Zwei Pärchen geraten auf ihrem Campingausflug ausgerechnet in das Revier eines masketragenden, psychopathischen Mörders...
Wenn die stumpfe Sorte Horrorfan einen Film dreht...
„Slasher“ ist für einen Amateurfilm ein handwerklich hervorragend gemachter Horror, der leider zwei Schwächen aufweist. Die eine ist nicht so gravierend, das sind die etwas zu künstlich aussehenden Goreeffekte (Menschenhaut wie Papier, Schnitte die von Untalent ablenken sollen). Im erweiterten Sinne scheitern auch ganz andere Effekte, nämlich kleine Kampfsequenzen. Der Ast, der an einem Bein zersplittern soll, wirkt wie das was es war: wie ein schnell kaputt gehender Ast. Dass der Killer wegen diesem zu Boden stürzt, ist schon sehr unfreiwillig komisch. Wenn Darsteller sich treten und hauen, ob mit der Hand oder mit Hilfsmittelchen, sieht das immer viel zu zaghaft aus. Ich kann es nicht oft genug sagen, liebe Hobbiefilmer: Lasst solche Szenen weg, wenn ihr nicht tricksen könnt oder reduziert sie wenigstens auf ein Minimum. Aber wie erwähnt, daran muss man sich jetzt nicht aufhängen, um zu beurteilen ob der Streifen gut oder schlecht ist.
Viel beeinflussender ist das wirklich riesige Manko von „Slasher“: sein Drehbuch. Das beginnt bereits bei der Mentalität, die ihn umweht: notgeile Aufreißer, Kiffer, ewiges Zeigen nackter, weiblicher Formen und natürlich die Geilheit auf blutige Szenen. Das nervt und lässt einen schnell erahnen, welche Art Leutchen an dem Film herumpfuschten. Wenigstens bleibt einem das Ghetto-Getue erspart, immerhin war Timo Rose als Mitproduzent und Musikverantwortlicher mit an Bord, da habe ich mir beim Lesen seines Namens im Vorspann doch schon etwas Sorgen gemacht. Natürlich kann man sich irren, wenn man hineininterpretiert, dass die Verantwortlichen des Filmes ähnlich geartet sind wie ihre Protagonisten. Das macht diesen Punkt auch zu einem halbwegs unwichtigen.
Was viel trauriger am Drehbuch ist, ist seine Positionierung dem Subgenre „Slasher“ gegenüber. Es werden die Regeln dieser Horrorfilmrichtung aufgezählt, es wird sich vor den Größen verbeugt, es wird kopiert und das Gezeigte ist auch nicht ganz ohne Augenzwinkern umgesetzt. Leider wurde aber gerade Letztgenanntes in den völlig falschen Bereichen eingebracht. Bereiche, die den Slasherfilm zu einem zweischneidigen Schwert werden lassen, werden bierernst umgesetzt. Dabei habe ich gerade zu Anfang noch gedacht, der Film wäre nicht so ernst gemeint, auch in den Killerszenen. Das bierernste Herangehen in falschen Bereichen sorgt für Peinlichkeiten, die einem gemütlichen Videoabend zum Kopf ausschalten im Weg stehen.
Besonders peinlich wird es dann, wenn Montag glaubt amerikanische Elemente kopieren zu müssen. Das ist in einigen Bereichen sicherlich notwendig, eben weil der Film sich zentral mit Slashern befasst, weswegen die Titelwahl des Streifens auch als geglückt bezeichnet werden kann. Übel wird es allerdings, wenn man blind Elemente aus den Vorgängern übernimmt, ohne vorher zu überprüfen, ob sie im hier spielenden Rahmen auch Sinn machen. Manches passt nicht vom psychologischen Aspekt, manches ist aufgrund der Geschichte nicht glaubhaft, manches haut durch den Länderwechsel nicht hin. Ich habe es z.B. in Deutschland noch nie erlebt, dass man an einem weit abgelegenen Bauernhof nach einer Tankstelle fragen musste.
