16.05.2023

ELEMENTARY - STAFFEL 2 (2013)

Das Konzept bleibt so simpel, wie unterhaltsam, mit manchmal arg konstruierten Kriminalfällen gesegnet, aber dafür auch tatsächlich mit welchen, die einen an der Nase herumführen und mit tollen Wendungen überraschen. Die Figuren kommen sich näher, stehen in einer anderen Verpflichtung zueinander, als zu Beginn der Serie, und auch wenn Sherlock manches Mal überraschend getäuscht wird, oder Dinge nicht bemerkt, die er bemerken müsste, dann wird das zumindest oft vom Drehbuch aufgefangen, sei es durch die noch immer wichtige Thematik der Drogensucht, Täuschungen von Sherlock selbst als Strategie, oder aufgrund persönlicher Ablenkungen. Denn auch in die Gefühlswelt Holmes' tauchen wir weiter ein, irgendwo verursacht durch einen diesbezüglich bemühten Sherlock, manchmal lediglich durch die Perspektive Watsons, die in die Taten ihres Partners zu viel hinein interpretiert, manchmal aber auch von Sherlock geleugnet. Ein Wunder wird an ihm nicht vollbracht, er bleibt der kühl Intellektuelle, aber ähnlich wie bei Sheldon aus "Big Bang Theory" versucht man sich an einer schleichenden Menschwerdung des Außenseiters, die hoffentlich nie gelingt. 

Dass die Gefühlswelt im zweiten Jahr fasst nie mit Moriarty zu tun hat, verwundert, darf der Erzgegner doch nur für eine Folge vorbei schauen, dafür wird im Gegenzug die Rolle Mycrofts vertieft, was zu gefallen weiß und erst im zusammenhängenden Vierteiler am Schluss der Staffel jenen negativen Aspekt mit sich zieht, der mich meistens an seinem Einfluss stört. Sein Arbeitgeber wird wichtig für das Geschehen dort und scheinbar auch für den weiteren Verlauf der Serie, wie eine Wendung am Schluss zeigt. Bei derartig verfremdeten Figuren hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch die Hoffnung, dass Mycroft in der hier angelegten Interpretation kein Agent ist. Aber nein, so ist es doch, und da werden wieder klassische Mordfälle gegen Spionagegeschichten eingetauscht, die einfach nicht so gut funktionieren wie Erstgenanntes. Nun beginnt dieser (noch immer unterhaltsame) Tiefpunkt zumindest erst sehr spät, und bis dahin bekommt man genügend von jenem Stoff als Freund der Reihe beschert, für den man die Serie und ihre Figuren liebgewonnen hat. 

Zu Beginn der Staffel gönnt man sich den Clou, jene wichtigste Nebenfigur des Sherlock Holmes-Universums auszubuddeln, die im ersten Jahr keinen Platz fand. Die Rede ist freilich von Lestrade, was durch einen Trip nach London möglich wird. Die Figur ist charakterlich amüsant modernisiert, und es bereitet Freude, dass sie im späteren Verlauf der Staffel noch einmal auftaucht für mehrere Folgen hintereinander. Höhepunkt bleibt jene, in welcher er ebenfalls Berater für die Polizei in den USA wird und wie Holmes eine Assistentin engagiert hat, mit völlig anderen Aufgaben. Hier liegt der Humorpegel höher als üblich, aber das weiß zu gefallen. Der Rest der Staffel besteht wie gehabt aus Drama, einem Hauch Komödie, sowie hauptsächlich Kriminalfilm. Zwischenmenschliche Probleme, die über eine Folge hinaus gehen und Stammfiguren am Rande betreffen, werden recht simpel abgearbeitet, wie bei derartigen Produktionen üblich, beschäftigen den Kenner solcher Stoffe also nicht wirklich. Umso wichtiger ist das Zusammenspiel Watson / Holmes, welches nach wie vor überraschend gut in dieser Neuinterpretation funktioniert, zumal Lucy Liu ihre Sache nicht schlecht macht. Star bleibt freilich Jonny Lee Miller, der unterstützt von guten Drehbüchern, eine ganz eigene Art genialer, überheblicher und egoistischer Detektiv aus seiner Rolle hervorzuholen weiß. 

Nun darf man hoffen, dass die Neuorientierung Holmes im kommenden Jahr nur eine kurze Überbrückung zurück zum Standard darstellt. Sonst bekomme ich ernsthafte Probleme mit der bislang so sympathischen TV-Serie.  Wiki

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