemann Willi Tanner, der zum engsten Freund des Alien wird, aber auch zum Leidtragenden all seiner Aktionen.
Willi ist ein Feingeist, ein Mann mit Werten und einer, mit dem Herz am rechten Fleck. Alf könnte anstellen was er wollte, Willi würde ihn nie im Stich lassen, da als letzte Konsequenz das Militär auf den Außerirdischen aufmerksam würde. Zwar lernt Willi immer mehr sich durchzusetzen, aber die Sackgasse, die das Schutzbedürfnis von Alf entstehen lässt, ist Willis (verständlicher) Schwachpunkt, den Alf gnadenlos ausnutzt.
Alf bringt nicht nur unverschämte Sprüche und benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen (eingangs durch die Unkenntnisse unserer Kultur), er ist auch ein Egomane, sich selbst am nächsten, ja sogar komplett ohne Verständnis für das soziale Miteinander der Menschen. Er versteht den Sinn dahinter nicht, nutzt Willis Gutmütigkeit gnadenlos aus, weiß sich im richtigen Moment als Opfer darzustellen und geht hin und wieder, selbst für seine Verhältnisse, einen Schritt zu weit, beispielsweise wenn er Willi seine Frau ausspannen will.
Die Serie „Alf“ funktioniert nicht, wie oft geglaubt, von den eher aufs Kinderpublikum abzielenden Sprüchen und Taten des außerirdischen Proleten. Seine schönsten Momente hat diese amerikanische Sitcom, wenn Willi zum Zuge kommt. Willi bringt feingeistige Gegenkommentare, muss die Folgen von Alfs verrückten Taten wieder gerade biegen (meist in dem er sich öffentlich blamiert), kurz: Er hat die Arschkarte gezogen, und man sieht immer wieder gerne zu, wie er leidet. Nicht dass er keine Sympathiefigur wäre, im Gegenteil. Er wächst einem so ans Herz, dass man richtig mit ihm mitleidet, während man sich gleichzeitig an seinen ungewollten Peinlichkeiten erfreut.
Die beiden Nachbarn namens Ocmonec werden wie die typischen Co-Stars in die Serie eingeführt. Ein schweres Unterfangen, denn sie dürfen von Alf nichts wissen. Zwar kommt mindestens einer von beiden fast in jeder Folge vor, wie echte dauerhafte Nebenfiguren wirken sie jedoch nie. Sie bekommen nie einen ähnlich großen Part wie die Nachbarn der Bundys („Eine schrecklich nette Familie“) beschert, dafür sind ihre Auftritte in mancher „Alf“-Folge schlichtweg zu kurz. Je später eine Folge gedreht ist, umso mehr bekommt man den Eindruck, das sie nur noch der Pflicht wegen eingebaut werden.
Obwohl immer wieder neue wichtige Figuren eingefügt werden und eine einfach entfernt wurde (die von Alfs Kumpel Jake), ließ man die Ocmonecs nie aus Konzeptionsgründen komplett verschwinden, ein Zustand der wiederholt in der Serie „King Of Queens“ stattfand. Nein, krampfhaft hält man an den nervigen Prolo-Nachbarn fest, trotz ihrer Unwichtigkeit für die Geschichten eine gute Entscheidung, sind beides doch solch unangenehme Personen, dass ihre Auftritte auch immer wieder für Lacher sorgen. Sie ist neugierig und in ihrer Kritik arg direkt. Er ist ein Schnorrer, raucht ununterbrochen stinkende Zigarren und hat ein sehr plumpes Gemüt. Obwohl oder gerade weil er Alf in seiner Art ein wenig ähnelt, würden beide doch nie miteinander warm werden, würden sie sich kennen.
Aber dazu kommt es nicht. Dafür lernt Alf im Laufe seiner Zeit auf der Erde allerhand anderer Leute kennen. Immer konstruierter wirkt der Versuch Willis, Alf vor der Außenwelt zu verstecken. Den Verantwortlich der Serie schienen auch Ideen auszugehen, deswegen werden Figuren wie Willis Bruder eingebaut, um alte Highlight-Folgen zu wiederholen. Doch auch wenn gerade gegen Ende die Folgen streckenweise recht unlustig waren und arg verkrampft auf witzig gehalten wurden, so gab es doch selbst in der Spätphase so tolle Folgen wie jene, in der Willi mit Alf in der Wüste einen Schatz suchen geht. Dies dürfte wohl ohnehin die härteste Folge der Serie sein, denn noch nie ging es für Willi um Leben und Tod, hier gleich mehrmals.
Als mit der Serie Schluss war, bescherte man ihr ein überraschendes Finale, das für die kleinen Zuschauer sicherlich noch mehr ein Schlag in den Magen war, als für die großen. Diesen Mut hätte die Serie an manchen Stellen auch woanders vertragen können, denn wie oben erwähnt setzte man später zu sehr auf das bewährte Rezept, so dass Ideen sich zu wiederholen schienen.
Sieht man aber mal von einigen unnötigen Folgen ab (jene, die alte Folgen als Slideshow zusammenfassen, die schmalzige Doppelfolge mit Alf zu Weihnachten im Kinderkrankenhaus, die Folgen mit der blinden Freundin Alfs, jene Episoden, in denen andere Melmacaner vorkommen und ganz schlimm die Folge, in der Lynn mit ihrem festen Freund in den Urlaub fährt), bleibt am Ende aber eine überdurchschnittliche TV-Serie, die jede Menge Lacher bereit hält und oft mit so skurrilen Situationen punktet, wie die eines alten Rituals von Alfs Heimat, bei dem man bei Vollmond mit einer Sonnenbrille gekleidet Fleisch anziehen muss.
Die Höhepunkte der Serie dürften wohl die Folge mit der Riesenkakerlake sein, die Folge in der Alf zum Hausdiener wird, jene in der er eine Unglücksphase erlebt, eine skurrile, in der eine Bauchrednerpuppe ein Eigenleben zu haben scheint, die Folge in welcher das Privatleben zu einer öffentlichen Soapserie verkommt, jene in welcher Alf Willi fast komplett finanziell ruiniert, da er dessen Börsenprogramm am Computer für ein Spiel hält, die Folge in der Alf wattesüchtig wird, die Geschichte, in der Alf einen Artikel in einem Schundmagazin schreibt, jene Folge, in der Alf Leiter der Bürgerwehr und Geiselnehmer wird und wer weiß welche ich noch vergessen habe, obwohl sie eigentlich unvergessen bleiben sollte.
Kann man mit den Schwachpunkten der Serie leben, bekommt man eine großartige Sitcom präsentiert, die in ihrer Bravheit immer wieder mit Ideenreichtum und Frechheiten überrascht. OFDb
Die Nachbarn schimpfen sich "Ochmonek". Ich glaube meine Lieblingsfolge ist die in der ALF Wattesüchtig ist, die mit der Kakerlake ist aber auch wirklich cool. Letztere wurde übrigens von Jerry Stahl geschrieben, der auch das Drehbuch für den absurden Porno "Nightdreams" geschrieben hat. In dem sieht man unter anderem wie ein Mann im Müsli Kostüm oral befriedigt wird, während ein anderer Mann im Toast Kostüm Saxophon spielt. Toller Film! :)
AntwortenLöschenWenns nicht gerade um Sex ginge, könnten das auch Melmac-Rituale sein. :)
LöschenSiehste und jetzt weißte wo's herkommt^^
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