Die Amis haben endlose Highways, Landstriche ohne eine Menschenseele, da kann es schon einmal passieren, dass man sich plötzlich unter Hinterwäldlern befindet und von ihnen abhängig ist. „Chainsaw Slasher“ (Alternativtitel) baut dieses Klischee in Deutschland ein und scheitert damit komplett an Glaubwürdigkeit, zumal die beiden Hinterwäldler hier zusätzlich auch der Tiefpunkt schauspielerischen Schaffens sind. Dass unsere beischlafgeilen Teenager hier Marshmallows über dem Lagerfeuer brutzeln ist zwar auch nicht typisch deutsch, aber immerhin ein glaubhaft übernommenes Klischee.
Was sonst noch nervte nun im kurzen Überblick: Gecastete Prostituierte, eine völlig unnötig langgezogene Sexszene (wenn auch nicht so penetrant wie in Bethmanns Werken), eine wirkungslose Killermaske, jede überraschende Wendung im Film ist schlecht, unlogisch, peinlich oder gar alles zusammen, der Handlungsablauf ist zu einfallslos (auch in Hinsicht darauf, dass man sich eng an das Subgenre halten will) und meist auch recht schwachsinnig.
Ewig achtete man darauf erotische Elemente einzufangen. Ob es das breitbeinige Opfer auf dem Folterstuhl ist, Nahaufnahmen auf knackige Ärsche unter kurzen Hosen, es nervt ebenso, wie der Zwang der Macher möglichst pompöse Mordszenen einzubauen. Das Herausziehen der Gedärme ist wohl die ödeste Wiederholung deutscher Amateurproduktionen, sieht zudem kacke umgesetzt aus, die Kettensägentricks sind schäbig, und damit das Werkzeug auch häufig vorkommt wird einiges an Holzinventar zersägt, was natürlich niemanden hinter dem Ofen hervorlockt und ebenfalls mal wieder sehr peinlich wirkt.
Bleiben wir aber kurz bei der Erotik. Die bot ziemlich gegen Ende meine Lieblingsszene der unfreiwilligen Komik. Unsere Heldin hat eine schwere Nacht hinter sich (immerhin musste sie vor einem Killer fliehen), hat fast den halben Tag in einem Versteck durchgeschlafen und darf nun wieder die halbe Nacht vor dem Killer fliehen. Dann findet sie einen Eimer Wasser, sie stürzt drauf zu, der Zuschauer denkt: Stimmt, die Arme muss Durst haben. Aber Fehlanzeige. Nun reinigt sich die Frau, und dies kaum an den wirklich wichtigen Stellen. Viel wichtiger ist es das T-Shirt sauber zu kriegen. Also wird ordentlich Wasser auf die Oberweite gekippt, so dass die Hauptfigur locker einen Miss Nasses T-Shirt-Wettbewerb gewonnen hätte. Immerhin ist sie eine der wenig weiblichen Rollen ohne Nacktszene, da musste Herr Montag schnell noch ein Hintertürchen finden. Oha, es tut weh, aber es belustigt. Zumal unsere Heldin die hier beschriebene Prozedur in aller Seelenruhe erledigt, obwohl da ein Killer hinter ihr her ist.
Schlechtigkeiten reihen sich aneinander. Immer wieder beweisen die Erfinder dieser dünnen Geschichte ihr Unvermögen für Intelligenz und Reife, was allein deswegen peinlich aufstößt, weil die hier zitierten Slasher genau diese beiden Eigenschaften besaßen. Ewig findet der aufkommende Humor an falschen Stellen statt (wobei der ein oder andere Spruch sogar zündet), ewig geht man in falschen Momenten zu ernst an die Sache.
Aber „Slasher“ ist kein Totalreinfall geworden. Er ist schlecht, das steht außer Frage, aber es gab Punkte, da dachte ich mir, wenn Montag wen anders eine Geschichte schreiben lassen würde, könnte das Team ernsthaft einen tollen Film für den Genrefan hinterlassen. „Slasher“ wird nur jener Sorte Horrorfan gefallen, die ohnehin alles Hirnlose konsumieren und nicht begreifen was es da nun wieder zu meckern gibt.
