10.05.2024

HEILSTÄTTEN (2018)

Diverse Influencer, die sich lose kennen, nehmen an einer 24-Stunden-Challenge teil, in welcher man die Nacht in den verlassenen Heilstätten Berlins verbringen muss, in denen es aufgrund der düsteren Vergangenheit vor Ort spuken soll. Mit verschiedenen Arten Kameras am Start müssen die egoistischen Selbstdarsteller sich bald eingestehen mit der gruseligen Situation überfordert zu sein...

Tuberkulose-Lose in Tuberkuloseklinik...

Ambitionierte Filmer jenseits professioneller Erfahrung, die einen historischen Ort nutzen wollten, um einen Spannung erzeugenden Film abzuliefern, diese Idee ging bei Oliver Hummel und Tobias Ibel gewaltig schief, als sie mit "Marienthal - State of Emergency" dachten mittels des reizvollen Ortes eines kurz vor der Schließung stehenden Bunkers ihren finanziellen Erfolg des ebenfalls erbärmlichen "Dark Area" wiederholen zu können. Nicht so dämlich, weit talentierter und mit einer glaubwürdigeren Geschichte versehen, beweist Michael David Pate, dass es durchaus möglich ist unter solchen Umständen etwas Brauchbares abzuliefern. Angesiedelt an der You Tuber-Szene, der er selbst einst angehörte, und mit dessen Prominenz er die akzeptable Komödie "Kartoffelsalat" (sogar unter Mithilfe des prominenten Otto Waalkes) auf die Beine stellte, steigt er innerhalb einer Mentalität ein, die er versteht, da persönlich kennt, nutzt die Szene der Selbstdarsteller satirisch, wie authentisch, und wahrscheinlich funktioniert deshalb auch der Einstieg von "Heilstätten" so wunderbar, obwohl man eigentlich großteils nervigen Figuren bei ihrem grenzdebil anmutenden Hobby zusieht. 

So ist man überraschender Weise bei dieser Ansammlung von jungen Menschen als Zuschauer mitten drin in deren Miteinander, wenn sie als Konkurrenten den unheilvollen Ort erreichen, der im Gegensatz zum Vergleichsfilm tatsächlich Wirkung besitzt. Kritisch war ich, ob es Pate schafft, den eher lustigen Figuren glaubwürdig den Wandel zu ängstlichen Figuren zu bescheren. Doch es gelingt ihm, und dies nicht einmal durch ein besonders kniffliges Vorgehen, sondern wie vom Ur-Found Footage-Horror "The Blair Witch Project" gelernt über den Umweg der Aggressionen und der Hysterie, bis sich die Figuren geistig, wie vom Ort her, verrennen. Diese Unübersichtlichkeit, u.a. verursacht durch verschiedene, parallele Handlungsorte, verschiedene Arten von Kameraaufzeichnungen, sowie verstärkt durch Aufnahmefehler und Aufzeichnungen in totaler Dunkelheit, nutzt er, um auch den Zuschauer zu verwirren, der bald den Überblick verliert und nicht mehr einschätzen kann, wie glaubwürdig das Verhalten der Figuren zu beurteilen ist. Ob gefangen, verletzt, ermordet, verschreckt, welche Möglichkeiten die einzelnen Teilnehmer der Challenge tatsächlich zur Flucht und gegenseitigen Hilfe in der jeweiligen Situation gehabt hätten, lässt sich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr erschließen. 

Lautes Getöse, anstatt stimmiger Grusel, lassen diese Phase zwar zum Schwachpunkt des Gesamtwerkes werden, aber auch hier bleibt "Heilstätten" stimmig inszeniert und durchaus interessant erzählt. Eine Wendung gegen Ende hat man hinzunehmen, auch wenn da nichts intensiver von der Motivation her erklärt wird. Aber anstatt zu meckern, nimmt man dies als Zuschauer dankend an, denn nun darf man wieder durchblicken, an die Hand genommen von Regie, Drehbuch und einer Figur des Filmes. Eine augenzwinkernde Schlusspointe, die sich selbst nicht zu ernst nimmt, hält man am Ende angekommen zusätzlich parat, gefolgt von einer schönen Kamerafahrt hinaus auf einem Computerbildschirm, der uns das gerade gesehene, per Found Footage als Dokumentarfilm eingefangene, Stück Horrorfilm optisch als Internetvideo präsentiert, welch schöne Idee. Wirkungsreich ist es auch im Rückblick noch einmal die Ankündigungen der jeweiligen Influencer vor der Challenge zu hören, durchdachte und wirkungsreiche Ideen sind in dieser an sich standardmäßigen Spukgeschichte somit also durchaus vorhanden. 

Schön ist auch der geistreiche Verweis, was Internet kann und wofür es wirklich genutzt wird, durch eine der Figuren des Streifens geäußert, die währenddessen ganz direkt den Zuschauer anblickt, der ebenfalls nur aufgrund seiner voyeuristischen Freude an Horrorfilmen eingeschaltet hat. Technisch und darstellerisch mutet das Ergebnis nicht wie ein Amateur- oder waschechter Undergroundfilm an. Pate ist der Schritt zur professionellen Produktion gelungen, zumindest mithilfe des darüber hinweg täuschen könnenden Found Footage-Verfahrens. In einem regulär abgefilmten Streifen müsste er diesen Eindruck noch einmal bestätigen. Für das Ergebnis von "Heilstätten" soll es aber auch egal sein, der ist unterhaltsam ausgefallen, kein großer Wurf seines Genres, aber der angenehme, kleine Horrorfilm für zwischendurch ist er durchaus geworden, zumindest dann, wenn man mit "selbstgedrehter" Wackelkameraoptik etwas anfangen kann.  Wiki

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