07.05.2023

PORNFLUENCER (2022)

Er verdient gut, hatte die Chance zu studieren (brach ab) und kann sich relativ eloquent ausdrücken. Es braucht also nicht verwundern, dass der Pornfluencer, den Regisseur Joscha Bongard mit seinem Doku-Team aufsucht, sich selbst für intelligent hält. Wie stumpf und oberflächlich er ist, offenbart er nach und nach unbewusst in Interviews, ebenso wie seine feste Freundin und Hauptdarstellerin, die glaubt eigenständige Entscheidungen zu treffen, während ihr Kerl ihr eigentlich nur jenen Freiheitsradius gönnt, der sie glauben lässt dies zu sein. Denn mit seinem Machogehabe, das trotz der kultivierten und freundlichen Tarnung definitiv heraus bricht, hält er die Kontrolle, hat er das Sagen, so wie es sich für die Pick Up-Szene gehört, aus der er stammt. Was das ist habe auch ich erst in dieser Dokumentation erfahren, ebenso was das im Zentrum stehende Pärchen verdient, wie die Internetpornobranche grob betrachtet funktioniert, und warum sich Gratisvideos für den Hauptanbieter lohnen. Frei von Informationen ist "Pornfluencer" somit nicht. 

Leider werden aber keine weiteren Selbstdarsteller der Szene aufgesucht, man beschränkt sich einzig auf besagtes Pärchen, das sich selbst gern reden hört und doch fast nur Hohlbrotphrasen von sich lässt, gerne auch mal im Spiegel zu sich selbst gesprochen zum Erleben plumpster Bauernpsychologien. Wegen solcher glauben sie auch an billige Erfolgspropaganda, mehr zumindest als sie sich trotz aller bewussten Peinlichkeit diesbezüglich eingestehen. Schon nach einer Stunde merkt man, dass der Film nicht viel weiter den Horizont der Unwissenheit einer großen, den Mechanismen nach aber trotzdem unbekannten, Branche öffnet, und so hört man meist das Leergeschwätz der beiden, die sich längst im ersten Drittel entlarvt haben, was einen intensiveren Blick auf sie eigentlich unnötig macht. Um mehr Gehalt zu demonstrieren darf der ein oder andere Fachmann dazwischen quatschen, aber das beschert Bongards Debüt auch nur bedingt mehr Information. Das Thema ist quasi Selbstläufer, lockt genug Interessierte, was soll man da noch groß an Qualität investieren? 

Zumindest hat Bongard begriffen, dass es ohne anzügliche Szenen mit Details im Schritt nicht geht, dementsprechend ist dieser Film auch ab 18 Jahren freigegeben, ohne dass man dem Regisseur vorwerfen kann selbst Pornographie zu produzieren. Zwar ist es reizvoll die Privatpersonen hinter derartigen Geschäftsmodellen kennenzulernen, ihnen sei ihr Erfolg bei so viel Mut auch gegönnt, aber interessant sind sie auf Dauer nicht, zumindest nicht interessant genug, um ihnen den Gesamtfilm zu widmen, interessant genug jedoch um das ein oder andere Vorurteil über Leute dieser Branche nach Sichten über Bord zu werfen und manch anderes bestätigt zu bekommen.  OFDb

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