Aber Montag hätte Talent zu mehr. Denn wie oben erwähnt ist dieser Amateurfilm handwerklich wirklich großartig umgesetzt. Die Kamera nervt nicht, ganz im Gegenteil, sie fängt tolle Bilder ein. Teilweise wird regelrecht mit der Optik gespielt (z.B. das Ei in der Pfanne), sogar ein Flug über einen Landstrich darf man sichten. Der hat sicherlich Geld gekostet, zumindest wirkt er nicht wie von Fremdmaterial übernommen. Sollte es Fremdmaterial gewesen sein, müsste man loben, dass dies nicht zu erkennen war. Die Darsteller geben sich für einen solchen Film Mühe, Montag begleitet sie durch den Film, hilft ihnen sich zu orientieren. Der Ton lässt keine Wünsche offen, hier gibt es keine Ärgernisse wie in vielen anderen selbstgedrehten Filmen.
Die Locations sind meist gut gewählt (und auch gut fotografiert), die Beleuchtung stimmt, und Montag schafft es trotz aller Blödheiten hin und wieder Atmosphäre aufkommen zu lassen. Das ewige Wegrennen vor dem Motorsägenmann verkommt trotz endloser Laufzeit nicht zur Langeweile. Dank der Kulisse hat es Wirkung. Dank einiger Verweise auf große Vorbilder hat der Horrorkenner sogar optisch, und somit nicht nur auf ausgesprochene Art, einige Kleinigkeiten zu entdecken. Die Garderobe ist jeweils passend zu den Charakteren gewählt. Wie gesagt stört lediglich die Maske des Killers. Ansonsten kann man auch über ihn nicht klagen. In ihm spiegeln sich Michael Myers, Jason und besonders verstärkt Leatherface wieder, auch wenn das Tragen gestreifter Turnschuhe bei ihm keine positive Wirkung hinterlässt. Das Make-Up seiner Verbrennung ist schlicht aber glaubhaft. Lediglich sein Spiel ist nicht immer gut zu nennen, aber auch als o.k. zu bezeichnen. Besonders positiv ist übrigens die Musikuntermalung. Sie bietet einen flotten Soundtrack, stimmige Hintergrundmusik, und sie spielt mit den Melodien der großen Vorbilder.
Es ist also nicht Hopfen und Malz verloren. Mit einem Drehbuch ohne infantile Peinlichkeiten, ohne blödsinnige Wendungen, unpassende Klischees und Fehler in der Psychologie könnte Montag mit seinem Team wirklich einen tollen Film drehen. Deswegen macht „Slasher“ in der Theorie wenigstens etwas Spaß. Als unfreiwilliger Trashfilm ist er ohnehin der Hit. Aber ihn ernsthaft gucken, wie er gemeint ist, kann man „Slasher“ beim besten Willen nicht, nicht einmal mit einem zugedrückten Auge. Dafür ist das hier Gezeigte wirklich extremst peinlich (und beginnt schon ganz zu Anfang mit dem unfreiwillig komisch umgesetzten Verschwinden der Axt).
Also bitte, bitte, bitte Herr Montag. Behalten Sie Ihr Team bei (Kamera, Licht, etc.) und lassen Sie unbedingt wen anders das Drehbuch verfassen (und sich von dieser Person auch bitte während des Drehs beraten). Dann kann nächstes Mal ein richtig schöner (Halb)-Amateurfilm bei rumkommen. Die Perlen vor die Säue, die man in „Slasher“ mit ansehen muss, ohne einlenken zu können, sind einfach eine Folter für uns Zuschauer und eine Unnötigkeit, die sich mit dem in diesem Absatz befindlichem Ratschlag beheben lassen würden. Man kann auch als Horrorbegeisterter einen Fanfilm aufs harte Genre drehen, inklusive Nacktheiten und Gore, ohne sich gleich komplett der hirnlosen Idiotie hinzugeben. Na, wenigstens macht's als unterhaltungsfreudiges Negativbeispiel halbwegs Spaß. OFDb
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