02.04.2023

HORRORBABY (1980)

Böse Kinder gehen in Horrorfilmen meiner Meinung nach fast immer. Und was Gabrielle Beaumont, die hauptsächlich für TV-Serien tätig war, mit "Horrorbaby" abgeliefert hat, kann sich wahrlich sehen lassen, auch wenn der Film nicht alles richtig macht. In seiner Reflexion besitzt er seinen größten Schwachpunkt, ist er teilweise doch etwas arg unsensibel umgesetzt, gerade immer dann, wenn die Familie ein Kind verliert und darüber meist emotional nur angedeutet schlecht hinweg kommt, so als habe man ein Buch verlegt, oder als sei eine Vase zu Bruch gegangen. Das ist ein Makel, von dem man meinen sollte, dass es einen kompletten Film hinunterzieht. Die Stärke in "The Godsend" (Originaltitel) ist aber seine verstörende Atmosphäre, und da ist der Streifen wiederum gnadenlos ausgefallen. Was den Eltern oftmals als konsequente Emotion fehlt, das spürt der Zuschauer umso mehr. Bereits der erste Verlust eines Kindes durch ein süß anzuschauendes Kuckuckskind schmerzt, die folgenden jedoch umso mehr, da man mit jedem Mal, wo die Gewissheit deutlicher wird, dass die kleine Blonde nicht der Engel ist, für den sie gehalten wird, das Beunruhigende des Bevorstehenden zu wirken weiß. 

Allein die Schlagzahl der Verluste schockiert, aber das ist nur ein Einzelelement von vielen. Die kühle Kalkulation der gewissenlosen Kleinen, das Vorhandensein der Bedrohung, von welchem auch die Kinder wissen, während die Eltern das Adoptivkind stets in Schutz nehmen, das spielt alles mit rein in ein beunruhigendes Szenario, das den Zuschauer regelrecht aufzuwühlen weiß. Gleichzeitig verzichtet das Drehbuch auf die gängigen Methoden, wie eines der Ehepartner hinter das Geheimnis kommt, wer da fleißig und ungeniert mordet. Hier wird nun das Makel der unsensiblen Eltern zum Vorteil, denn wenn der Ehemann irgendwann klar sieht, dann darf man von seinem Vorgehen ebenso geschockt sein, wie von jenem des Mörderkindes, findet er doch keine Beweise, sondern lediglich Indizien, die sich nie bestätigen. Eine Ahnung reicht ihm, um die Blonde zum kleinen Teufel zu erklären und sie knallhart zu bekämpfen. Seine Methoden die Gattin zu überzeugen wecken in ihr erst recht den Mutterinstinkt, und damit wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt, der unglaublich gut funktioniert, obwohl er auf eine Ignoranz einer der wichtigsten Figuren schlechthin baut, ohne dass man sagen würde, dass dem Autor dieser psychologische Kniff bewusst wäre. 

Somit ist die unheilvolle Wirkung oftmals eher Zufallsprodukt bei "Der Fluch" (Alternativtitel), was ihn damit nicht zum verkannten Meisterwerk macht. Auch in seinen plötzlichen Zeitsprüngen erweist er sich gerne mal als holprig erzählt. Nichtsdestotrotz funktioniert "Horror-Baby" (Alternativtitel) nun einmal, also was soll's. Wer über besagte Schwächen hinwegsehen kann, inklusive darüber dass der Vater bei jeglichem verlorenen Kind lediglich als Tröster der Mutter dienen darf, so als ob er gar keine Gefühle zu seinen Kindern aufbauen könnte, der kann aufgrund der Pluspunkte dennoch einen unglaublich guten Horrorfilm erleben. Der Spannungsbogen lebt von dem beunruhigenden und verstörenden Szenario, begleitet von interessanten Spielorten, glaubwürdig besetzten Eltern, zwei gut gewählten Kuckuckskinddarstellern, stimmiger Musikuntermalung und dem ungeklärten Phänomen, warum die Kleine überhaupt ist, wie sie ist. Letztgenanntes macht, wie in "Ein Kind zu töten", viel am Reiz des Bösen aus, das innerhalb der Geschichte um sich greift. Verstärkt wird es durch die sich ebenfalls seltsam benehmende ursprüngliche Mutter der Adoptierten, die in der Anfangsphase des Films für viel Unbehagen beim Zuschauer zu sorgen weiß. 

Dies wird noch einmal verstärkt durch ihre Wiederkehr. Obwohl ihre Existenz bewiesen ist, schafft man hier gegen Ende einen Moment, der ebenso Wahnsinn des Vaters hätte sein können, was jedoch keinesfalls Interpretationssache ist und deswegen erneut auf etwas skurrile Art zu verstören weiß. "Horrorbaby" ist ein faszinierender Genrebeitrag, dessen Fehler aufgrund extremer Empathielücken kaum zu glauben sind, während er gleichzeitig aus diesem Phänomen Stärken bezieht. Würde er diese einzig daraus ziehen, würde das Ergebnis jedoch sicherlich nicht so gut funktionieren, wie in der Zusammenarbeit des tatsächlich ausgefallenen Produktes mit seinen zusätzlich absichtlich vorhandenen Stärken.  OFDb

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