Maggie ist unter Rennfahrern groß geworden. Deswegen gefällt es ihr
auch gar nicht, als sie beim Autokauf versehentlich den VW-Käfer Herbie
erwicht. Der Frust ist schnell über Bord als Maggie Herbies Eigenleben
und seine Geschwindigkeit entdeckt. Nun will sie Rennen fahren, aber ihr
Vater, ein erfolgloser Rennfahrer, möchte das nicht…
Zum sechsten Mal ist Herbie nun im Einsatz, und gäbe es im Vorspann nicht einige Szenen aus den Vorgängern und eine kurze Brücke zum aktuellen Teil, hätte man auch von einem freien Remake sprechen können. Nachdem Teil 5 nur noch ein kleiner TV-Film war, hat wohl auch niemand mehr mit einer echten Kinofortsetzung gerechnet. Selbst Dean Jones, Hauptdarsteller aus Teil 1 und 3, nicht, gab dieser doch im 5. Teil mit Bruce Campbell in der Hauptrolle bereits seinen Gastauftritt (der auch nicht seine emotionale Wirkung verfehlte), statt in diesem 6., der seiner würdiger gewesen wäre.
Nun ja, es beginnt alles, wie bereits erwähnt, mit Szenen aus den alten Filmen (die Kakteenumfahrszene ist als meistgezeigtester Rückblick auch wieder mit dabei) in einem Vorspann, der uns zu all dieser aufs Auge drückenden Nostalgie einfach nicht das dazu passende Lied präsentieren will. Das Herbie-Thema taucht nur einmal kurz, ziemlich zu Beginn des Streifens, auf, um danach nie mehr gehört zu werden. Schade, dabei gehört es doch zu den Top-Ohrwürmern der von der Masse vergessenen Soundtracks.
Die Geschichte konzentriert sich, wie bei den meisten Vorgängern, wieder auf das Rennen fahren. Am Steuer sitzt nun nach Bruce Campbell Lindsay Lohan, die mit ihrem Auftreten der Fortsetzung auch den nötigen Schwung bietet. Ohnehin ist Teil 6 recht flott inszeniert und mit bekannten Gesichtern in Nebenrollen verfeinert. Das ist in Anbetracht auf das zu routinierte Drehbuch auch dringend nötig. Dafür überrascht dieses mit einigen lockeren Witzen am Rande (wie das angebliche Treffen Herbies mit Kid aus „Knight Rider“). Aber das dürfte für einen Kinofilm ja wohl auch das mindeste sein inmitten von fleißigem Klau aus eigenen Reihen.
Im groben wird Teil 1 abgewandelt neu aufbereitet mit Elementen aus Teil 4 (Herbie verliebt sich in ein anderes Auto, diesmal ohne peinliche Autokinder). Während man sich im Original für alles viel Zeit ließ, arbeitet Teil 6, für seine Zeit typisch, inhaltlich alles flott ab. Das gibt dem fertigen Werk auf der einen Seite zwar ein flottes Gewand, auf der anderen Seite werden zwei wichtige Bereiche dadurch falsch eingesetzt.
Da wäre zum einen die obligatorische „Ich habe Herbie enttäuscht“-Szene, die so früh einsetzt, dass eine Freundschaft zwischen der Besitzerin und dem Auto noch gar nicht möglich war, was dem ganzen ohnehin schon dick aufgetragenen Gefühlsschmus noch zusätzlich fehl am Platz wirken lässt. Wenn man schon eine Geschichte kopieren will, dann sollte man auch Ursache und Wirkung beachten, gerade im psychologischen Bereich.
Der zweite Punkt ist wichtiger: Das finale Rennen war in Teil 1 eine lange Prozedur durch die Landschaft, was dem bösartigen Gegner genug Möglichkeiten bot sich unfair zu verhalten und zu blamieren. Im aktuellen Teil erleben wir das klassische Rennen mit ewigem im Kreis fahren, bei dem dann irgendwann unsere Heldin gewinnt weil sie einfach schneller war. Die miesen Tricks des, mit Matt Dillon so hervorragend besetzten, Gegners kann man an einer Hand abzählen. Dillon spielt unglaublich gut und überzogen comichaft. Dass er das drauf hat bewies er ja bereits bei „Verrückt nach Mary".
Michael Keaton als Lindsays Vater spielt auch ordentlich, hat aber einen uninteressanten Part erwischt. Dieser mutiert zu allem Überfluss, Disneyfilm sei Pflicht, zum Familien-Gefühls-Papa, woher auch immer diese Läuterung zum Finale hin kommen soll. O.k., dann fährt Töchterchen trotz allem vorrangegangenen Papa-Protestes halt doch, und die an sich doch niedlichtraurige Begründung zuvor, warum Daddy sein Töchterchen nicht fahren lassen wollte, löst sich einfach so in Luft auf.
