23.09.2017

GINGER SNAPS (2000)

Mit ihrer abgefuckten Lebenseinstellung dürften die Fitzgeralsschwestern manchem Teenie-Außenseiter aus der Seele sprechen. Und ihre Orientierung jenseits des Mainstreams trifft auch recht gut auf den Film zu, der nur wenige Zugeständnisse an ein Massenpublikum macht. Mag er das Treiben der pubertären Schwestern auch augenzwinkernd präsentieren und beide, ebenso wie jeglichen anderen Charakter des Films, keineswegs positiv zeichnen, „Ginger Snaps“ ist ein kleiner Kultfilm für das alternative Publikum, für alternative Mentalitäten - jedoch ohne dabei Menschen auszuschließen, die nicht zu dieser Beschreibung passen. Ohnehin ist John Fawcetts Werk ein Film, der Beachtung verdient, verkommt er doch keineswegs zum Teenie-Horror a la „Der Hexenclub“ mit Mindesthaltbarkeitsdatum aufgrund des Reiferwerdens, er ist bereits distanziert und intelligent genug erzählt, um ein erwachsenes Publikum ebenso anzusprechen wie ein jungendliches.

Je nach Alter wird man den Film aus anderen Gründen mögen, und junge Menschen werden später feststellen, dass das was sie an den Film gebunden hat, eher ironisch thematisiert wird und keineswegs gutgeheißen wird. „Ginger Snaps“ geht aber ohnehin verspielt mit der Gesellschaft um, das Spießertum und die Pädagogen bekommen ebenso ihr Fett weg wie die Teenager. Und dass der wachsende Horror in der titelgebenden Figur nicht nur erneut eine Coming Of Age-Metapher ist, in welcher das sexuelle Erwachen des Körpers symbolisiert wird, macht der Autor eigentlich schon durch sein offenes Spiel diesbezüglich deutlich, wenn ein Aufklärungsgespräch in der Schule ganz deutlich die Parallelen zwischen pubertärer körperlicher Veränderungen und jenen des Werwolfwerdens humoristisch gegenüberstellt.

Die Symbolik des Drogenkonsums und der Geschlechtskrankheiten greift da schon eine Spur versteckter, will diesbezüglich aber nicht warnen, sondern auch hier eher das Spiel des Missverständnisses einbauen, bzw. das Spiel ironischer Parallelen. Schließlich braucht Ginger das auf einem Löffel erhitzte Gebräu aus gelben Eisenhuth um wieder in die Gesellschaft zurück integriert zu werden und nicht um damit Heroin-artig dieser zu entrücken. Erst die geglückte Fortsetzung „Ginger Snaps 2“ greift die mögliche Drogenthematik widerspruchslos auf.

„Ginger Snaps“ ist eine Horror-Komödie, ein Film der seine Thematik nicht nur ironisch erzählt, sondern mit lustig gemeinten Figuren und Situationen den Humorbereich deutlich hervorhebt. Dankenswerter Weise verzichtet man aber auf eine Aneinanderreihung diverser Gags, „Ginger Snaps“ bringt einem meist auf subtilem Weg zum Lachen, nie gerät die Komik zu sehr in den Vordergrund, der Horror bleibt das wichtigste Haupt-Genre. Richtung Finale wird der kanadische Horrorbeitrag gar immer ernster. Die Komik wird komplett weggeblendet. Ein düsteres Thriller-Finale findet statt und wird schließlich durch das Genre Drama abgelöst, das bislang eher belustigt immitiert wurde. Zum Ende hin wird die Dramatik jedoch ernst genommen, „Ginger Snaps“ schließt pessimistisch mit einem bitteren Ende.

Es liegt an den interessanten Figuren, der gut eingefangenen Atmosphäre und allgemein an der Kurzweile, die „Ginger Snaps“ versprüht, dass der Schluss nicht wie ein eigenes Anhängsel wirkt, bei solch anderer Schwerpunktsetzung als zuvor. Der Film schaut sich trotzdem aus einem Guss, er ist schließlich intelligent erzählt und gerade deshalb nicht drauf aus irgendwelche vorgeschriebenen Normen einzuhalten. Die Geschichte bekommt stets den Schwerpunkt aufgedrückt, den die jeweilige Phase benötigt um die Geschichte glaubwürdig und packend zu erzählen. Aus einer schwarzhumorigen Teenie-Komödie wird eine Horror-Komödie, wird ein Horror-Thriller, wird ein Horror-Drama. In vielen Momenten verschmilzt alles zu einer angenehmen Symbiose, die deshalb nicht trotz vordergründig regulärer Horrorstory belanglos bereits Bekanntes abgrast, weil sie sich mental anders mit dem bekannten Stoff beschäftigt als üblich und dies auf geistreiche Art.  OFDb

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