07.07.2023

DER EROTISCHE ZIRKUS (1975)

Dudu ist in der Filmwelt nicht nur ein Wunderkäfer, ziemlich zur selben Zeit bekam der Protagonist von "Erotischer Zirkus" (Alternativtitel) selbigen Namen beschert und tritt unübersehbar in die Fußstapfen von Charles Chaplin. Was der in den 60er Jahren zunächst als Darsteller agierende Regisseur Jerôme Savary mit seinem Werk im Sinn hatte, war eine Wiederauflegung der albernen Stummfilme, wie wir sie in Deutschland hauptsächlich über die "Klamottenkiste" beschert bekommen haben, und mixt deren Stil, wie der Titel bereits verrät, mit sexueller Thematik, also mit etwas das in den 20er Jahren kaum möglich gewesen wäre. So geht es immer wieder um Sex, frivole Wünsche und um nackte Haut, und das verwässert das Ergebnis weit weniger als ich erwartet hätte. Das liegt daran, dass man auch anderweitig pointiert die Vorlagen imitiert und parodiert, gern versehen mit Spezialeffekten von einst und genauso albern dargeboten, wie in den Vorbildern geschehen. Ohnehin könnte man, abgesehen von den Erotikszenen und künstlichen Pimmeln, davon ausgehen tatsächlich ein Werk von einst zu sichten. 

Das Bildmaterial ist auf alt getrimmt, Zwischentitel und ein Off-Kommentator sind vorhanden wie in der guten alten Zeit, und was hier an Kulisse und Maske geboten wird, kopiert die Kurzfilme von einst erstaunlich gut. Die Darsteller sehen nicht nur durch ihre Kostüme wie Darsteller von einst aus, auch Frisuren, Bärte und Make Up lassen sie authentisch erscheinen. Die Illusion ist somit perfekt, was die aufreizenden Szenen umso auffälliger erscheinen lässt. Dank der Erscheinungszeit vor der obligatorischen Intimrasur, wirken auch die haarigen Nacktaufnahmen wie von einst, das passt ins Gesamtbild. Doch so sympathisch das Filmexperiment "La Fille du Garde-Barrière" (Originaltitel) auch ausgefallen sein mag, meiner Meinung nach hätte ein Kurzfilm ausgereicht, um an alte Zeiten anzuknüpfen. Über 80 Minuten ist das episodenhafte Treiben einer, den damaligen Zeiten gerecht werdenden, banalen Geschichte doch etwas zu langatmig ausgefallen, Authentizität, Pointenstärke und erotische Schauwerte hin oder her. Zumindest kann man es Savary hoch anrechnen, dass mit dem Sexaspekt im Zentrum das Ganze nicht zu einseitig zotig ausgefallen ist und man auch um mehr als den erotischen Aspekt bemüht ist. Letztendlich muss man aber ein geduldiger Zuschauer sein, um mit dieser liebevollen Hommage sein Vergnügen bis zum Schluss zu haben. 

Als vielfältig Filminteressierter kann man aber ruhig mal einen Blick riskieren, letztendlich ist "Die Tochter des Schrankenwärters" (Alternativtitel) nicht zwingend dafür gemacht ihn komplett zu sichten. Man kann schließlich auch vergnügt nach einiger Zeit ausschalten, so sehr wie die Geschichte von Ereignis zu Ereignis hüpft. "Der erotische Zirkus" lebt schließlich nicht von einer Geschichte, die man zu Ende erzählt haben möchte, sondern von seinen Schauwerten. Und im Gegensatz zu vielen anderen Sexfilmen bestehen diese ausnahmsweise einmal nicht hauptsächlich aus Nackedeiszenen, sondern aus Illusionen des Vergangenen und den herrlich albernen Zoten, die ebenfalls im alten Stil umgesetzt sind.  OFDb

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