Nun gut, einen Film wie „Herbie Fully Loaded“ sollte man sicherlich auch nicht zu streng sehen, soll er doch nur flotte Popkorn-Unterhaltung bieten und schnell wieder vergessen sein. Dennoch muss sich auch ein solches Werk berechtigte Kritik gefallen lassen.
Dass in Zeiten modernem Trickkinos auch Herbie selbst mutiert ist, und zwar zu einer Art freundlicher „Christine“, ließ sich wohl nicht vermeiden, ist bis auf eine völlig blödsinnige Komplettmutierszene im Hintergrund auch halbwegs o.k., obwohl es Herbie zu sehr vermenschlicht. Gerade Teil 2 erklärte dem damals noch aufgeschlossenerem Menschen, wie es sich mit der Seele von Gegenständen verhält, ohne diese gleich auf das Menschliche zu beziehen. Es ist schon interessant dass in einer Zeit, in der sich Leute gerne politisch korrekt nennen, gerade das Hineinfühlen in Andersartige kaum möglich scheint.
Die mimischen Tricks Herbies sind simpel wie brauchbar und niedlich noch dazu. Schade dass man auf der Schrottplatzszene, in der er und seine zukünftige Fahrerin sich das erste Mal begegnen, nicht das niedliche Hupen aus Teil 1 ertönen ließ, dies hätte die sympathische Wirkung des kleinen, traurigen Käfers in dieser Phase des Films noch unterstreichen können.
Mein letzter Kritikpunkt ist wieder inhaltlicher Herkunft. Wenn man den Film schon auf eine Fortsetzung auslegt, statt auf eine Neuverfilmung, dann sollte man daraus auch die inhaltlichen Konsequenzen ziehen. So gut wie Sport-Freaks sich Daten und Personen merken können (dem Cineasten im Filmbereich recht ähnlich) müsste sich doch bitte irgendwer an Herbie erinnern können. Er war ja nun auch damals schon nicht gerade das typische Rennauto und sorgte für allerhand Schlagzeilen.
In Zeiten vom Internet stellt sich diese Frage bereits bei der Rolle Matt Dillons. Hätte er sich erkundigt würde dies auch erklären, warum er viel zu schnell vom Eigenleben Herbies überzeugt ist, während andere erst x Situationen mit dem Käfer durchleben müssen um das zu begreifen. Dies tat er nicht, und bei ihm könnte man noch, passend zu einem Comicbösewicht, argumentieren, dass er einfach zu blöde ist um auf eine solche Idee zu kommen. Warum aber jeglicher Beteiligter des Rennsports, welche Aufgabe auch immer er hat, nicht einmal von dem kleinen Käfer aus den 60er und 70er Jahren gehört hat, bleibt ein ewiges Rätsel von „Herbie Fully Loaded“.
Was manch einer als Kleinkrämerei auslegen mag, sind für mich, auch in einem Popkornfilm, kritikberechtigte Punkte. Immerhin hemmen derartige Unlogiken und die Ignoranz das Sehvergnügen des sonst so flotten Filmes. Teil 6 hätte ein gelungener Streifen werden können. Den Cast und die Tricks dazu hätte er schließlich gehabt. Was fehlte war schlicht weg der irgendwann in den 80er Jahren verschollen gegangene Mut des Disneykonzerns und die Intelligenz und den Respekt früherer Filmschaffender. Letzteres ist gerade in Fortsetzungen eine benötigte Eigenschaft, auch im Kino für das Massenpublikum.
Trotz aller Kritikpunkte möchte ich am Ende aber noch einmal betonen dass wir es hier mit einem flotten, unterhaltsamen Filmchen zu tun haben, das gekonnt routiniert sein Ding durchzieht und sich wunderbar zum einfach mal Abschalten eignet. OFDb
Ich kann dir nicht widersprechen. Solche Filme muß es aber ja auch irgendwie geben, damit man was zu gucken hat, wenn man am Wochenende zu früh aufgewacht ist und halbtot in den Seilen hängt.
AntwortenLöschenAußerdem bin ich mir nicht sicher, ob sich an der Zielgruppe nicht doch etwas geändert hat. Früher waren Spielfilme ja meist vielleicht ab 8-14 gedacht, wenn es Kinder- oder Familienfilme sein sollten. Das hat sich gerade bei Disney imho nach unten verschoben.