Als es in einer Wohnsiedlung zu mehreren tragischen, scheinbar unabhängigen Ereignissen kommt, beginnt sich eine Gruppe paranormaler Experten für die Geschehnisse zu interessieren und untersucht drei der Häuser...
Der Blutsauger aus dem Küchenschrank...Der argentinische "Terrified", den man wegen des Titels und der Erscheinungszeit von 2016 mit dem in Genrekreisen populär gewordenen "Terrifier" verwechseln könnte, aufgrund der völlig anderen Orientierung aber nicht sollte, klingt mit dem Untersuchen paranormaler Ereignisse zunächst einmal nicht sonderlich kreativ, stattdessen sogar nach einem Produkt, das auf einer Erfolgswelle mitschwimmen möchte. Und oberflächlich betrachtet scheint die Geschichte selbst auch nicht gerade innovativ ausgefallen zu sein, wenn Experten des Übernatürlichen ein Gebäude nach Spukursachen untersuchen. Das spezielle Flair dieses Horrorfilmes beginnt jedoch bereits damit, wie die Forscher aufeinander stoßen, und dass sie, in Kontakt miteinander stehend, jeder für sich eines der drei Wohnhäuser parallel untersuchen. An diesen Punkt der Geschichte kommen wir aber erst etwa zur Hälfte der Laufzeit an. Zuvor wird uns in ellenlanger Geduld eine ereignisreiche Vorgeschichte präsentiert, in welcher die Identifikationsfiguren häufig wechseln, innerhalb eines Szenarios, in welchem der Zuschauer auch ohne diese absichtliche Orientierungsverweigerung ständig mit Unerwartetem auf Trab gehalten wird, so dass er jederzeit mit allem rechnen muss.
Dieser Zustand im ruhig erzählten Stil entfacht zusammen mit hervorragenden Darstellern, die natürlich wirkende Figuren verkörpern, die reflektieren können, was um sie herum passiert, ein Filmerlebnis der besonderen Art. Dank der gekonnten Regie, stimmiger Farbfilter, passender Musikuntermalung und interessant gehaltener, schlicht scheinender Kameraeinstellungen entwickelt sich eine spannungsgeladene, aber auch tragisch anmutende Atmosphäre, die den Gruselzustand streift, und dieser wird nicht trotz ständiger Schauwerte geschaffen, sondern interessanterweise auch durch diese. Und das erstaunt umso mehr, wenn man den ein oder anderen Effekt zu sehr aus dem Computer entstanden bemerkt. Andere hingegen, wie die Puppe, welche das wieder auferstandene Kind darstellt, sind derart erstklassig umgesetzt, dass sie auch minutenlang im Bild nichts von ihrer unheimlichen Wirkung verlieren.
Regisseur Demián Rugna nutzt Elemente seines Debut-Kurzfilmes "Tiene miedo" und erschafft mit "Aterrados" (Originaltitel) einen sehenswerten Horrorfilm, der uns in der menschlichen Welt derart viel Echtheit und Reflexion bietet, dass es völlig in Ordnung ist, dass die paranormale Welt uns in ihren Taten willkürlich erscheint. Der ruhige, sachliche Umgang sorgt dafür, dass wir den hier erzählten Ereignissen zutrauen, dass es Regeln in der uns unbekannten Welt geben wird, die zu den Ereignissen führen, denen wir beiwohnen. Wir selbst bekommen nur eine kurz gehaltene Hypothese genannt, was es mit den Vorkommnissen auf sich haben könnte, und dies erst spät und definitiv nur als Theorie angekündigt. Letztendlich werden wir mit den Geschehnissen, die sogar selbsternannte Experten überfordern, ungeklärt allein gelassen. Lediglich bestätigte Entdeckungen bieten eine Hilfe, um zu verstehen wie man sich in etwa verhalten muss, wenn man etwas entdecken, oder sich schützen möchte, und diese erfahren wir über den Blickwinkel der Figur des Polizisten, der paranormal nicht bewandert ist und trotz seines Erscheinens nach etwa 20 Minuten, erst zur zweiten Filmhälfte zu der besagten Identifikationsfigur wird, welche uns zuvor verwehrt wurde.
Wer glaubt dass das Tempo sich in dieser zweiten Hälfte nun steigern würde, der irrt. Rugna bleibt dem Prinzip treu uns in aller Ruhe erzählt nonstop auf Trab zu halten, denn jederzeit könnte etwas passieren, und wenn es soweit ist, ist es meist etwas, mit dem wir nicht rechnen. Dementsprechend unsanft geht die Geschichte, ebenso wie in der ersten Hälfte des Films, mit ihren empathisch, aber subtil beleuchteten Figuren um, packt uns also nicht in Watte, und fordert auch was Menschenschicksale betrifft den Zuschauer heraus. "Terrified" mag relativ offen enden, aber er setzt einen gekonnten Schlussstrich, bevor er uns mit unseren offenen Fragen allein lässt. Bei ähnlich professioneller Herangehensweise wäre unter gleicher Regie eine Fortsetzung tatsächlich reizvoll, da es dem Stoff in einer solchen nicht schaden würde, leicht entmystifiziert zu werden. Zu einer solchen ist es bislang nicht gekommen, und für den Zustand als Einzelfilm ist es gut, dass uns das Mysterium bislang nicht erklärt wird. Dass es Rugnas drei weitere Langfilm-Horrorbeiträge bislang nicht nach Deutschland geschafft haben, ebenso wie seine Krimi-Komödie "You Don't Know Who You're Talking To", ist schade, hätte ich doch gerne mehr von seinem Schaffen gesichtet. Zumindest in den USA wurde man nach dem heimischen Erfolg von "Terrified" auf den Regisseur aufmerksam, produzierte man dort doch seine beiden folgenden Werke mit. Wiki
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