07.12.2012

ALLEIN UNTER FRAUEN (1991)

Moderne Frauen nehmen einen Macho-Proleten in ihrer Wohngemeinschaft auf, mit dem Ziel ihn zu einem brauchbaren Mann umzuerziehen...

100% Thomas Heinze...
 
Ein Mann macht für drei Frauen den Haushalt. Das klingt nach den typischen, biederen Humorlegastheniker-Komödien von Sat 1 und Pro7 a la „Warum sind alle netten Männer schwul?“ Aber zu dieser Gattung gehört „Allein unter Frauen“ nicht. Die Story ist ja nun auch etwas anders:

Der Mann ist ein Proll, die drei Frauen sind knallharte Emanzen (zumindest zwei von ihnen, eine ist einfach so dabei), und diese wollen sich den perfekten Mann heranzüchten. Das Prinzip ist schlicht: Wenn es mit so einem Proll geht, dann geht es mit allen Männern. Dass am Ende beide Seiten etwas dazu lernen ist klar.

Dass das ganze nicht so plump wie die eben erwähnten Privatfernseh-Produkte ist, liegt an der schlichten, aber wirksamen Formel, die Regisseur Wortmann in allen seiner drei ersten Erfolge anwendete. Interessante, aber lebensnahe Situationen treffen auf interessante Charaktere, die ebenfalls lebensnah sind, begleitet von schrulligen, übertriebenen Charakteren, die in ihrer Comicart an lebensnahe Personen erinnern. Diese begleitet man durch eine Komödie mit einer Prise großen Lachern, vielen Schmunzlern und jeder Menge Alltags-Situationskomik.

Gedreht wurde das ganze recht schlicht, so wie seiner Zeit „Männer“, manchmal ganz leicht ins amateurfilmhafte hineinrutschend, dies aber nie zu extrem, nur dann, wenn es mal wieder besonders lebensnah wirken soll.

Wann und wie sich der Proll zu einem angenehmen Zeitgenossen wandelt, wird in „Allein unter Frauen“ nicht ganz deutlich herausgearbeitet. Das Wann funkelt erstmals durch, wenn Tom auf „Pippi Langstrumpf“-Art den Boden säubert. Extrem deutlich wird es beim Mitdiskutieren zu einem Feministinnen-Thema.

Das Wie wird am Rande erwähnt. Es ist weniger der Haushalt, der ihn zu dem macht, was tief in ihm steckte, sondern das Zusammenleben mit den drei Frauen. Dieses erlebt man von seiner schönen Seite aber nur zu Toms Geburtstag und in der Szene, in der zur ungewöhnlichen, aber gut gewählten, Filmmusik spontan getanzt wird. Der Hauptteil des Films konzentriert sich mehr auf Toms Arbeitssituation, die schließlich im Haushalt endet.

Wer da nicht genau hinguckt und fein beobachten kann, wird den Wandel Toms als zu plötzlich, nicht nachvollziehbar und vielleicht sogar unrealistisch empfinden. Und es wäre dabei nicht einmal die Schuld des betroffenen Zuschauers.

Wie auch immer, was „Allein unter Frauen“ zeigt ist schön anzusehen und einfach lustig. Ein paar Peinlichkeiten, wie das Zähneputzen mit der Fahrradketten-Zahnbürste und das Hundefutterkochen für die Kinder, sind auch enthalten. Solche nicht funktionierenden Witze kommen aber nicht häufig vor. Ungewöhnliche Gags, wie die Kamera, die zur Musik mitschwenkt, sind inhaltlich auch gering gehalten. Zuviel davon könnten aber ohnehin kontraproduktiv wirken, also ist die kleine Dosis wahrscheinlich besser.

Ein Mix aus schwarzem Humor und Tragik bieten Momente, wie die weinende Frau, die immer von ihrem Kerl verprügelt wird. Tom leidet mit, will ihr auf seine schlichte Art helfen, indem sie ihm nur ein Wort sagen solle und er würde ihm eine knallen, und im nächsten Moment hält die Frau ihren Lieblingspulli hoch, den Tom falsch gewaschen hatte und der nun ruiniert ist. Das sind kleine Perlen deutscher Komik.

Die kleinen Alltagsmomente, in denen Charakteristiken gewisser Menschentypen entlarvt werden, sind gut eingebracht. Von Anfang an kann der Zuschauer beobachten, wie der sportliche Softie-Kumpel Toms ein viel frauenfeindlicherer Charakter ist, als der auffällige Proll. Dies wird auch bis zum Schluss konsequent durchgezogen, inklusive einer sehr tollen Szene, in der Tom den Trainer des fragwürdigen Softies trifft.

Klischees findet man zuhauf, auch in besagter Szene, dennoch geben sich Klischee und Wahrheit hier auf interessante Art die Hand. Eine Frau, die ihre Bluse aufknöpft, weil sie den Elektriker erwartet, wird enttäuscht, weil eben jener eine Frau ist. Im nächsten Moment repariert sie ihr Gerät selber und erfährt einen Hauch mehr Selbstständigkeit. Selbst der Schlussdialog auf der Bank ist eine ominöse Symbiose aus Klischee und Wahrheit, deswegen entlässt dieser einen auch mit so einem von Herzen kommenden Schmunzeln aus dem Film.

Obwohl auch dort viele Elemente stimmen, zu unterhalten wissen und ins Gesamtkonzept passen, finde ich die ganze Schlussaktion mit dem Pornokino etwas bremsend. Diese hätte man etwas kürzer halten können und nicht komplett zum Ende hin positionieren sollen. Leider verliert „Allein unter Frauen“ dort hin und wieder seine locker flockige Art. Eine Komödie wie diese hätte keine große Schlussaktion benötigt. Vielleicht wäre es sogar gut gewesen, die romantische Struktur der Story tiefer zu verfolgen. Immerhin wird aus Tom und der von Nitsch so unglaublich süß gespielten Anette am Schluss ein Paar. Sicherlich ist es irgendwo auch ein Haupttrumpf, dass diesmal eben nicht eine Liebesgeschichte erzählt wird. Da der Pornoaktionsschluss aber im Vergleich zum Rest so bröckelt, ist es eben die Frage, durch was er hätte ersetzt werden können.

Dennoch bleibt „Allein unter Frauen“ ein Film weit über Durchschnitt, nicht so gut wie „Der bewegte Mann“ und „Kleine Haie“, aber immer noch ein großer Wurf von Wortmann. Mit Thomas Heinze, einem sehr sympathischen Schauspieler, ist das Werk ohnehin perfekt besetzt. Der restliche Cast braucht sich aber auch nicht zu verstecken.

Der Film ist ein Spaß für (nicht all zu) Jung und Alt, für Mann und Frau, letztendlich für fast alle Deutschen. So wie wir manche amerikanischen Anspielungen in US-Filmen nicht verstehen oder einfach unkomisch finden, so wird manch einer aus einem anderen Land großteils gar nicht verstehen, was an dem Film Komödie sein soll. Ich denke aber eben wegen der sehr feinen und stillen Komik, und weil der Deutsche nie nur in eine Humorrichtung abgedriftet ist wie der Brite, haben wir trotz unserer Stärke im Humor den Ruf weg ihn gar nicht zu besitzen.  OFDb

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